Iris Spranger ist zum zweiten Mal mit dem Versuch gescheitert, als zweite Frau nach der CDU-Legende Hanna Renate Laurien (1991 bis 1995) Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses zu werden und damit das formell höchste Amt in der Stadt zu erringen. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende aus Marzahn-Hellersdorf hatte wie schon 2011 den seinerzeit vom Partei-Establishment unterstützten Ralf Wieland herausgefordert – und scheiterte knapp.
20 Mitglieder der SPD-Fraktion wählten in geheimer Abstimmung Wieland, 17 stimmten für Spranger, eine Stimme war ungültig, wie Fraktionschef Raed Saleh nach der Wahl mitteilte. Wieland zeigte sich zufrieden und erleichtert. „Ich bin froh, dass ich gewonnen habe“, sagte der 59-Jährige, der vor seinem ersten Sprung auf den Präsidentenstuhl im Haus des Preußischen Landtags lange dem mächtigen Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vorsaß. Er war seiner Sache in den letzten Tagen keinesfalls sicher gewesen.
Die Arbeit wird künftig nicht leichter
Wieland wird nun mit der von der CDU-nominierten Justizpolitikerin Cornelia Seibeld und der von den Linken entsandten Manuela Schmidt als Vizepräsidentinnen das Abgeordnetenhaus leiten. „Ich hoffe, dass ich so bleibe, wie ich bin“, sagte Wieland, ehe er sich protokollgemäß zunächst in der CDU-Fraktion vorstellte. Das Abgeordnetenhaus wird bei seiner konstituierenden Sitzung am Donnerstag das neue Präsidium wählen. Es ist gute Sitte, dass die vorgeschlagenen Kandidaten gewählt werden.
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Der alte und neue Präsident weiß, dass es nicht einfacher werden dürfte, die Sitzungen ordentlich zu leiten und die Bedürfnisse der nun sechs Fraktionen und 160 Volksvertreter zu befriedigen. „Die Rahmenbedingungen haben sich verändert mit der AfD im Parlament“, sagte Wieland. Als Schwerpunkt seiner Arbeit gab er an, die politische Bildung von Jugendlichen verbessern zu wollen. Auch als Parlament wolle man „aufsuchende Arbeit“ machen, also aktiv in Schulen gehen und nicht nur warten, dass Klassen das Parlament besuchten.
Obwohl mit Wielands eher unauffälliger Amtsführung nach den zehn Jahren des streitbaren und redegewandten Ex-Regierenden Bürgermeisters Walter Momper viele auch in der SPD nicht glücklich waren, hat es noch einmal gereicht. Der Aufstand der Frauen, auf den Iris Spranger gehofft hatte, verpuffte. In der Fraktion sind 15 von 38 Mitgliedern weiblich. Sprangers eigene parteiinterne Gruppe, die Berliner Mitte, zählt insgesamt neun Abgeordnete.
Weder Müller noch Saleh auf einer Seite
In das Szenario eines innerparteilichen Machtkampfes zwischen dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und dem SPD-Fraktionschef Raed Saleh passt das Votum um das Präsidentenamt nur bedingt. Vor fünf Jahren, als Spranger mit fünf Stimmen Differenz unterlegen war, hatten alle Parteigrößen Wieland unterstützt. Diesmal wollte sich weder Müller noch Saleh offiziell auf eine Seite schlagen. „Ich weiß nicht, wie es ausgeht“, hatte Müller lächelnd gesagt, ehe er den Fraktionssaal betrat. Auch Saleh, der sonst gerne dafür sorgt, dass Vertraute unterstützt werden, engagierte sich nicht.
Weder Wieland noch Spranger gehören zu den engen Gefolgsleuten eines der beiden personellen Pole im Berliner Landesverband. Wieland gehört zum parteirechten Aufbruch, wird aber auch von den Parteilinken respektiert. Sprangers Gruppe Berliner Mitte versteht sich als pragmatische Kraft in der lange Zeit von Flügelkämpfen zerrissenen Partei.
Die Ex-Finanzstaatssekretärin erhält zu wenig Unterstützung
Sie selbst hatte ihre Kandidatur vor allem als eigenen Entschluss begründet, zu dem sie vor allem von Frauen in der SPD ermutigt worden sei. Spranger hatte sogar in Aussicht gestellt, ihr Amt als stellvertretende Landesvorsitzende zur Verfügung zu stellen, um der geforderten Unparteilichkeit Genüge zu tun. Aber die frühere Finanzstaatssekretärin und baupolitische Sprecherin erhielt in der neu formierten Fraktion zu wenig Unterstützung.