Bundespräsident Gauck besucht Ausstellung zum Mauerfall auf früherem Stasi-Areal
27 Jahre nach der entscheidenden Montagsdemonstration von Leipzig hat Bundespräsident Joachim Gauck den Mut der Ostdeutschen in der friedlichen Revolution gewürdigt. Bei einem Besuch der Open-Air-Ausstellung „Revolution und Mauerfall“ der Robert-Havemann-Gesellschaft auf dem Areal der früheren Stasi-Zentrale in Lichtenberg sagte Gauck am Sonntag, bei der friedlichen Revolution von 1989 handele es sich um eines der ganz großen Daten der deutschen Freiheitsgeschichte. „Deshalb muss das, was eine Minderheit der Deutschen im Osten geleistet hat, ins ständige Bewusstsein der gesamten Nation gerückt werden“, fügte der Bundespräsident hinzu.
Gauck unterstrich, das Land könnte stolz darauf sein, was damals trotz all der Ängste gelungen sei: „Das sollten wir uns gerade an dem heutigen Tag klarmachen.“ Der Mut von damals sei auch beispielgebend für heute. Ohne Bürger, die sich einmischten, dünne die Demokratie aus. Ins Gästebuch schrieb Gauck: „Vor der Einheit kam die Freiheit! Dank an alle Menschen, die damals mitgewirkt haben.“
Bei seinem Rundgang wurde Gauck von der früheren DDR-Bürgerrechtlerin Ulrike Poppe, dem Chef der Stasi-Unterlagenbehörde Roland Jahn und dem Kurator Tom Sello begleitet. Die im Juni eröffnete, zweisprachige Ausstellung „Revolution und Mauerfall“ spannt mit Hunderten Fotos und historischen Ton- und anderen Dokumenten den Bogen von den Massenprotesten über den Mauerfall am 9. November 1989 bis zur deutschen Einheit.
Das Areal des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit soll nach einem Beschluss des Bundestages zu einem „Ort der Aufklärung über Diktatur und Widerstand“ weiterentwickelt werden. Im Haus 1 saß Stasi-Chef Erich Mielke. Sein original erhaltenes Büro ist heute Teil des Stasi-Museums.
Eine sinnhafte, eine gelungene Verbindung, um Geschichte am authentischen Ort zu erleben: Oben, wo die Täter residierten, kann man im Stasi-Museum die perfiden, menschenverach-tenden Methoden der Organisation studieren, die „Schild und Schwert“ der SED war und der Partei die Macht in der DDR sicherte. Und unten das Volk. Die Bürger, die sich nicht mit dem scheinbar Unveränderlichen abfinden wollten. Die sich in Umwelt- und Kirchengruppen organisierten. Die gewaltlosen Widerstand leisteten, die eine bessere, freiere Gesellschaft anstrebten. Künstler sind zu sehen, die trotz Auftrittsverbot in Kirchen spielten. Punks, die ihre gesellschaftliche Oppositionshaltung auf der Haut trugen.
In Leipzig wurde ab dem Nachmittag mit einem Gottesdienst, einer „Rede zur Demokratie“ und einem Lichtfest an die umwälzenden Ereignisse vom 9. Oktober 1989 erinnert. Damals hatte mit rund 70.000 Teilnehmern die erste große Massendemonstration gegen das SED-Regime stattgefunden. Sie gilt als wichtige Wegmarke der politischen Umwälzungen, die schließlich zum Fall der Mauer und ein Jahr später zur Wiedervereinigung führten.
Die Feierlichkeiten standen in diesem Jahr unter dem Motto „Mut – Werte – Veränderungen“. Nach einem Friedensgebet in der Nikolaikirche hielt EU-Parlamentspräsident Martin Schulz eine „Rede zur Demokratie“. Anschließend wurde von Tausenden Leipzigern auf dem Augustusplatz eine „89“ aus Kerzen geformt.
skin/dpa