Berlin. Berlin muss rund 400 Millionen Euro mehr ausgeben – auch wegen der langen Bearbeitungsdauer der Asylanträge
Der Senat muss in diesem Jahr wesentlich mehr Geld für die Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge aufwenden als ursprünglich geplant. Bis zum Jahresende werden für diese Leistungen voraussichtlich rund eine Milliarde Euro anfallen, im Haushalt eingeplant waren 600 Millionen Euro. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) rechnet mit einer Mehrbelastung von bis zu 420 Millionen Euro.
Bis zum 30. September hat das Land Berlin bereits 746 Millionen Euro für die Flüchtlinge ausgegeben. Das bestätigte die Finanzverwaltung auf Anfrage der Berliner Morgenpost. Der größte Posten in dieser Summe sind die sich aus den Asylgesetzen ergebenden Transferleistungen (bislang 622 Millionen Euro). Außerdem sind dort die Kosten für Willkommensklassen, Kitabetreuung, ärztliche Versorgung, Integrationsmaßnahmen wie etwa Sprachkurse oder Berufsvorbereitung enthalten. Nicht inbegriffen sind Investitionen in neue Unterkünfte, die der Senat als Containerquartiere und Modularbauten errichten lässt. Diese machen bis zum 30. September 77,2 Millionen Euro aus.
Turnhallen sind teils nur noch zu 40 Prozent belegt
Der Kostenanstieg hat mehrere Gründe. Rund 22.000 Flüchtlinge sind in Notunterkünften untergebracht. Die Herrichtung und Anmietung dieser Unterkünfte ist vergleichsweise teuer. Das gilt insbesondere für die Sporthallen, in denen noch rund 4500 Asylsuchende einquartiert sind. Zudem wurde mit den Betreibern der Notunterkünfte in Turnhallen vereinbart, dass der Senat den Tagessatz pro Flüchtling für die komplette Kapazität der Halle bezahlt, unabhängig von der tatsächlichen Belegung. Derzeit werden noch rund 40 Sporthallen als Flüchtlingsheime genutzt. In vielen liegt die Auslastung nur noch bei 40 bis 70 Prozent.
Ein weiterer Grund, so sagen Finanz- und Sozialverwaltung, sei die immer noch lange Dauer der Asylverfahren. Solange sich ein Flüchtling im Asylverfahren befindet, trägt Berlin die Hauptlast der Kosten. Es seien auch mehr Willkommensklassen als geplant eingerichtet worden, weil unter den Flüchtlingen mehr Kinder waren.
Trotz der diesjährigen Mehrbelastung von mutmaßlich rund 400 Millionen Euro sei der Haushalt nicht in Gefahr, betonte Kollatz-Ahnen. Er verwies vor allem auf eine Rückzahlung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) in Höhe von 300 Millionen Euro. Die VBL hatte Berlin zu viel gezahlte Vorsorgebeiträge für öffentlich Bedienstete erstattet. Wie Eva Henkel, Sprecherin des Finanzsenators, der Berliner Morgenpost sagte, seien diese Mittel noch nicht verplant.
Außerdem bekomme Berlin vom Bund rund 110 Millionen Euro pro Jahr für Integrationsmaßnahmen, die noch nicht im Haushalt berücksichtigt seien. Dennoch will der Finanzsenator die Kosten der Flüchtlingsunterbringung senken. Nach Informationen der Berliner Morgenpost wurde im Senat darüber diskutiert, ob man wegen des Kostendrucks nur teilweise ausgelastete Notunterkünfte in Sporthallen zusammenlegen sollte. Seite 11