Berlin. Ein Berliner soll zahlen, weil er nicht stundenlang auf ein Ladekabel warten wollte, sein Auto stehen ließ und abgeschleppt wurde.

Wer sein Auto mit Benzin oder Diesel auftanken will, der fährt mal rasch zur nächsten Zapfsäule. Das Tanken dauert selbst mit Warten ein paar Minuten. Nutzer von Elektroautos müssen da weitaus mehr Zeit einplanen.

Und es kann am Ende teuer werden, wie der Berliner Hans Leister leidvoll erfahren musste. Der Zehlendorfer hatte sich im Mai vorigen Jahres für einige Stadtfahrten ein Elektroauto gemietet. Weil die Ladeanzeige des BMW i3 sich bedenklich in Richtung Null bewegte, erkundigte er sich bei der BMW-Hotline nach der nächstgelegenen Ladestation. Empfohlen wurde ihm eine Station am Joseph-von-Eichendorff-Weg am Potsdamer Platz. Dort sind zwei Ladeplätze für E-Autos reserviert. Doch nur ein Anschluss war technisch für Leisters i3 geeignet. Und dieser wurde gerade von einem anderen BMW-Fahrer genutzt.

Weil der Ladevorgang mehrere Stunden dauern kann, wollte Hans Leister die lange Wartezeit mit der Wahrnehmung eines Termins überbrücken. Dreieinhalb Stunden später waren indes gleich beide Stellplätze leer. Nicht nur das andere Elektroauto war abgefahren, auch Leisters BMW war fort. Die Nachfrage bei der Polizei ergab, dass sein Auto von einer privaten Abschleppfirma im Auftrag des Einkaufszentrums abtransportiert wurde. Leister musste dem Abschleppdienst 150 Euro zahlen, um sein Auto zurückzubekommen. Der Zehlendorfer sieht sich zu Unrecht bestraft.

Neue Trends bescheren der Justiz neue Pro­bleme

Der Streitfall beschäftigt nun die Justiz (Az. 227 C 76/16). Für Leister geht es dabei um Grundsätzliches: „Die Politik will, dass wir aus Umweltgründen mehr Elektroauto fahren. Aber wie soll sich ein Verbraucher verhalten, wenn er technisch nicht die Möglichkeit hat, sein Fahrzeug aufzuladen?“ Während das Warten auf eine freie Zapfsäule an einer Tankstelle rechtlich zum Tankvorgang dazugerechnet wird, ist dies für das Elektroauto bislang nicht eindeutig geregelt. Es könne doch nicht sein, dass man sich mehrere Stunden neben sein Auto stellen müssen, um auf das Ende eines Aufladevorgangs zu warten.

Auch für Richter Hermle am Charlottenburger Amtsgericht „ein interessanter Fall“. Nach dem Scheitern der Güteverhandlung will er am 12. November ein Urteil fällen. „Vielleicht schreiben wir da ein Stück Rechtsgeschichte für die Elektromobilität“, sagte er und kündigte bereits an, wegen der möglicherweise grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung Berufung zuzulassen. Dann müsste sich das Landgericht mit dem Fall beschäftigen.

Trotz Steuerbefreiung und Kaufprämie wollen sich bisher nur wenige Autofahrer privat ein Elektroautos zulegen. Gerade einmal 36 Berliner haben laut dem zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bis Ende September eine Förderung zum Kauf eines rein batterieangetriebenen Fahrzeugs beantragt. Experten sehen die unzureichende Lade-Infrastruktur für Elektroautos als einen Grund für die Zurückhaltung der Käufer an.