Die IHK macht sich für mehr Gründungskultur an Berliner Schulen stark. Wird Programmieren so selbstverständlich wie Mathe und Deutsch?
Das Programmieren sollte an den Berliner Schulen genauso selbstverständlich erlernt werden wie das Rechnen und Schreiben. Das forderten die Technologiestiftung Berlin und der Bundesverband Deutsche Start-ups am Donnerstag. Berlin sei der Hotspot für Start-ups, doch die größte Herausforderung für die Neugründungen sei es, die richtigen Mitarbeiter zu finden, sagte Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung. Das Problem: An den Berliner Schulen oder Hochschulen spiele die digitale Bildung kaum eine Rolle, sagte Zimmer. Es fehle nicht nur an der Vernetzung und an den Geräten. Häufig hätten auch die Lehrer Berührungsängste. Für viele Pädagogen sei der Teenager, der mit dem Smartphone Pokémons jagt, eher ein Albtraum als ein zukünftiger Start-up-Gründer.
„Jeder Schüler sollte mindestens einmal in seiner Schullaufbahn eine App entwickeln und designen“, sagte auch Florian Nöll, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Start-ups. Auf diese Weise würden die Schüler begreifen, welche Mechanismen hinter den Spielen stecken, und nicht nur Anwender sein. „Das ist auch wichtig für den richtigen Umgang mit der Technik und helfe auch, um das Bewusstsein für den Datenschutz zu schärfen“, sagte Nöll. Gleichzeitig würde der Erfindergeist geweckt, der häufig zu gering ausgeprägt sei.
Digitale Bildung soll nicht auf Informatik beschränkt sein
Die digitale Bildung solle deshalb übergreifend in allen Fächern stattfinden und nicht auf ein Fach Wirtschaft oder Informatik beschränkt sein. „Wir wollen nicht, dass Kinder aufhören, mit dem Ball zu spielen, aber die Tablets gehören eben auch zur Lebensrealität“, sagte Verena Pausder, Gründerin des Start-ups Fox & Sheep und Mutter von drei Kindern. Schon mit sechs Jahren könnten Kinder ihre eigenen Geschichten programmieren.
Verena Pausder plädiert dafür, möglichst früh mit der digitalen Bildung zu beginnen, denn dann seien auch die Mädchen noch offen. „Erfahrungsgemäß sind die Mädchen mit 12 Jahren längst ausgestiegen und überlassen das Programmieren den Jungs“, sagt sie. Wie Kinder das Programmieren spielend lernen, können Lehrer und Eltern in den Projekten erfahren, die durch den Code Week Award der Technologiestiftung gefördert werden. Bundesweit prämierte Workshops werden am 15. Oktober in der Klax Kreativwerkstatt von 10 bis 17 Uhr präsentiert. „Schon Vorschulkinder können mit diesem Workshop zum Beispiel begreifen, wie die Tastatur eines Computers und wie ein einfacher Stromkreis funktioniert“, sagte Nicolas Zimmer von der Technologiestiftung.
Auch die Industrie und Handelskammer (IHK) rief die Schulen zu mehr Gründergeist auf. Die Start-ups seien ein Jobmotor in der Stadt geworden, doch das sei kein Selbstläufer. Überwiegend gingen Gründungen auf das Konto von Menschen mit Migrationshintergrund. Die Deutschen seien eher Gründungsmuffel, sagte Leif Erichsen, Sprecher der IHK Berlin. Deshalb fordert die IHK vom künftigen Senat, dass Gründungskultur schon in der kommenden Legislaturperiode Eingang in die Lehrpläne der Berliner Schulen findet. In einem Positionspapier „Für mehr Gründergeist an Schulen“ fordert die IHK, dass die Themen Selbstständigkeit und Existenzgründung in der Berufsorientierung an weiterführenden Schulen eine stärkere Rolle spielen sollen.