Wie viele Parteien treten an? Wann sind die Wahllokale geöffnet? Und worüber wird abgestimmt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Am heutigen Sonntag sind die Berliner aufgerufen, das neue Abgeordnetenhaus und zwölf Bezirksverordnetenversammlungen zu wählen. Mehrere Hunderttausend Berliner wollten aber nicht so lange warten.

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Bis Freitagabend wurden für genau 525.364 Stimmberechtigte Wahlscheine für die Briefwahl ausgestellt. Das sind 21,1 Prozent der Wahlberechtigten und rund 81.000 mehr als bis bei der letzten Abgeordnetenhauswahl 2011. Damit ist ein Rekord gebrochen: Noch nie wurden in Berlin bei einer Abgeordnetenhauswahl so viele Briefwähler gezählt. Die Berliner Morgenpost beantwortet die wichtigsten Fragen zur Wahl.

Wahlzettel 2016
Wahlzettel 2016 © x | BM

Wie viele Berliner sind am Sonntag wahlberechtigt?

Rund 2,49 Millionen Menschen können an der Wahl zum Abgeordnetenhaus teilnehmen. Das sind rund 15.600 Wahlberechtigte mehr als vor fünf Jahren. An den Wahlen zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) können sich sogar 2,76 Millionen Menschen beteiligen, 106.000 mehr als bei der letzten Wahl 2011. Bei den BVV-Wahlen sind auch 16- und 17-Jährige stimmberechtigt – rund 48.000 Berliner – sowie 227.000 in Berlin lebende, mindestens 16 Jahre alte, ausländische EU-Bürger. Derzeit gehören 28 Staaten zur Europäischen Union.


Worüber stimme ich ab?

Jeder Wähler hat drei Stimmen, die ersten beiden betreffen das Abgeordnetenhaus. Mit der Erststimme wird ein Wahlkreisabgeordneter gewählt. Der Kandidat, der in dem Wahlkreis die meisten Stimmen bekommt, zieht direkt ins Landesparlament ein (Direktmandat). Mit der Zweitstimme wählt man eine Partei. Die Zahl der Zweitstimmen entscheidet darüber, wie viele Sitze eine Partei im Abgeordnetenhaus bekommt. Der dritte Stimmzettel, den man im Wahllokal bekommt, ist für die Wahl der Bezirksverordneten. Man wählt damit eine Partei oder Wählergemeinschaft, keine Person. Auf dem Stimmzettel stehen aber die Namen der Kandidaten für die jeweils ersten drei Listenplätze.


Wie viele unterschiedliche Stimmzettel gibt es?

Insgesamt wurden 102 unterschiedliche Stimmzettel angefertigt: 78 weiße Stimmzettel für die Erststimmen zur Wahl des Abgeordnetenhauses – einer für jeden der 78 Wahlkreise, zwölf Stimmzettel mit einem blauen Rand für die Zweitstimmen zur Wahl des Abgeordnetenhauses – einer für jeden Bezirk, sowie zwölf Stimmzettel mit einem orangefarbenen Rand für die Wahlen der Bezirksverordnetenversammlungen – einer für jeden Bezirk.


Wie viele Parteien und wie viele Kandidaten treten für die Wahl zum Abgeordnetenhaus an?

Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus werden in Berlin mindestens 130 Abgeordnete gewählt, das ist in der Landesverfassung (Artikel 38, Absatz 2) festgeschrieben. Um die Direktmandate bewerben sich in den 78 Wahlkreisen 652 Kandidaten. Nur SPD, CDU, Linke und Grüne haben flächendeckend Wahlkreiskandidaten aufgestellt. Unter den Direktkandidaten befinden sich 18 Einzelbewerber. In den Wahlkreisen stehen zwischen sechs und 13 Direktbewerber zur Wahl. Um die Zweitstimme konkurrieren insgesamt 21 Landes- oder Bezirkslisten von Parteien, eine weniger als vor fünf Jahren. Mit Bezirkslisten treten SPD, CDU und FDP in allen zwölf Bezirken an. Ebenfalls mit Bezirkslisten, allerdings jeweils nur in maximal zwei Bezirken, kandidieren vier weitere Parteien: „ödp“, „B“, „Die Violetten“ und „Menschliche Welt“. Die übrigen 14 Parteien haben Landeslisten aufgestellt.

Um die mindestens 130 Mandate im Landesparlament bewerben sich 927 Kandidaten: 652 als Direktkandidaten in den Wahlkreisen, 345 auf Bezirkslisten und 323 auf Landeslisten von Parteien. Insgesamt 393 Politiker kandidieren doppelt, also sowohl im Wahlkreis (Erststimme) als auch auf einer Bezirks- oder Landesliste (Zweitstimme).


Wie viele Sitze wird das neue Abgeordnetenhaus haben?

Das steht erst nach der Wahl verbindlich fest. Entscheidend für die Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus sind die Zweitstimmen. Wenn aber das Wahlergebnis für die Direktmandate diesem Kräfteverhältnis zwischen den Parteien nicht entspricht, werden Überhang- und Ausgleichsmandate vergeben. Es ist nach bisherigen Erfahrungen damit zu rechnen, dass das Abgeordnetenhaus deutlich größer wird. In der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode 2011 bis 2016 gehörten dem Landesparlament 149 Abgeordnete an. Das vorläufige amtliche Endergebnis erwartet das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg in der Nacht zu Montag.


Wie viele Politiker kandidieren für die Bezirksverordnetenversammlungen?

Bei den BVV-Wahlen kandidieren insgesamt 2281 Politiker, die von 22 Parteien und sechs Wählergemeinschaften aufgestellt wurden. Die meisten Wahlvorschläge, jeweils 14, stehen auf den Stimmzetteln für die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Am wenigsten Auswahl haben die Wähler mit acht Vorschlägen in Steglitz-Zehlendorf. Einheitlich sind in den zwölf Bezirken jeweils 55 Mandate zu vergeben. Für die Bezirksverordnetenversammlungen gilt eine Drei-Prozent-Hürde, für das Abgeordnetenhaus eine Fünf-Prozent-Hürde.


Wie viele Wahllokale werden öffnen?

Die Wahlberechtigten können ihre Stimmen am heutigen Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr in 1779 Wahllokalen abgeben, das sind rund 40 mehr als 2011. Etwa zwei Drittel der Wahllokale verfügen über einen barrierefreien Zugang. Rund 20.000 Wahlhelfer sind eingeteilt. Die Wahlvorstände in den Wahllokalen sorgen auch dafür, dass nach 18 Uhr die Stimmen ausgezählt werden.


Wie wird gewährleistet, dass die Wahl korrekt abläuft?

An diesem Sonntagmorgen, bevor die Wahl beginnt, wird in jedem Wahllokal die Wahlurne geöffnet, um sicherzustellen, dass sie leer ist. Dann wird sie verschlossen. Den Schlüssel behält der Wahlvorsteher. Nach 18 Uhr werden die Wahlurnen aufgeschlossen. Dann werden die Stimmzettel sortiert und ausgezählt. Die Auszählung in den Wahllokalen ist öffentlich. Interessierte haben im Rahmen des zur Verfügung stehenden Platzes Zutritt. Das gilt auch für die Auszählung der Briefwahlstimmen in den mehr als 650 Briefwahlbezirken. Nach der Auszählung kommen die Stimmzettel in einen Umschlag, der versiegelt wird. Das Ergebnis der Auszählung wird in eine Niederschrift eingetragen. Dann gibt der Wahlvorstand das Ergebnis telefonisch an das Bezirkswahlamt durch. Noch am Sonntagabend werden die versiegelten Umschläge und die Niederschrift zusammen mit den nicht korrekt ausgefüllten Zetteln zum Bezirkswahlamt gebracht.


Kann ich wählen, auch wenn ich die Wahlbenachrichtigung im Wahllokal nicht vorweisen kann?

Ja, die Benachrichtigung ist nicht entscheidend. Jeder Wähler muss aber seinen Personalausweis oder einen anderen, mit einem Lichtbild versehenen amtlichen Ausweis dabeihaben.


Ist Briefwahl auch noch am Sonntag möglich?

Ja, wenn man vorher Briefwahl beantragt und die Unterlagen bekommen hat. Die ausgefüllten Briefwahlunterlagen müssen am Sonntag bis 18 Uhr beim zuständigen Bezirkswahlamt eingegangen sein. Die Adresse steht auf dem roten Wahlbrief oder im Internet. Wer den Wahlbrief noch an diesem Sonntag abgeben will, sollte ihn selbst zum Bezirkswahlamt bringen oder eine Vertrauensperson bitten, das zu tun.


Wie finde ich mein Wahllokal?

Es ist in der Wahlbenachrichtigung genannt. Man kann es auch im Internetangebot der Landeswahlleiterin unter www.wahlen-berlin.de, Stichwort Wahllokalsuche, in Erfahrung bringen. Außerdem ist am Sonntag von 8 bis 18 Uhr ein Beratungstelefon eingerichtet. Die Rufnummer lautet 9021 – 2000.


Kann ich meine Stimme abgeben, wenn ich am Sonntag krank werde und nicht ins Wahllokal gehen kann?

Ja. Man kann bis 15 Uhr von einem Familienangehörigen oder einer Vertrauensperson Briefwahlunterlagen im Bezirkswahlamt abholen lassen. Dazu ist eine Vollmacht des Erkrankten erforderlich. Diese kann auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung erteilt werden. Bis 18 Uhr müssen die ausgefüllten Briefwahlunterlagen wieder beim Bezirkswahlamt abgegeben werden.


Kann ich mir im Wahllokal helfen lassen, wenn ich körperbehindert bin?

Ja, das wird vom Wahlvorstand erlaubt.


Wann ist der Stimmzettel ungültig?

Man darf auf jedem der drei Wahlzettel nur ein Kreuz machen. Es muss auch deutlich werden, für welchen Bewerber oder welche Gruppierung das Kreuz gilt. Ungültig ist ein leerer ebenso wie ein unterschriebener Stimmzettel. Wenn man sich beim Ankreuzen vertan hat, kann man sich vom Wahlvorstand einen neuen Zettel geben lassen.


Warum ist die rechte obere Ecke der Stimmzettel abgeschnitten?

Damit sich Blinde und hochgradig Sehbehinderte besser orientieren können. Sie dürfen bei der Wahl eine Stimmzettelschablone verwenden. Der Allgemeine Blinden- und Sehbehinderten-Verband hat seinen Berliner Mitgliedern diese Schablonen zugesandt. Weil bei den Stimmzetteln die rechte obere Ecke fehlt, können die Betroffenen ertasten, wo oben und welches die Vorderseite ist. Das Einlegen des Stimmzettels in die Schablone ist dadurch ohne fremde Hilfe möglich.


Wie geht es nach der Wahl weiter?

Der jetzige Senat, also die Landesregierung, bleibt weiter im Amt. Nach der Wahl treten Parteien, deren Fraktionen eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus finden, in Koalitionsverhandlungen ein. Formell beginnt die neue Legislaturperiode mit der Konstituierung des am 18. September gewählten neuen Abgeordnetenhauses. Diese erste Plenarsitzung findet Ende Oktober statt. In der Verfassung heißt es: „Das Abgeordnetenhaus tritt spätestens sechs Wochen nach der Wahl unter dem Vorsitz des ältesten Abgeordneten zusammen.“ Das Abgeordnetenhaus wählt danach den Regierenden Bürgermeister. Das muss nicht in der konstituierenden Plenarsitzung stattfinden, wird eher für Ende November erwartet. Der Regierende Bürgermeister ernennt die Senatoren.

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