Starke Nachfrage nach Wohnungen lässt den durchschnittlichen Verkaufspreis in Berlin erstmals auf über 200.000 Euro steigen.
Exakt 214.346 Euro. So viel war den Käufern eine Eigentumswohnung in der Bundeshauptstadt im vergangenen Jahr wert. Der durchschnittliche Verkaufspreis für Wohnungen hat in Berlin damit erstmals die 200.000-Euro-Schwelle überschritten (2014: 195.583 Euro). Das geht aus dem Wohneigentums-Report 2016 hervor, den die Accentro Real Estate AG am Montag vorgelegt hat.
Berlin über dem Bundesschnitt
In dem Report wurden die Daten der Gutachterausschüsse für die 82 größten deutschen Wohnungsmärkte ausgewertet und miteinander verglichen. Demnach wechselte eine Wohnung in einer der deutschen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern für durchschnittlich 211.371 Euro den Eigentümer (plus 9,1 Prozent). Mit 214.346 Euro (plus 9,59 Prozent) bewegt sich Berlin damit leicht über dem Bundesdurchschnitt.
„Unglaubliche Dynamik“
Im Vergleich mit den vier einwohnerstärksten Metropolen Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main weist Berlin immer noch ein um 37,5 Prozent geringeres Preisniveau aus. Am größten ist der Abstand zu München. In der bayerischen Landeshauptstadt muss mit 426.140 Euro beinahe doppelt so viel für eine Eigentumswohnung gezahlt werden wie in Berlin. „Dieser nach wie vor starke Preisabstand ist durch die Jahre der Teilung historisch bedingt“, so Jacopo Mingazzini, Vorstand der Accentro Real Estate AG. Doch die Lücke schließe sich langsam. „Der Berliner Immobilienmarkt zeigt eine unglaubliche Dynamik“, so Mingazzini weiter. Dies betreffe insbesondere die Anzahl der verkauften Eigentumswohnungen und auch den Verkaufsumsatz. „Aber auch der Markt für Neubauwohnungen verzeichnet aufgrund der hohen Nachfrage eine sehr starke Entwicklung.“
Rekordwert von 2013 deutlich übertroffen
In Berlin wurden nach Angaben der Studie im Berichtsjahr 24.356 Eigentumswohnungen verkauft. „Dabei haben wir nur die Wohnungen erfasst, die als sogenanntes Teileigentum gelten“, so der Chef des Unternehmens, dessen Kerngeschäft die Wohnungsprivatisierung, also die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist. Der Verkauf ganzer Wohnanlagen oder Mehrfamilienhäuser an private oder kommunale Wohnungsgesellschaften oder Immobilienfonds ist in der Statistik nicht enthalten.
Mit einem Wachstum von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr hat die Hauptstadt 2015 den bisherigen Rekordwert von 23.100 verkauften Einheiten aus dem Jahr 2013 noch einmal deutlich übertroffen. Noch stärker ist der Umsatz aus den Wohnungstransaktionen in Berlin mit 40,4 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro gestiegen. „Das ist mit weitem Abstand die höchste Wachstumsrate unter den Top-Sieben-Städten in Deutschland“, so Mingazzini. „Angetrieben von einem starken Bevölkerungswachstum von jährlich rund 45.000 Zuzüglern wird der Immobilienmarkt in Berlin seinen beeindruckenden Aufstieg weiter fortsetzen“, so die Prognose des Accentro-Chefs. Ein weiterer Entwicklungstreiber seien die anhaltend niedrigen Zinsen, die andere Anlageformen unattraktiv machten.
Milieuschutz verhindert Eigentumsbildung
Auch wenn er mit weiter steigenden Umsätzen rechne, so Mingazzini weiter, werde die Zahl der Wohnungsprivatisierungen zumindest in der Innenstadt künftig vermutlich nicht mehr so stark wachsen. Grund sei die Ausweisung von Milieuschutzgebieten, verbunden mit dem im März 2015 eingeführten Umwandlungsverbot. Um die Mieter in den stark nachgefragten Innenstadtgebieten vor Verdrängung zu schützen, gibt es in Berlin inzwischen 33 dieser Gebiete in sechs Bezirken. Zehn davon liegen in Pankow, acht in Friedrichshain-Kreuzberg, je fünf in Mitte und Neukölln, vier in Tempelhof-Schöneberg und eines in Treptow-Köpenick. In diesen Gebieten ist die Umwandlung genehmigungspflichtig. Das hat nach Auskunft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits Wirkung gezeigt. So wurden im ersten Quartal 2015 noch 2042 Wohnungen umgewandelt, im vierten Quartal 787.
Mieterverein begrüßt Umwandlungsverbot
Während Mingazzini darauf verweist, dass damit viele Mieter das Nachsehen hätten, die gern ihre Wohnung erwerben würden, begrüßt der Berliner Mieterverein (BMV) das Verbot und wünscht sich sogar noch eine Verschärfung. „Wir brauchen eine Abschaffung der Ausnahmegenehmigung“, fordert BMV-Chef Reiner Wild. Bislang kann die Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung genehmigt werden, wenn sich der Vermieter verpflichtet, während einer Frist von sieben Jahren nur an den Mieter zu verkaufen. „Dieses Schlupfloch führt dazu, dass 93 Prozent aller Ausnahmeanträge in den Milieuschutzgebieten genehmigt werden“, so Wild.
Verstärkter Wohnungsneubau
Auch aufgrund dieser Neuregelung werde der Neubau von Eigentumswohnungen weiter an Bedeutung gewinnen, ist sich Mingazzini sicher. So habe sich die Anzahl der verkauften Neubauwohnungen in Berlin seit 2009 mehr als versechsfacht. Im Berichtsjahr 2015 wurden in Berlin 5206 Neubauwohnungen verkauft, 2014 waren es 2926. Der Anteil von Neubauwohnungen an der Gesamtverkaufszahl in Berlin lag im Berichtsjahr bei 21,4 Prozent (2014: 15,4 Prozent). „Nur durch Neubau kann sich der Wohnungsmarkt weiter entspannen“, so Mingazzini.