Berlin wächst, die Zahl der Touristen auch - das spüren besonders die Fahrgäste. Vor allem im Bus drängen sich immer mehr Menschen.

In Berlins Stadtbussen wird es immer enger. 2015 meldeten die Fahrer im Schnitt pro Tag 236 Mal, dass niemand mehr in ihren Bus passe. Die Leitstelle erhielt insgesamt 86 000 dieser „100-Prozent-Meldungen“, wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) der Deutschen Presse-Agentur mitteilten. Das war ein Anstieg um 22,6 Prozent und wie im Vorjahr ein Rekord. Besonders häufig wurden die Plätze im TXL-Bus knapp, der den Flughafen Tegel mit der Innenstadt verbindet. Fahrgastvertreter sprechen von einer großen Aufgabe für den künftigen Senat.

Jeder siebte Bus in Berlin ist unpünktlich

Die BVG sieht die Ursache für die Probleme in Baustellen, Demonstrationen, zugeparkten Busspuren, Veranstaltungen und Staatsbesuchen, wie Sprecherin Petra Reetz sagte. Denn die führen zu Verspätungen, nach denen sich die Wartenden in den ersten Bus drängen, während in den nachfolgenden Plätze frei bleiben. Nach den Zahlen der BVG war gut jeder siebte Bus unpünktlich.

„Auch die Fahrgastzahl wächst“, sagt Reetz zur Erklärung. Die wachsenden Einwohner- und Touristenzahlen Berlins hatten dem Landesunternehmen im vergangenen Jahr erstmals mehr als eine Milliarde Kundenfahrten beschert. Allein in die Busse stiegen 418,5 Millionen Menschen, gut drei Prozent mehr als im Vorjahr. Es wurde aber nicht entsprechend mehr gefahren: 88,9 Millionen Kilometer legten die Busse zurück, ein Plus von 0,7 Prozent.

"Die Verkehrslenkung in Berlin ist legendär schlecht"

„Noch mehr Busse in die Schlacht zu werfen, bringt nichts“, sagte Jens Wieseke, der Vizevorsitzende des Berliner Fahrgastverbands IGEB (Interessengemeinschaft Eisenbahn, Nahverkehr und Fahrgastbelange Berlin). „Die Verkehrslenkung in Berlin ist legendär schlecht.“ Sie müsse mithilfe ihrer Kameras an Kreuzungen und mit Personal auf der Straße kurzfristig Vorfahrtsregelungen zugunsten von Bussen umstellen, wenn es irgendwo eng wird.

Bei der stark betroffenen Linie TXL hat die BVG inzwischen auf ihre Weise reagiert: Seit Juli fährt sie nur noch zwischen Hauptbahnhof und Flughafen Tegel, nicht mehr zwischen Alexanderplatz und Flughafen - weil der Bus in Mitte kaum noch durchkam. „Das war eine Kapitulation“, sagte Wieseke. Notwendig seien nun mehr Busspuren, langfristig auch mehr Straßenbahn-Linien im Westteil der Stadt. „Es ist eine ganz große politische Aufgabe für die nächste Regierung, den öffentlichen Verkehrsmitteln endlich Vorrang zu geben.“