Laut Statistik waren im ersten Halbjahr nur 87,5 Prozent aller Fahrzeuge pünktlich. Oft sind daran nicht die Verkehrsbetriebe schuld.

Seit Jahren gibt es Fahrgast-Klagen über die Zuverlässigkeit bei den Linienbussen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Die fahren zwar im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten sehr häufig, doch sie kommen eben auch oft später als im Fahrplan ausgewiesen. Laut einer aktuellen Übersicht der Senatsverkehrsverwaltung sind im ersten Halbjahr nur 87,5 Prozent aller BVG-Busse pünktlich gefahren. Das heißt: Jeder achte Bus kommt zu spät. Trotz aller Bemühungen der BVG-Verantwortlichen hat sich die Pünktlichkeitsquote gegenüber den schlechten Vorjahreswerten von 86,6 Prozent im Jahr 2015 und 87,1 Prozent im Jahr nur marginal verbessert.

Grüne wollen mehr Busspuren und bessere Ampelschaltung

„Die angeblich ergriffenen Beschleunigungsmaßnahmen wirken nicht“, kritisiert der Verkehrsexperte der Berliner Grünen, Stefan Gelbhaar. Er sieht die Ursachen für die „herben Schwierigkeiten“ aber außerhalb der Zuständigkeit der BVG. „Die Busse stehen zu häufig im Stau“, so seine Einschätzung. Nur weitere speziell den Bussen vorbehaltenen Fahrspuren („Busspuren“) und Ampelschaltungen, die Vorrang gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern einräumen, könnten Abhilfe schaffen. Verantwortlich für entsprechende Maßnahmen sei aber die Verkehrslenkung Berlin (VLB), eine der Senatsverkehrsverwaltung zugeordnete Behörde.

Fahrgäste werden einwenden, dass sie viel öfter erleben, dass der Bus gar nicht kommt. Für die Differenz zwischen gemessener und gefühlter Verspätung gibt es eine Erklärung: Nach dem 2005 zwischen Senat und BVG geschlossenen Verkehrsvertrag gilt eine Abfahrt erst dann als unpünktlich, wenn sie mehr als 90 Sekunden früher oder mehr als 210 Sekunden später als im Plan ausgewiesen erfolgt. Alle anderen Fahrten gelten lediglich als unregelmäßig. Das heißt: Jeder Fahrer hat ein Zeitfenster von fünf Minuten, um nicht in den roten Verspätungsbereich zu rutschen. Selbst dies, so versichern viele BVG-Busfahrer, sei im teils chaotischen Berliner Straßenverkehr eine echte Herausforderung.

Auch der für die VLB zuständige Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler sieht die Gründe für mangelnde Pünktlich- und Zuverlässigkeit vor allem außerhalb der BVG-Zuständigkeit: Baustellen, Staus, Demonstrationen, blockierte Busspuren, Wartezeiten an Ampeln, aber auch Vandalismus listet er in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen als Ursachen auf.

Doch die BVG-Busse verspäten sich nicht nur sehr oft, sie fallen häufig ganz aus. Und das immer öfter, wie die jüngste Statistik belegt. Danach sind im ersten Halbjahr 2016 entgegen der vertraglichen Bestellung mehr als 215.000 sogenannte Nutzkilometer (Maßeinheit, nach der Leistung im öffentlichen Nahverkehr abgerechnet werden) nicht gefahren worden.

Hochgerechnet aufs Jahr kommt Verkehrsexperte Gelbhaar auf eine Ausfallquote von rund 430.000 Nutzkilometern. Der Grüne konstatiert einen „dramatischen Anstieg bei den Busausfällen“, liegt der Wert doch deutlich über den Ausfällen der Vorjahre: So sind die Busse 2015 rund 334.000 Nutzkilometer nicht gefahren, im Jahr 2014 waren es gut 284.000 Kilometer.

Drei Metrobus-Linien sind bei Ausfällen die Spitzenreiter

Spitzenreiter bei den Ausfällen ist den Angaben zufolge die Linie M41, die auf der langen Strecke vom Hauptbahnhof nach Neukölln fährt (8197 Ausfallkilometer). Es folgen die wichtigen Metrobus-Linien M29 (6795 Kilometer) und M48 (5936 Kilometer). Wenig überraschend: Auch beim TXL-Bus, der den Alexanderplatz und den Hauptbahnhof mit dem Flughafen Tegel verbindet, häuften sich im ersten Halbjahr die Ausfälle (7278 Kilometer). Für diese Linie machte die BVG vor allem die vielen Baustellen und häufigen Demonstrationen in der City als Ursachen aus und zog Konsequenzen. Seit Anfang Juli fahren die Busse nur noch zwischen Hauptbahnhof und Flughafen, zudem gibt es drei Fahrten pro Stunde zusätzlich. „Das zeigte Wirkung: Wir sind inzwischen deutlich zuverlässiger auf der Linie unterwegs“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz.

Aus ihrer Sicht belege die Statistik die klaren Vorteile der Schiene gegenüber der Straße. Nach Senatsangaben sind im ersten Halbjahr 98,7 Prozent aller U-Bahnen und 91,8 Prozent der Straßenbahnen pünktlich gefahren. Bei der Tram sind zudem deutlich weniger Fahrten als im Vorjahr ausgefallen. Aufgrund eines Fahrermangels hatte die BVG auf mehreren Linien Fahrten gestrichen.

Schwarzfahren in Berlin

Berlin hat einer Umfrage der „Wirtschaftswoche“ zufolge bundesweit die höchste Schwarzfahrerquote. Diese lag bei der BVG 2015 bei sechs Prozent. Auf dem zweiten Platz folgt Duisburg mit 4,3 Prozent. Im bundesweiten Schnitt verharrte die Schwarzfahrerquote 2015 bei rund 2,6 Prozent. Die 2015 beschlossene Bußgelderhöhung von 40 auf 60 Euro scheine potenzielle Schwarzfahrer nicht zu beeindrucken, heißt es weiter.