Der politische Druck auf Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel wegen seiner Entscheidung zum Leipziger Platz nimmt erheblich zu.
Der politische Druck auf Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) wegen seiner Entscheidung zum Leipziger Platz nimmt erheblich zu. Wie berichtet, hatte Geisel dem Investor, der am Leipziger Platz 18/19 ein zehngeschossiges Haus errichten will, von der Verpflichtung befreit, dort auch Wohnungen zu bauen.
Diese Auflage ist Teil des Bebauungsplanes für den Leipziger Platz, den das Abgeordnetenhaus beschlossen hatte. Geisel hatte seine Entscheidung damit begründet, dass die Lärmbelastung an diesem Grundstück zu hoch für sinnvollen Wohnungsbau sei. Er verwies auf ein anderes Grundstück an der Leipziger Straße, bei dem ebenfalls wegen des Lärms eine Befreiung erteilt wurde. Stefan Evers, Vizefraktionschef der CDU im Landesparlament, wirft dem Senator nun indes rechtswidriges Verhalten vor und spricht von einem Bauskandal. Auch die Grünen sagen, es bestehe zumindest der Verdacht, Geisel habe geltendes Recht missachtet.
"Fatales Signal an alle rechtstreuen Bauherren"

Der SPD-Politiker hatte die Befreiung vom Wohnungsbau im Widerspruchsverfahren erteilt, nachdem der Bezirk Mitte sie abgelehnt hatte. Dafür habe es keine Rechtsgrundlage gegeben, sagte Evers der Berliner Morgenpost. Eine solche Befreiung berühre die Grundzüge der Planung, dafür hätte der Bebauungsplan geändert werden müssen, so der CDU-Abgeordnete.
Senator Geisel habe die Befreiung zudem „in voller Kenntnis der rechtlichen Bedenken seines Hauses erteilt“. Werde die Entscheidung nicht zurückgenommen, sei das „ein fatales Signal an alle rechtstreuen Bauherren in unserer Stadt“, sagte Evers. Und weiter: „Ich erwarte, dass der Regierende Bürgermeister klar zu diesem Vorgang Stellung bezieht.“
Es liegt kein Lärmgutachten vor
Matthias Brauner, wohnungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Abgeordnetenhaus, hatte gemeinsam mit Evers Einsicht in die Verwaltungsakten zu dem Bauprojekt genommen. „Die Argumentation von Senator Geisel zur Lärmbelastung wurde von den Fachleuten der eigenen Verwaltung nicht mitgetragen. Es liegt nur eine Verkehrserhebung vor“, erklärte Brauner am Freitag. Ein Lärmgutachten fehle.
Bei der Auswertung der Verkehrserhebung sei deutlich geworden, dass der Autoverkehr zwar seit der Aufstellung des Bebauungsplans zugenommen habe, dies aber nicht gleichbedeutend mit einer Zunahme der Lärmbelastung sei. Die Fachleute aus der Verwaltung des Senators hätten vielmehr festgestellt, dass weder Verkehrslärm, noch Zuschnitt des Grundstücks oder weitere Gründe planungsrechtlich eine Befreiung von der Pflicht zum Bau von Wohnungen rechtfertigten.
Grüne äußern Verdacht der Vetternwirtschaft
Die Grünen argumentieren ähnlich. Es erhärte sich „der Verdacht der illegalen Einflussnahme durch den Bausenator“, erklärte Antje Kapek, Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, am Freitag. Sie forderte ihn auf, seine Sondergenehmigung zurückzunehmen. Wohnungsbau sei laut Bebauungsplan am Leipziger Platz zwingend vorgesehen. „Für Geisels Entscheidung im Alleingang gegen den Bezirk und gegen den Expertenrat aus seiner eigenen Verwaltung gibt es keine stichhaltige Begründung“, so Kapek. Auch die CDU hatte die Forderung erhoben, „einen rechtmäßigen Zustand am Leipziger Platz herzustellen“. Das kann nur heißen, die Befreiung zu widerrufen.
Zudem bestehe der Verdacht der Vetternwirtschaft mit seinem Parteikollegen und Ex-Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Wie berichtet, berät Strieder den Bauherrn, eine luxemburgische Gesellschaft. Das Abgeordnetenhaus als Institution, die den Bebauungsplan beschlossen hat, sei in seinen Rechten beschnitten worden, monierte Andreas Otto, Bauexperte der Grünen-Fraktion.
Geisel weist die Vorwürfe zurück
Auch Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) kritisierte Geisel. Der Senator behaupte, Mitte habe die Senatsverwaltung nicht informiert. Das treffe aber nicht zu. Der Bezirk habe sogar eine schriftliche Antwort erhalten. Geisel solle dazu stehen, eine politische Entscheidung getroffen zu haben, statt die Verantwortung auf andere abzuschieben.
Der Stadtentwicklungssenator wies die Vorwürfe zurück. „Es ging darum, nach zwölf Jahren Werbeplane an dieser Stelle endlich den Missstand zu beseitigen und zügig den Leipziger Platz zu vollenden“, so Geisel. Grundsätzlich werde „an fünf Wohnungen zu 3300 Euro Miete pro Monat, die soziale Wohnungsfrage nicht entschieden“.