Das zweitägige Festival Lollapalooza im Treptower Park ist noch nicht genehmigt. Eine Bürgerinitiative droht schon mit Klage.

Im weltweit als Partymetropole gerühmten Berlin steht ein zweitägiges Musikfest für 140.000 Zuschauer auf der Kippe. In weniger als einem Monat soll im Treptower Park das renommierte Festival „Lollapalooza“ steigen. Doch eine Genehmigung ist noch immer nicht erteilt. Tausende von Bürgern haben sich dagegen ausgesprochen, sie fürchten Vandalismus, Lärm und einen Terroranschlag. Die Politik sitzt zwischen allen Stühlen: Einerseits sind da die im Wahljahr noch ein wenig wichtigeren Bedenken der Bürger, andererseits eine drohende Millionenforderung, falls das Rockfest platzt.

Am 10. und 11. September sollen 45 Bands auf vier Bühnen im Park auftreten. Auf dem Programm stehen etwa Radiohead aus England, die Amerikaner Kings of Leon sowie der deutsche Technomusiker Paul Kalkbrenner. Fans wissen, was sie am breiten Angebot unterschiedlicher Musikstile haben. Für Sonntag sind die Tickets (79 Euro) bereits ausverkauft, sagt Lollapalooza-Sprecher Tommy Nick. Jetzt gibt es noch Karten für Sonnabend oder beide Tage (139 Euro).

„Warum ausgerechnet in diesem Gartendenkmal?“, fragt Ilona Rothin von der Bürgerinitiative Treptower Park. Im Internet steigt auf der Plattform Change.org die Zahl derer stetig, die die Petition „Kein Lollapalooza im Treptower Park“ unterzeichneten. Derzeit sind es mehr als 6000. „Warum an einen Ort gehen, der gerade für einen zweistelligen Millionenbetrag saniert wurde“, klagt Rothin. Auch die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sabine Bangert, spricht von einer „Notlösung“.

Schadensersatzforderungen von mehreren Millionen Euro

Doch Lollapalooza 2016 brauchte einen neuen Standort, nachdem seine Veranstaltungsfläche des vergangenen Jahres auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof nicht mehr nutzbar ist. Dort sind inzwischen Flüchtlinge untergebracht. Dadurch geriet die Tempelhof Projekt GmbH unter Druck, Ersatz zu schaffen. Für andere dort ausfallende Veranstaltungen sah sich das Land Berlin bereits mit Schadensersatzforderungen von mehreren Millionen Euro konfrontiert.

Nachdem die Lollapalooza-Macher andere Möglichkeiten geprüft und abgelehnt hatten – das Areal Olympiastadion war gebucht, der BER schien zu weit vom Zentrum entfernt –, entschieden sie sich für Treptow. Ingrid Rothin hat die Bedenken der Anwohner zusammengetragen: „Durch die Sperrung der Puschkinallee wird es zu schweren Verkehrsbeeinträchtigungen kommen. Ich kenne alte Menschen, die fürchten, dass ihre Betreuer nicht mehr zu ihnen gelangen.“ Andere sehen das Festival als mögliches Ziel eines Terroranschlags.

Anwohner wollen für die Konzertnächte nicht in ein Hotel

Und dann ist da noch das Thema Lautstärke. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beabsichtigt, am 9. September, wenn beispielsweise Soundchecks stattfinden, eine Lärmbelastung von 65 Dezibel sowie am 10. und 11. September 90 Dezibel zuzulassen. Letztere wird beim Bundesumweltministerium unter „laute Fabrikhalle“ geführt. Lollapalooza hat 150 bis 200 Mietparteien angeboten, während des Festivals ins Hotel zu ziehen. „Es hat sich aber kaum jemand gemeldet“, sagt Tommy Nick. Aber wegen vergünstigter Tickets sei man angesprochen worden.

Der Sorge um die Grünflächen sowie eine Entweihung des auf dem Gelände befindlichen Sowjetischen Ehrenmals, die auch die Botschafter von zehn ehemaligen Sowjetrepubliken äußerten, begegneten die Veranstalter mit dem Versprechen umfangreicher Abzäunungen. Für eventuell nötige Sanierungsarbeiten im Park werde man eine Geldsumme hinterlegen.

Neun Behörden plus Polizei und Feuerwehr müssen die Veranstaltung genehmigen

Ein Beschluss über eine Genehmigung könne in der übernächsten Woche erwartet werden, sagt Rainer Hölmer (SPD), Baustadtrat in Treptow-Köpenick. Neun genehmigende Behörden müssen entscheiden, vom Landesdenkmalamt bis zum Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin. Beteiligt sind zudem etwa Polizei und Feuerwehr. Einen ersten Genehmigungsentwurf der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gibt es immerhin bezüglich der Lautstärke.

Grünen-Abgeordnete Sabine Bangert hat Verständnis für die Sorgen der Anwohner, betont aber, dass der Treptower Park nur 2016 genutzt wird. „Wir sind eine Kulturmetropole, und Berlin lebt von seinen Events“, sagt sie. Der CDU-Abgeordnete Christian Goiny meint: „Wir glauben, dass das in diesem Jahr nun mal dort stattfinden muss. Langfristig sollte aber Tempelhof wieder zum Veranstaltungs- und Kreativstandort werden.“ So viel überparteilicher Konsens lässt die Bürgerinitiative indes unbeeindruckt: Kommt eine Genehmigung, so Ilona Rothin, werde man vor Gericht ziehen.