Der Landesbranddirektor hat nicht genug Feuerwehr-Mitarbeiter für alle Fahrzeuge. Die Gewerkschaft fürchtet um Menschenleben.
Die Rettung von Menschen durch die Berliner Feuerwehr könnte sich bei Bränden und Großeinsätzen künftig verzögern. Das befürchtet die auch für die Feuerwehr zuständige Gewerkschaft der Polizei (GdP). Grund seien zu wenige Mitarbeiter – und eine Anweisung von Landesbranddirektor Wilfried Gräfling, die der Berliner Morgenpost vorliegt. Dadurch könnten „Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden“, sagte GdP-Vorstandsmitglied Oliver Mertens.
In dem internen Schreiben werden Mitarbeiter aufgefordert, Einsatzfahrzeuge mit Drehleiter und Rettungskorb (DLK), die zum Beispiel zur Rettung von Menschen eingesetzt werden, bei einem Personalengpass auf einer Dienststelle künftig nicht mit Mitarbeitern zu besetzen. Die Einsatzkräfte sollten stattdessen auf Wagen zur medizinischen Notfallrettung eingeteilt werden, wenn auf diesen – etwa krankheitsbedingt – Mitarbeiter fehlen. Rettungswagen würden deutlich häufiger zu Einsätzen gerufen als Drehleiterwagen, sagte Feuerwehrsprecher Stephan Fleischer. Deswegen sei es wichtig, ihren Betrieb zu garantieren.
Zum Einsatzort sollen Drehleiterfahrzeuge – auch wenn keine Mitarbeiter für sie eingeteilt sind – im Brandfall dennoch gelangen. Sie sollen dann von Kollegen, die eigentlich für Lösch- oder Ausrüstungswagen eingeplant sind, gefahren werden. Das Personal soll von anderen Dienststellen nachrücken.
Laut Fleischer können auch Einsatzkräfte anderer Fahrzeuge den Drehleiterwagen bedienen. Die Mitarbeiter seien dafür ausgebildet und könnten nach einer Menschenrettung wieder andere Aufgaben wahrnehmen. Auch bei Personalnot dürften zudem nicht beliebig viele Drehleiterfahrzeuge unbesetzt bleiben. Die Hilfsfrist von 15 Minuten bleibe gewährleistet.
Standards nicht mehr erfüllt
Die GdP warnt dagegen, dass Standards nicht mehr erfüllt werden könnten. Auf Fahrzeugen, die die Löschkräfte mit Ausrüstung unterstützen, würden oft ältere Kollegen eingesetzt, die an den Drehleiterwagen aus körperlichen Gründen nicht aushelfen könnten. Außerdem reiße das neue Personallöcher auf. Bei einer Großlage müssten schließlich alle Einsatzkräfte an ihrem Platz seien. Das Schreiben des Landesbranddirektors zeige, dass die Feuerwehr unterbesetzt sei, sagte Mertens. In etwa drei Jahren würden zudem viele Kollegen pensioniert. Der Senat habe jahrelang zu wenige Stellen geschaffen und zu wenig ausgebildet. „Das rächt sich jetzt“, sagte GdP-Vorstandsmitglied Mertens.
Der für die Feuerwehr zuständige Innensenator Frank Henkel (CDU) bestreitet die Personalnot nicht. Unter der Vorgängerkoalition aus SPD und Linken sei die Feuerwehr, ähnlich wie die Polizei, „kaputtgespart“ worden. „Wir haben gegengesteuert, haben gehandelt, 200 neue Stellen geschaffen“, sagte Henkel. Mehr sei mit der SPD nicht zu machen gewesen. Der Stellenzuwachs – der vor allem ab 2017 spürbar wird – sei ein Fortschritt, reiche aber nicht aus. Henkel: „Wir brauchen mindestens 300 weitere Stellen.“
Hintergrund der Personalnot ist vor allem die gestiegene Zahl der Einsätze zur medizinischen Notfallrettung. 2002 zählte die Feuerwehr noch 247.000 solcher Einsätze. Im vergangenen Jahr waren es 412.000. Die Zahl der Mitarbeiter blieb jedoch in den vergangenen fünf Jahren konstant. „Die Schutzziele in der Notfallrettung werden seit Jahren nicht erreicht“, sagte auch Feuerwehrsprecher Fleischer. Außerdem bräuchte die Feuerwehr etwa 148 Rettungswagen. „Aktuell sind es aber nur 109“, sagte Fleischer.