Ab 2020 darf die BVG nur noch emissionsfreie Busse kaufen. Das Unternehmen plant eine E-Bus-Offensive, stößt aber auf einige Probleme.

Gerade einmal vier E-Busse haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) derzeit im Einsatz. Die Fahrzeuge fahren – mehr schlecht als recht – auf der Linie 204 zwischen den Bahnhöfen Zoo und Südkreuz. Zuletzt betrug die Verfügbarkeit immerhin 70 bis 80 Prozent, zeitweise konnte die BVG aber nicht einen einzigen E-Bus im regulären Linienbetrieb fahren lassen.

Trotz bislang eher mäßiger Erfahrungen plant das landeseigene Unternehmen jetzt jedoch eine E-Bus-Offensive. Bereits in einigen Jahren könnten die Busse ohne Umweltbelastung in großer Zahl durch die Stadt fahren, heißt es. Das Problem: Bislang gibt es noch keinen Hersteller in Europa, der einen batteriegetriebenen Bus in großen Stückzahlen und zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen liefern kann.

Einkaufsverbund mit Hamburger Hochbahn

Wie die Berliner Morgenpost erfahren hat, plant die BVG daher ein völlig neues, bislang einmaliges Vorgehen. Vorbereitet wird derzeit ein Einkaufsverbund mit der Hamburger Hochbahn AG, dem kommunalen Nahverkehrsanbieter der Hansestadt. Auch Verkehrsunternehmen anderer deutscher Großstädte könnten noch dazukommen.

„Wir sind da in der Diskussion“, bestätigte BVG-Vorstandschefin Sigrid Nikutta die Pläne, über die zuvor Finanzsenator und BVG-Aufsichtsratschef Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) vor Wirtschaftsvertretern gesprochen hatte. Die Überlegung dahinter: Mit einem gemeinsamen Auftritt beider Großstädte könnte die Marktmacht bei einer möglichen Ausschreibung erheblich vergrößert werden. Das senkt zum einen den Kaufpreis. Wartet ein Großauftrag – die BVG benötigt allein in den nächsten fünf Jahren 446 neue Busse –, könnte zudem das Interesse der etablierten Busanbieter steigen, in die Zukunftstechnologie zu investieren. „Bisher passiert da noch zu wenig bei den Herstellern“, so BVG-Chefin Nikutta.

Chinesen liegen beim Bau von Batteriebussen weit vorn

Mehr Investitionen in den Batteriebus sind gerade bei europäischen Produzenten dringend erforderlich. Denn auf dem Kontinent gibt es zwar einige Prototypen, aber noch kein serienreifes Angebot. Anders als etwa in China: So hat der Busbauer BYD Auto seit 2010 bereits einige Tausend Fahrzeuge in unterschiedlichen Varianten ausgeliefert. Sie fahren etwa in der chinesischen Millionenstadt Dalian, werden aber auch in London und auf der niederländischen Nordsee-Insel Schiermonnikoog eingesetzt.

In Europa arbeiten etwa Volvo in Schweden und Skoda in Tschechien an Lösungen. In Deutschland sind es neben Siemens vor allem kleinere Firmen wie die in Wiesbaden ansässige Contrac Cobus Industries, die Busse mit reinem E-Antrieb entwickeln.

E-Bus wird vom Bund gefördert

In Berlin sind seit August 2015 vier batteriebetriebene E-Busse auf der Linie 204 im Testeinsatz. Die Bilanz ist beeindruckend:Mehr als 30.000 Liter Diesel wurden bislang eingespart, dadurch wurden 84 Tonnen Kohlendioxid, 356 Kilogramm Stickoxide und drei Kilogramm Feinstaub nicht in die Luft geblasen, heißt es auf der eigens eingerichteten Webseite für das Projekt.

Der Bus selbst wurde vom polnischen Unternehmen Solaris gebaut, das elektrische Antriebssystem stammt vom deutschen Hersteller Vossloh-Kiepe. Das Besondere ist die innovative Ladetechnik „Primove“ vom deutsch-kanadischen Unternehmen Bombardier: Die Batterien, die den Strom für die E-Motoren des Busses liefern, können – nach dem Prinzip der elektrischen Zahnbürste – kabel- und berührungslos geladen werden. Das Projekt ist Teil des „Internationalen Schaufensters Elektromobilität Berlin-Brandenburg“ und wird vom Bund mit 4,1 Millionen Euro gefördert.

Bus kostet noch das Dreieinhalbfache eines Dieselbusses

Ein Großteil des Geldes wurde für die Anschaffung der in Manufakturarbeit gebauten Busse benötigt. Mit einem Stückpreis von etwa 700.000 Euro kostet der Solaris Urbino 12 electric derzeit noch rund das Dreieinhalbfache eines gleich großen Dieselbusses.

Wirtschaftlich, so BVG-Verantwortliche, ist der Bus so in Berlin nicht betreibbar. Doch dem Unternehmen sitzt die Zeit im Nacken. Denn nach einer Senatsvorgabe soll die BVG ab 2020 keine Busse mit Verbrennungsmotor mehr neu kaufen dürfen. Dies ist Teil eines Konzepts, mit der die Landesregierung die ehrgeizigen Klimaschutzziele des Bundes und der EU im nächsten Jahrzehnt erfüllen will.

Neben den hohen Kosten bereitet der BVG die unzureichende Verlässlichkeit der E-Busse erhebliche Sorgen. Immer wieder sind die E-Busse wegen unterschiedlicher Probleme ausgefallen. Auch aktuell steht einer der vier Busse „wegen Ladeproblemen“ in der Werkstatt. Als Ersatz fährt dann auf der Linie ein herkömmlicher Dieselbus. „Wir werden in Berlin nicht daran gemessen wie innovativ unsere Busse sind, sondern ob sie pünktlich und zuverlässig fahren“, beschreibt ein BVG-Verantwortlicher das Dilemma, in dem sich das Unternehmen befinden.

Bislang ist auch unklar, welche Ladetechnik die Alltagsanforderungen am besten erfüllt. Nach der kabellosen Induktionstechnik plant die BVG daher nun einen zweiten Test. Im Rahmen des vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekts „EUREF Forschungscampus“ will das Unternehmen einen Bus mit konduktiver Technik beschaffen, dessen Batterien per Kabel aufgeladen werden. Der Bus soll dann als Verstärker gleichfalls auf der Test-Linie 204 zum Einsatz kommen.