Verkehr

Berlin soll einen zweiten Fernbusbahnhof bekommen

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Thomas Fülling
Übersichtlicher und sicherer soll der Zentrale Omnibusbahnhof am Messegelände werden. Die Visualisierung zeigt auch das neue Haltestellen-Konzept

Übersichtlicher und sicherer soll der Zentrale Omnibusbahnhof am Messegelände werden. Die Visualisierung zeigt auch das neue Haltestellen-Konzept

Foto: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt

Der Standort für einen zweiten ZOB soll in der Stadtmitte oder im Osten sowie in der Nähe zur Autobahn und zum Nahverkehr liegen.

Für Sigrid Nikutta war das ein Auftakt nach Maß. Gut vier Wochen nach der Geburt ihrer Tochter Wilhelmina hat die Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die Babypause kurz unterbrochen – und konnte gleich so richtig loslegen. Am Donnerstagnachmittag nahm sie den Spaten in die Hand, um gemeinsam mit Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) die Bauarbeiten am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Westend symbolisch zu starten. Die inzwischen 50 Jahre alte Busstation am Messegelände am Funkturm wird in den kommenden drei Jahren umfangreich um- und ausgebaut. Kostenaufwand nach heutigem Stand: 14,3 Millionen Euro. Das Geld kommt vom Eigentümer, dem Land Berlin. Die BVG betreibt den Bahnhof mit ihrem Tochterunternehmen IOB und wird nun im Auftrag des Senats auch das Bauprojekt managen.

„Ich möchte, dass der ZOB wieder zu einer guten Visitenkarte unserer Stadt wird“, gibt Verkehrssenator Geisel (SPD) das Ziel vor. Sauberer, sicherer und komfortabler soll der Busbahnhof werden, damit die Nutzer der immer zahlreicher werdenden Fernbusse einen möglichst positiven Eindruck haben, wenn sie in der Stadt ankommen. Wichtig sei ihm auch, dass der Bahnhof nun barrierefrei wird. Bislang sind vor allem die Bordsteinkanten auf dem Gelände für Rollstuhlfahrer, aber auch für Eltern mit Kinderwagen und viel Gepäck ein störendes Hindernis.

Wie dringend notwendig eine Frischzellenkur für den ZOB ist, zeigt ein kurzer Rundgang über das recht unübersichtliche Gelände. An mancher Ecke bröckelt da der Beton, im Wartesaal mit dem Charme der 60er-Jahre steht an diesem Sommertag die Luft. Es riecht nach Schweiß und Döner. Die größeren Busgesellschaften wie etwa der Branchenprimus FlixBus/MeinFernbus sind daher längst dazu übergegangen, für ihre Stammkunden eigene Warteplätze einzurichten. Die gern als „Lounge“ bezeichneten Container sind indes allesamt wenig ansehnliche Provisorien, die nach dem Umbau verschwinden sollen. Besonders dringlich scheint der Handlungsbedarf bei den Toiletten zu sein.

Trotz der vielen Unzulänglichkeiten komme der Berliner ZOB bei Fahrgastumfragen recht gut weg, konstatierte Nikutta. Als besonders positiv werden von den Fahrgästen die kurzen Wege und die gute Fahrgastinformation hervorgehoben. Dennoch ist auch die BVG-Chefin froh, dass es nach „echt langen Diskussionen“ nun mit dem angekündigten Umbau endlich losgeht.

Gute Umbau-Logistik: Nur sechs Haltestellen fallen weg

Bereits 2013 hatte sich der Senat dafür ausgesprochen, den ZOB zu erneuern. Ursprünglich wollte die Landesregierung den weit im Westen liegenden Bahnhofsstandort durch einen modernen Neubau an zentraler Stelle ersetzen. Das war dann wegen deutlich höherer Kosten – die Rede war von 50 Millionen Euro – jedoch verworfen worden. Angesichts des Fernbusbooms der letzten Jahre lässt Verkehrssenator Geisel nun jedoch den Gedanken wieder aufleben, den ZOB im Westen Berlins durch einen zweiten großen Busbahnhof zu ergänzen. Gesucht werde ein Standort in der Mitte oder im Osten der Stadt, kündigte er unmittelbar vor dem Baubeginn am ZOB am. Welchen Standort er favorisiert, lässt er offen. Wichtig sei eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Nähe zur Autobahn.

Zumindest der zweite Punkt könnte gegen eine von einigen Anbietern bereits geforderte Zentralstation am Alexanderplatz sprechen, wo schon jetzt wegen der guten Lage viele Fernbusse halten. Ebenfalls in der Diskussion sind der Ostbahnhof und der Bahnhof Ostkreuz. Letzterer wird bis 2018 um- und ausgebaut. Dort werden künftig nicht nur zahlreichen S-Bahnen, sondern auch Züge mehrerer Regionalbahnlinien, die Straßenbahn sowie vielleicht auch einmal die U-Bahn halten. Die Stadtautobahn A100 soll langfristig bis zur Frankfurter Allee und damit am Ostkreuz vorbei führen. Eigent­licher Favorit des Senats war mal ein Busbahnhof am Rand des einstigen Flughafens Tempelhof. Doch nach dem erfolgreichen Volksentscheid gegen jegliche Bebauung des Tempelhofer Feldes musste er auch diese Idee begraben.

Nun allerdings steht erst einmal die Modernisierung des bestehenden ZOB an. Weil die Arbeiten bei laufendem Betrieb erfolgen, wird der Umbau voraussichtlich erst 2019 abgeschlossen sein. Während der gesamten Bauzeit sollen wenigstens 21 der bislang 27 Haltestellen nutzbar bleiben, was Nikutta als „logistische Meisterleistung“ bezeichnet. Bereits im Sommer soll eine Fußgängerampel den Reisenden das Überqueren des Messedamms erleichtern. Wegen seiner Unübersichtlichkeit und der oft defekten Rolltreppen wird der Tunnel von den meisten Bus-Reisenden gemieden.