Wohnungsmarkt

Genossenschaften bauen 7400 Wohnungen in Berlin

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Isabell Jürgens
Genossenschaftlicher Neubau: Im vergangenen Jahr hat die Berolina 95 Wohnungen an der Dresdener Straße in Mitte fertiggestellt

Genossenschaftlicher Neubau: Im vergangenen Jahr hat die Berolina 95 Wohnungen an der Dresdener Straße in Mitte fertiggestellt

Foto: Sergej Glanze

Mehr als 80 Baugenossenschaften gibt es in Berlin. Bis 2020 haben sie 7400 Wohnungen in Bau oder in Planung.

In diesem Jahr werden die Berliner Baugenossenschaften zusammen rund 1000 Wohnungen fertigstellen. Geht es nach dem Staatssekretär für Bauen und Wohnen, Engelbert Lütke Daldrup (SPD), „könnten es ruhig doppelt so viele sein“. Denn in Zeiten eines angespannten Wohnungsmarktes wirkten die Genossenschaften mit ihren vergleichsweise niedrigen Mieten mietpreisdämpfend. „Genossenschaften sind wichtige Partner der Berliner Wohnungsneubauoffensive“, betonte der Staatssekretär.

Kritik an schwerfälliger Bürokratie

Rund 190.000 Wohnungen und damit zwölf Prozent aller Mietwohnungen in Berlin sind Genossenschaftswohnungen. „Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum, vor allem für Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen“, führte Lütke Daldrup weiter aus. Immerhin 44 der rund 80 Berliner Baugenossenschaften würden aktuell neu bauen oder einen Neubau in konkreter Planung haben. Wünschenswert sei, dass der Anteil der bauenden Genossenschaften künftig weiter zulege.

„Seit 130 Jahren bieten wir in der Stadt privatwirtschaftlich organisierten Wohnungsbau“, entgegnete Frank Schrecker, Vorstandsvorsitzender der Wohnungsbaugenossenschaft Berolina. Obwohl das Rückgrat jeder Baugenossenschaft ihre Bestandswohnungen seien, beteiligten sie sich ebenfalls am dringend benötigten Wohnungsbau. Bis zum Jahr 2020 befänden sich rund 7400 Genossenschaftswohnungen im Bau oder in der Planung. „Wenn diese Zahlen gesteigert werden sollen, brauchen wir die Unterstützung des Landes Berlin und aller politischer Parteien“, sagte Schrecker weiter.

Dieses gelte insbesondere bei der Bereitstellung von Bauland. „Der Prozess, bis uns ein landeseigenes Grundstück verkauft wird, dauert viel zu lange“, so der Berolina-Vorstand. Wenn das Land wolle, dass die Genossenschaften ihren Anteil von zwölf Prozent am Berliner Wohnungsbestand halten, müsse Berlin seine Grundstücke deutlich schneller zur Bebauung zur Verfügung stellen.

13 Grundstücke verkaufte Berlin an Genossenschaften

Rund anderthalb Jahre, bestätigte Frank Bielka, der Neubaubeauftragte des Landes Berlin, dauere es aktuell, bis alle Gremien auf Bezirks- und Abgeordnetenhaus-Ebene gehört worden seien und ein Grundstück auch tatsächlich verkauft werden könne. „Wir überlegen, wie wir den Prozess straffen“, versprach Bielka den Genossenschaftlern.

Die langfristige und nachhaltige Bewirtschaftung ihres Bestandes sei ein wesentlicher sta­bi­lisierender Faktor für den Berliner Wohnungsmarkt. Deshalb würden die Genossenschaften bei der Entwicklung der großen Wohnungsbaustandorte auch eingebunden, versicherte Staatssekretär Lütke Daldrup. „Von den rund 50.000 Wohnungen, die in den nächsten Jahren in den zwölf großen, neuen Stadtquartieren entstehen, sollen rund 5000 durch Genossenschaften entstehen“, sagte er. Insgesamt habe das Land Berlin in den vergangenen fünf Jahren 13 Grundstücke an Genossenschaften verkauft, weitere zwölf befänden sich in Vertragsverhandlungen.

Neben der langwierigen Grundstücksbeschaffung verwies Dirk Lönnecker, Vorstandsmitglied der Berliner Baugenossenschaft von 1892 auf ein weiteres Bauhemmnis: „Wir wollen in den kommenden drei Jahren 250 Wohnungen bauen“, doch für 50 fehlten noch die Baugenehmigungen vom Bezirksamt Mitte, für weitere 50 fehle die Bewilligung, dass das betreffende Grundstück an die Genossenschaft verkauft werden dürfe. Und bei weiteren 50 wiederum verhinderten die im vorigen Jahr verschärften Brandschutzbestimmungen den Ausbau von Dachgeschossen.

Genossenschaft Pankow bemängelt „ausufernde Reglementierungswut“

Georg Petters von der Genossenschaft Pankow-Nord bemängelte vor allem die „ausufernde gesetzliche Reglementierungswut“. Immer mehr Bezirke würden Erhaltungssatzungen erlassen, die zum Schutz der Mieter Luxussanierungen verhindern sollen. „Für uns bedeutet das jedoch, dass wir um Erlaubnis fragen müssen, wenn wir unsere Bestände auf einen zeitgemäßen Stand bringen wollen“, sagte Petters.

Die Genossenschaften seien schließlich ihren Mitgliedern verpflichtet und diese würden entscheiden, zu welchen Bedingungen sie Sanierungen, aber auch Neubau haben wollen.

Genossenschaftswohnungen werden in der Regel von ihren Mitgliedern bewohnt, die neben der Miete zumeist einmalig Geschäftsanteile erworben haben. Die Mitglieder sind dadurch zugleich Eigentümer und haben umfangreiche Mitspracherechte.