Berlin

Soko jagt Brandstifter

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Rüdiger Finke

Fahndungsdruck wird erhöht. Randalierer begehen mehr als 100 Straftaten nach Polizeieinsatz in Rigaer Straße

Die Polizei verschärft ihren Einsatz gegen linksextremistische Gewalttäter, die seit mehreren Nächten Autos anzünden, Häuser beschädigen und randalieren. Seit Dienstag ist eine Ermittlungsgruppe tätig, mit der Innensenator Frank Henkel (CDU) den Druck auf die Täter erhöhen will. Bisher wurde trotz der großen Zahl an Taten seit dem vergangenen Mittwoch kein Brandstifter oder Randalierer ermittelt. Auch in der Nacht zum Dienstag kam es zu einer Brandstiftung sowie Sachbeschädigungen an zwei Häusern, die Taten stehen vermutlich in Zusammenhang mit der Rigaer Straße.

Senator Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt fassten den Beschluss zur Einrichtung der Ermittlungsgruppe „LinX“ nach gemeinsamen Beratungen, wie Innenverwaltung und Polizei am Dienstag mitteilten. Der Name der vielfach auch Sonderkommission genannten Einheit bezieht sich auf Straftaten des linksautonomen Spektrums sowie dem von der Szene ausgerufenen „Tag X“ nach der Räumung von Teilen des Gebäudes Rigaer Straße 94 am vergangenen Mittwoch. Die linksradikale Szene hatte Rache angekündigt und im Internet zu Straftaten aufgerufen.

Nach Polizeiangaben sind in diesem Zusammenhang bereits mehr als 100 Taten begangen worden. In der Nacht zum Dienstag brannte ein Papiercontainer in Friedrichshain lichterloh. Anwohner hatten den Brand in der Frankfurter Allee so rechtzeitig bemerkt, dass die Feuerwehr ein Übergreifen und größere Schäden verhindern konnte. „Wir sehen hier einen Bezug zur Rigaer Straße“, sagte ein Sprecher der Polizei.

Gegen 3 Uhr wurde die Polizei in die Landsberger Allee nach Friedrichshain alarmiert. Unbekannte hatten hier die Fassade eines Wohnhauses beschmiert und mehrere Fensterscheiben eines Immobilienbüros beschädigt. Die hinterlassenen Parolen beziehen sich auf die Rigaer Straße. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich an der Lehrter Straße in Moabit. Das dortige Jobcenter war gegen 4 Uhr morgens Ziel eines Farbbeutelanschlages. Die Täter schleuderten mehrere Beutel mit schwarzbrauner Farbe gegen die Fassade. Außerdem schlugen sie die Scheibe der Eingangstür ein.

In der Soko LinX soll nun der Fahndungsdruck auf die Täter erhöht werden. 14 Beamte aus mehreren Fachdienststellen der Kriminalpolizei sind dort zunächst eingesetzt. „Durch die Vielzahl an Taten fallen auch entsprechend viele Spuren und Zeugenaussagen an, die schneller abgearbeitet werden müssen“, sagte ein Sprecher der Polizei. Bisher lagen die Ermittlungen bei der Abteilung polizeilicher Staatsschutz.

Die Grünen sprechen von „Wahlkampfgewitter“

Als „folgerichtig, aber zu spät“ bezeichnete der sicherheitspolitische Experte der SPD, Tom Schreiber, die Einrichtung der Ermittlungsgruppe, die er schon im vergangenen Jahr gefordert habe. Es seien aber keine kurzfristigen Erfolge möglich. Um die Lage in den Griff zu bekommen, sei eine Doppelstrategie aus Repression und Deeskalation notwendig. Nicht jeder der 33 in der Rigaer Straße 94 gemeldeten Bewohner sei kriminell, sagte Schreiber. Es müsse der Dialog gesucht werden. „Man muss friedliche Bewohner von Extremisten trennen und Gewalttäter auf frischer Tat ertappen“, forderte der SPD-Politiker am Dienstag.

Der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux sagte, die Einrichtung der Soko „wirkt hektisch“. Er forderte einen Strategiewechsel des Innensenators. „Für die Verfolgung der Straftaten muss auch die Kommunikation mit den Anwohnern gesucht werden, sagte der Politiker.

Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), nannte die neue Ermittlungsgruppe ein „Wahlkampfgewitter“ und „sehr durchsichtig“. Inzwischen seien auf allen Seiten hohe Stufen der Eskalation erreicht. „Es stellt sich nun die Frage, wie kommt man da wieder raus? „Die Ermittlungsgruppe bringt keine Ruhe in die Sache“, betonte die Bezirksbürgermeisterin. Innensenator Henkel müsse erklären, wie weit der Staat miteskalieren wolle und welche Lösungsmöglichkeiten er sich vorstelle. Nötig seien Gespräche zwischen allen Beteiligten. „Auch der Hauseigentümer muss sich äußern, ob die Menschen mit einem gültigen Mietvertrag überhaupt eine Chance haben, da weiterhin zu wohnen“, sagte Monika Herrmann. Seitens des Bezirks bestehe sowohl Gesprächs- als auch Vermittlungsbereitschaft.

Die Bewohner haben unterdessen Klage gegen die Räumung ihres Erdgeschosses eingereicht. Ziel sei die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung. Das sagte der Anwalt Lukas Theune der Tageszeitung „Neues Deutschland“. Theune vertritt den Verein „Freunde der Kadterschmiede“, die Szenekneipe liegt im Erdgeschoss des Hausprojektes. „Die Räumung wurde ohne Gerichtsvollzieher und ohne Räumungstitel durchgeführt“, sagte Theune. Die Klage soll bereits am 5. Juli vor dem Landgericht Berlin verhandelt werden.