Vom ersten Moment der Verhandlung an ließ der Richter seine Zweifel an dem erneuten Hundeverbot am Schlachtensee und an der Krummen Lanke spüren. Er bekam weder Beweise für die Konflikte zwischen Hundehaltern und Spaziergängern oder Badegästen ohne Hund geliefert, noch konnte er die Dringlichkeit, ein temporäres Verbot vom 15. April bis 15. Oktober zu erlassen, nachvollziehen. Nach einer anderthalbstündigen Verhandlung war es schließlich keine Überraschung, dass er das umstrittene Hundeverbot erneut kippte. Von heute an dürfen die Vierbeiner wieder an der Leine auf den Uferwegen der beiden Seen mitgenommen werden.
Damit muss das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf die zweite Schlappe einstecken: Erst im Dezember hat das Verwaltungsgericht das Hundeverbot, das das Bezirksamt im Mai 2015 erlassen hatte und das ganzjährig für die Uferwege von Schlachtensee und Krumme Lanke gelten sollte, wieder aufgehoben. Das Bezirksamt hatte für die Durchsetzung des Verbots alle Uferwege zu Badestellen erklärt – dort sind Hunde laut Hundegesetz verboten. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht.
Kurz nach der Niederlage vor Gericht ordneten das Bezirksamt und die Berliner Forsten ein erneutes Hundeverbot über die Sommermonate an, diesmal auf der Grundlage des Grünanlagengesetzes und des Landeswaldgesetzes. Dagegen erhob Stefan Fuhrmann aus Lichterfelde-West Widerspruch. Er gehe seit Jahren mit seinen Kindern und dem Hund an den Seen spazieren und wolle das auch weiterhin tun, sagte er vor Gericht. Er habe nie Konflikte auf den Uferwegen feststellen können. Es sei selbstverständlich, dass er den Hund kurz fasse, wenn ein Fahrrad oder ein Kinderwagen entgegenkäme. Seiner Ansicht nach könnten dennoch auftretende Konflikte vermieden werden, wenn der Leinenzwang besser durchgesetzt und kontrolliert werden würde.
Zu wenige Kontrollen des Leinenzwangs an den Seen
Dieser Argumentation folgte auch Christian Oestmann, Vorsitzender Richter der 24. Kammer. 52 Kontrollen und sechs Bußgeldbescheide für nicht angeleinte Hunde in etwas mehr als zwei Jahren waren für ihn kein Grund, die Hunde komplett von den Seen zu verbannen. „Konflikte entstehen durch Regelverstöße“, sagte Oestmann. Diese Verstöße könnten ein Mitnahmeverbot der Hunde rechtfertigen, aber nur wenn alle anderen Maßnahmen wie Aufklärung und Überwachung erfolglos blieben.
Vor allem bei der Kontrolle der Leinenpflicht auf den Uferwegen sah der Richter große Defizite. In der Verhandlung wurde aber auch immer wieder die Verhältnismäßigkeit des Verbots und der Ausschluss einer Nutzergruppe ins Feld geführt. Es stelle sich die Frage, ob rund um die Uhr Konflikte auf den Uferwegen auftreten, sagte Oestmann. So störe es wohl niemanden, wenn jemand um sechs Uhr morgens vor der Arbeit seine Runde mit dem Hund drehe. Zudem gebe es Bereiche, wo keine Badenden sind.
Um Erholungssuchenden ohne Hund einen Vorrang einzuräumen und sie vor Erholungssuchenden mit Hund zu schützen, müsse es außerordentliche Gründe geben. „Die zweite Regelung war zwar etwas milder als die erste, aber nicht ausdifferenziert genug, um Konflikte zu lösen“, urteilte Oestmann. „Schwer enttäuscht“ reagierte Christa Markl-Vieto (Grüne) Umweltstadträtin in Steglitz-Zehlendorf. Warum der Richter jetzt den Hundehaltern den Vorrang gebe, verstehe sie nicht. Sie habe nicht genügend Personal, um die Leinenpflicht auf den neun Kilometern Uferwegen zu überwachen.
Verbot im vergangenen Sommer hat gewirkt
Die Erfahrungen des vergangenen Sommers habe gezeigt, dass das Verbot geholfen habe und es kaum noch zu Auseinandersetzungen gekommen sei. „Die klare Ansage hat gewirkt“, sagt Markl-Vieto. Deshalb habe sie auch keine Ausnahmeregelungen etwa für die Morgenstunden getroffen. Mit dem zweiten temporären Verbot wollte sie erreichen, dass sich die Gewohnheit, mit den Hunden andere Wege als die Uferwege zu nutzen, festsetzt. In der Verwaltung werde man jetzt darüber reden, ob man gegen den Widerspruch von Kläger Stefan Fuhrmann weiterhin vorgehe oder es bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts belasse.
Er freue sich jetzt auf den schönen Sommer und die schönen Spaziergänge mit seinem Hund, sagte der Gewinner des Rechtsstreits, Stefan Fuhrmann. Er gehe davon aus, dass auch bei einem Widerspruchsverfahren das Hundeverbot keinen Bestand haben werde.