Einfach fit

Von Facebook-Fanny und Porno-Paule

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Hajo Schumacher
Achim Achilles - Hajo Schumacher.

Achim Achilles - Hajo Schumacher.

Foto: Frank Johannes

Läufer sehen auf den ersten Blick alle gleich aus. Aber in den ästhetisch fragwürdigen Kunstfaserpellen verbergen sich unterschiedlichste Weltsichten.

Papageienschuhe, Strumpfhosen, irrer Blick – Läufer sehen auf den ersten Blick alle gleich aus. Aber in den ästhetisch fragwürdigen Kunstfaserpellen verbergen sich unterschiedlichste Weltsichten. Eine kleine Soziologie der Dauerlauf-Community.

Porno-Paule: Ein Typ wie der Unfall auf der Gegenfahrbahn. Man will nicht hingucken, muss aber. Paule hat sich in viel zu enge Laufleggings gezwängt. Sollen doch alle sehen, dass er noch einen zu engen Tanga drunter trägt. Was haben solche Wesen früher gemacht? Nackig Beachvolleyball oder ..., tatsächlich in Pornos mitgespielt. Die Tennissocken von damals tragen sie ja auch noch.

Facebook-Fanny: Menschen unter 30 laufen nicht zur körperlichen Ertüchtigung. Die Jugend läuft, um zu posten. Selfie vom Anziehen („Total depressiv – welche Klamotten soll ich heute nur nehmen?“), von der Strecke („Hiiilfe! Zu lang, zu steil, zu wenig Netzempfang“), vom entspannenden Smoothie hinterher („Ingwer-Stechapfel – fühl´ mich immer total crazy hinterher“). Gesamtbilanz: drei Likes von Mutti.

Furcht-Fredi: Achtung, der Wetterbericht hat tatsächlich Wetter angekündigt. Potenzielle Lebensgefahr. Könnte glatt werden. Und nass. Oder Sonne. Welche der 17 Laufjacken könnte zu unsicherer Wetterlage passen? Keine. Sofort eine neue im Internet bestellen. Leben als ewiges Risiko. Mist, jetzt ist es dunkel. Stirnlampe. Aber der Akku ist nur zu 97 Prozent voll. Gesellschaft der Angst heißt ein kluges Buch des Soziologen Heinz Bude. Fredi muss ihn inspiriert haben.

Der sprunghafte Sigi: Er betreibt nur eines konstant: den Wechsel. Verkündet jede zweite Woche mit leuchtenden Augen: „Jetzt hab’ ich’s, diesmal wirklich.“ Worum geht’s? Den perfekten Laufschuh, den perfekten Trainingsplan, den perfekten Wettbewerb und natürlich die perfekte Technik. Ein äußerst flexibler Zeitgenosse, der innerhalb von 24 Stunden über- und unterproniert – sein Sprunggelenk knickt also mal zu stark nach innen, mal nach außen. Oder mal einen total entspannten Marathon, dann plötzlich ganz schnelle fünf Kilometer will. Oder von vegan auf Dauersteak umstellt und eine Woche später wieder zurück.