Das Pedelec und seine große Schwester, das E-Bike, haben den Radweg SUVisiert. Rollende Mensch-Batterie-Packen, übermotorisiert und unterhirnt, verdrängen einen seit über 100 Jahren bewährten und lieb gewonnenen Verkehrsteilnehmer – den höflichen Radfahrer, der bereits unter Segways, Liege- und Lasträdern zu leiden hat. Dafür hat die deutsche Unfallchirurgie eine Sonderkonjunktur.
Früher hießen die Dinger „Velosolex“ und knatterten; heute flüstern sie elektrisch, dafür schneller. Der Retroradler bezieht sein Überlegenheitsgefühl aus der körperlichen Arbeit, der E-Radler verfügt nur über die geliehene Autorität des gespeicherten Braunkohlestroms, über die er bisweilen die Kontrolle verliert. Verschreckt hechten Fußgänger hinter Bushaltehäuschen und bestaunen sprachlos, wie das E-Bike die Baustellenabsperrung durchtrennt. Es ist Mai. Die E-Bike-Saison hat begonnen. Holt die Kinder rein. Legt Nagelbretter aus.
Kaum Kraft aufwenden, in der Pause im Café aber kräftig Kohlenhydrate sammeln
E-Biken ist Nordic Walking auf Rädern. Menschen ziehen auf dem Weg zur Kohlenhydratmast im Ausflugscafé nun bunte Sachen an, schnallen einen Trinkrucksack um und glauben, dass sie sich bewegten, weil das graue Resthaar im Wind fusselt.
Und es werden immer mehr. Über zwei Millionen dieser Bewegungssimulatoren sollen auf deutschen Straßen unterwegs sein. Leider ist das Verkehrswegenetz nicht mitgewachsen, die kollektive Bereitschaft zur Rücksicht schon gar nicht. So geht Konflikt.
Kaum Kraft aufwenden, in der Pause im Café aber kräftig Kohlenhydrate sammeln
Die meisten Unfälle geschehen im Mai und Juni. Logisch, da werden die Karren beim Rad-Discounter von der Palette weg verballert. Fahrprüfung? Nö. Seh- oder Hörtest? Ach was. Zurechnungsfähigkeit? Egal.
Grundsätzlich ist ja zu begrüßen, wenn bewegungseingeschränkte Menschen mobil sind. Aber vielleicht nicht gleich so fix. Und nicht ganz ohne Übung. Dieses Land hat so viel zu bieten, zum Beispiel unzählige Großparkplätze in den besten Lagen. Da lässt sich doch wunderbar üben, anstatt nach ein paar Sturzbier im Gartenlokal eine Schneise des Grauens durch fremde Vorgärten zu pflügen. Aber Rettung ist in Sicht. Google soll am selbstfahrenden Rollator arbeiten.
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