Spätkauf-Betreiber haben einen Verein gegründet – mit dem Ziel, dass die kleinen Läden auch sonntags öffnen dürfen

Berlins Spätkauf-Betreiber haben sich organisiert. Sie wollen gemeinsam dafür kämpfen, ihre kleinen Geschäfte auch sonntags und an Feiertagen öffnen zu dürfen. Der neue Verein „Berliner Spätis“ hat sich am Montagabend in einem Kreuzberger Restaurant vorgestellt. Vorsitzender ist Alper Baba, der in Berlin vier Geschäfte betreibt. „Seit März ist der Verein eingetragen“, sagt er. Mehr als 50 Mitglieder gebe es jetzt, vor allem aus Neukölln. Baba hofft, dass sich nun bis zu 150 weitere Geschäftsinhaber aus der gesamten Stadt anschließen. Noch am Montagabend verteilte der Verein Antragsformulare für die Mitgliedschaft unter den fast 100 Anwesenden. Eine junge Geschäftsfrau füllte den Antrag gleich aus. „Das ist eine tolle Aktion“, sagte sie. „Nur gemeinsam sind wir stark.“ Sie habe schon zwei Mal ein Bußgeld von je 600 Euro zahlen müssen, sagte die 26-Jährige. Nun bleibe ihr Späti an der Karl-Marx-Straße sonntags zu. „Für mein Geschäft ist es besonders schwierig, weil wir die Straßenbauarbeiten vor der Tür haben.“

Zu der Diskussion am Montagabend waren auch Landes- und Bezirkspolitiker sowie Gewerbetreibende eingeladen.

Die Bußgelder können bis zu 2500 Euro betragen

Anlass der Aktivitäten sind die verstärkten Kontrollen durch Ordnungsämter und Polizei. Späti-Betreiber, die sonntags aufmachen, müssen mit Bußgeldern rechnen. Bis zu 2500 Euro können fällig werden. Denn bislang dürfen die Läden laut Berliner Ladenöffnungsgesetz wie alle anderen Geschäfte nur von Montag bis Sonnabend öffnen. Vor allem in Neukölln werde derzeit intensiv kontrolliert, so Alper Baba. Auch er habe schon Bußgeld bezahlt. Zwei seiner zehn Angestellten habe er entlassen, weil er sonntags nicht öffnen darf, sagt der 49-Jährige.

In anderen Bezirken wie Pankow oder Friedrichshain-Kreuzberg werde nicht so rigoros vorgegangen. Stammkunden sind Anwohner aus dem Kiez, die Getränke, Süßigkeiten oder Karten für das Handy kaufen. Am Sonntag können Spätverkaufsstellen den größten Umsatz in der Woche machen. Doch erlaubt ist der Verkauf an Sonn- und Feiertagen derzeit nur den Tankstellen und Bahnhofsgeschäften. Diese Ausnahmeregelung sollte auch für die Spätverkaufsstellen gelten, fordert Alper Baba. Das Ziel des Vereins ist es, dass das Berliner Ladenöffnungsgesetz in diesem Sinne geändert wird. Wenn die Läden als „besondere Verkaufsstellen“ eingestuft werden könnten, dann dürften sie sonntags öffnen und Artikel für den touristischen Bedarf anbieten.

Unterstützung bekommen die Späti-Betreiber derzeit vor allem von den Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie haben einen Späti-Dialog angeregt. Sie fordern außerdem, dass Spätis im Ladenöffnungsgesetz definiert werden. Der Senat solle die Ausführungsbestimmungen dahingehend ändern, heißt es im Antrag, den die Fraktion im März gestellt hat. „Bedenkt man, dass sich das durchschnittliche Monatseinkommen der Inhaber auf etwa 1050 Euro beläuft, stellt der Wegfall des umsatzstärksten Wochentages einen existenzbedrohenden Einkommensverlust dar“, heißt es in der Begründung. Die CDU-Fraktion habe Interesse am Antrag gezeigt, sagte die Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger auf der Diskussion am Montagabend.

Auch eine Online-Petition fordert den Erhalt der Läden. „Rettet unsere Spätis und Berlins einmalige Kiezkultur“, heißt es bei change.org. Die Petition hat die Berlinerin Christina Jurgeit im Sommer 2015 initiiert. Fast 38.000 Unterstützer haben schon unterschrieben. Ziel sind 50.000 Unterschriften. Der Verein will eine eigene Petition starten. Man werde in die Spätverkaufsstellen gehen und Unterschriftenlisten abgeben, kündigte Alper Baba an. „Wir müssen beschließen, ob wir das noch vor der Wahl im September machen.“

Doch das Bezirksamt Neukölln sieht keinen Grund, Spätverkaufsstellen zu tolerieren. Kontrollen dienten auch dem „Konkurrenzschutz“, hatte Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf eine Anfrage der Linken geantwortet. Es sei nicht hinnehmbar, dass zuverlässige Gewerbetreibende einen erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber denen haben, die sich vorsätzlich über die gesetzlichen Vorschriften hinwegsetzen.

Auch in Treptow-Köpenick sind die Öffnungszeiten ein Thema. Ende April steht ein Antrag zu Spätverkaufsstellen auf der Tagesordnung der BVV. Wenn inhabergeführte Spätverkaufsstellen sonntags öffnen, sollte dies nach Möglichkeit toleriert werden, schlägt der Einzelverordnete René Pönitz vor. Das Ordnungsamt habe einen großen Spielraum bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, so seine Begründung.