Berlin will ein Flüchtlingsprojekt fördern. Doch deren Macher nehmen regelmäßig an der israelfeindlichen Al-Kuds-Demo teil.

Die Beschreibung klingt gut. Der „Refugee Club Impulse“ (RCI) bringe Ausländer und Einheimische zusammen, heißt es im Internet. Geflüchtete könnten ihre Ideen einbringen – etwa in Theaterprojekten oder zuletzt beim „Karneval der Geflüchteten“, dessen Teilnehmer am 20. März durch Kreuzberg zogen.

Ein ehrenwertes Projekt – fand auch die Jury der landeseigenen Gesellschaft „Kulturprojekte Berlin“. Sie arbeitet unter der Ägide der Senatsverwaltungen für Kultur und für Bildung. Das Gremium empfahl, den „Refugee Club Impulse“ mit öffentlichen Mitteln zu fördern. Es geht um 100.000 Euro.

Ob die Steuergelder im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens wirklich gut angelegt wären – daran regt sich nun Zweifel. Denn zwei Organisatorinnen des Projekts haben enge Verbindungen zu den als antisemitisch und israelfeindlich geltenden alljährlichen Al-Kuds-Demonstrationen. Maryam und Nadia Grassmann, die bei RCI ehrenamtlich als pädagogische und als künstlerische Leiterinnen wirken, sind nicht nur die Töchter von Jürgen Grassmann, der die Aufzüge in den vergangenen Jahren angemeldet hat.

Steuergeld für Antisemiten?

Sie haben auch regelmäßig daran teilgenommen. Mehr noch: Ein Foto, das der Berliner Morgenpost vorliegt, zeigt Maryam Grassmann mit einem Ohrring, auf dem gut sichtbar das Symbol der Terrororganisation Hisbollah zu sehen ist. Die schiitisch-libanesische Miliz bestreitet das Existenzrecht Israels – und ist in Deutschland seit 2008 verboten.

Steuergeld für Antisemiten? Das befürchtet das American Jewish Committee, das die Verbindungen aufgedeckt hat. Die Vereinigung fordert, die Förderung nicht zu bewilligen. „Wir sind zuversichtlich, dass der Berliner Senat nun auf Basis unserer Informationen die richtigen Schlüsse ziehen und eine Förderung jener zweifelhaften Gruppen durch öffentliche Gelder ausschließen wird“, sagte die Direktorin der Berliner Sektion des AJC, Deidre Berger. Anhänger islamistischer Gruppen könnten bei der Arbeit mit Flüchtlingen möglicherweise Stimmung gegen Israel machen. Solche Versuche dürften nicht unterstützt werden.

Die Schwestern weisen die Vorwürfe zurück

Nadia und Maryam Grassmann bemühen sich, die Vorwürfe zu zerstreuen – und ihre Rolle bei den Al-Kuds-Demos kleinzureden. Auf Anfrage der Berliner Morgenpost räumten sie zwar ein, mehrfach an Al-Kuds-Demonstrationen teilgenommen zu haben. An der Organisation seien sie aber nicht beteiligt gewesen. Zu dem Foto, auf dem sie mit den Hisbollah-Ohrringen zu sehen ist, sagt Maryam Grassmann, sie habe diese geschenkt bekommen, identifiziere sich aber nicht mit der Organisation. Sie habe sie aus „Leichtsinn“ getragen, noch mal würde sie es nicht machen.

Die Befürchtung, sie würde als pädagogische Leiterin des RCI Flüchtlinge beeinflussen, sei unbegründet. „Zwischen meiner Teilnahme an den Al-Kuds-Demonstrationen und meiner Arbeit beim RCI besteht überhaupt kein Zusammenhang“, sagte Maryam Grassmann. Ihre Schwester Nadia Grassmann äußerte sich ähnlich. Sie habe auf den Demonstrationen nur wiederholt fotografiert. „Als Hobby“, sagt Grassmann. Die mit der Förderung befassten Institutionen wurden durch die Recherchen aufgeschreckt.

Vorgang an Kulturverwaltung zur Prüfung übergeben

„Das hat uns überrascht“, sagt Manfred Nowak, der Kreisvorsitzende der AWO Mitte, die die Fördergelder für den RCI als Projektträger beantragt hatte. Antisemitische und antizionistische Vorstellungen seien mit der Haltung der AWO nicht vereinbar. Die Vorwürfe würden nun überprüft – auch arbeitsrechtlich, da die Grassmanns unabhängig von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit beim RCI auch hauptamtlich bei der AWO beschäftigt seien. Das RCI selbst sei „ein sehr wertvolles Projekt“, von dem Flüchtlinge viel profitiert hätten. Versuche der Projektorganisatoren Flüchtlinge politisch zu beeinflussen, habe es seiner Kenntnis nach nicht gegeben.

Auch die Bildungsverwaltung ist alarmiert. Denn im Beirat der Gesellschaft „Kulturprojekte Berlin“, der über die Empfehlung der Jury für die Förderungen entscheiden muss, ist neben Kulturstaatssekretär Tim Renner auch Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) vertreten.

Man habe den Vorgang zur Prüfung der Kulturverwaltung und der Geschäftsstelle der für die Förderung zuständigen landeseigenen Gesellschaft „Kulturprojekte Berlin“ übergeben. Viel Zeit für diese Prüfung bleibt nicht. Der Beirat der Gesellschaft soll über die zu fördernden Projekte am Mittwoch endgültig entscheiden.