Fast 17 Jahre nach dem Umzug von Bundesregierung und Bundestag nach Berlin sind zwischen der Hauptstadt und dem zweiten Regierungssitz Bonn mehr Beamte unterwegs als in früheren Jahren. Für 2016 gehen die Ministerien von 22.281 Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin aus. Das wären 3500 oder 18,7 Prozent mehr als im letzten Teilungskostenbericht für das Jahr 2014 angegeben worden waren.
Die Kosten für den „Beamtenshuttle“ stiegen um neun Prozent auf 4,7 Millionen Euro, davon 2,7 Millionen Euro für Flüge. Insgesamt seien die Kosten des geteilten Regierungssitzes aber leicht zurückgegangen. Laut Bericht des Bundesfinanzministeriums liegen sie bei 7,47 Millionen Euro und damit unterhalb der zehn Millionen Euro, die der Bundesrechnungshof 2002 errechnet hatte.
Der Grund für die starke Zunahme bleibt im Vagen
Nach dem sogenannten Hauptstadtbeschluss von 1991 wurde 1994 das Berlin-Bonn-Gesetz beschlossen, das eine Arbeitsteilung zwischen beiden Städten und eine Kompensation Bonns für den Verlust der Regierungsfunktionen festlegt. Seitdem haben zehn Bundesministerien inklusive des Kanzleramts ihren ersten Dienstsitz in Berlin, sieben Ressorts residieren offiziell in Bonn.
Warum die Zahl der Dienstreisen so stark ansteigt, kann der Bericht nicht wirklich erklären. Die Rede ist von „verschiedenen Gesetzgebungsverfahren“, die eine „erhöhte Präsenz“ von Mitarbeitern aus Bonn in Berlin erforderten. Zudem werden „organisatorische Veränderungen in den Ministerien“ als Grund angegeben. Das Verteidigungsministerium, das mit 4200 die meisten teilungsbedingten Dienstreisen meldet, verweist dem Bericht zufolge auf die Neuausrichtung der Bundeswehr und „Herausforderungen“ im Rahmen der Flüchtlingshilfe.
63 Prozent der Ministerialbeschäftigten arbeiten in der Hauptstadt
Das Finanzministerium macht deutlich, wie stark sich die Arbeit in den Ministerien an den Ort der politischen Entscheidungen verlagert hat. Zuletzt zog Innenminister Thomas de Maizière im Sommer 2015 wesentliche Abteilungen wie Sport, Krisenmanagement sowie Integration und Migration an ihren neuen Dienstsitz am Spreeufer.
So arbeiten jetzt in den Ministerien mit Sitz in Berlin 8834 Beschäftigte in der Hauptstadt und 2584 in den Außenstellen in Bonn. In den Ressorts mit Sitz am Rhein sind 3936 Beschäftigte in Bonn tätig, 2619 in Berlin. Die Mitarbeiterzahl in Berlin hat gegenüber 2013 um 1000 zugenommen, in Bonn schrumpfte die Belegschaft des Bundes um 500. Der Rutschbahneffekt ist deutlich zu erkennen. Inzwischen arbeiten 63 Prozent der Ministerialen in der Hauptstadt, 2012 waren es 55 und 2004 nur 45 Prozent.
Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner sieht in dem doppelten Regierungssitz einen „unnötigen Luxus“. Vom Arbeitskreis zum Berlin-Bonn-Gesetz erwarte er im Sommer konkrete Vorschläge, wie der Komplettumzug aller Ministerien realisiert werden könne, sagte Wegner.