Etwas mehr als ein Prozent des gesamten Jahres. So viel Zeit verbringen Berliner Autofahrer durchschnittlich im Stau. Wegen verstopfter Straßen verlängerte sich 2015 jede Autofahrt um durchschnittlich 28 Prozent, verglichen mit der benötigten Zeit bei freier Strecke. Eine Autofahrt von einer Stunde etwa dauerte wegen Staus fast 17 Minuten länger.
105 Stunden Stau kommen so jährlich pro Autofahrer zusammen, fast viereinhalb Tage – oder eben einen Prozent des gesamten Jahres. Das ist das Ergebnis des Verkehrsindexes des Navigationsgeräteherstellers TomTom, der am Montag vorgestellt wurde. Im deutschlandweiten Vergleich belegt Berlin demnach Platz fünf von zehn Städten beziehungsweise Regionen. Im Vergleich zu 2014 konnte sich Berlin im Ranking um einen Platz verbessern.
200.000 Berufstätige, die mit dem Auto nach Berlin einfahren
Berlin steht also noch vergleichsweise gut da. Berlin ist die Stadt mit dem geringsten Autoanteil am Verkehr, dieser geht kontinuierlich zurück und wurde 2015 auf nur noch 30 Prozent beziffert. Doch Berlin wächst, dadurch steigt auch die absolute Zahl an Pkw. Und immer mehr Bewohner lassen sich außerhalb der Innenstadt oder im Umland nieder, was zu zunehmendem Pendelverkehr – und Staus – führt.
So sind es jeden Tag rund 200.000 Berufstätige, die mit dem Auto nach Berlin einfahren, ein Großteil davon aus Brandenburg. Der Autoclub ADAC Berlin fordert deshalb, dass rund um die Innenstadt mehr Park-and-Ride-Anlagen (P&R) an Bahnhöfen entstehen. „Autofahrer müssen ermutigt werden, mit ihrem Auto gar nicht erst in die Innenstadt zu fahren, sondern außerhalb zu parken und den Zug zu nehmen“, sagt ADAC-Experte Klaus-Ulrich Hähle. Auf Berliner Stadtgebiet gibt es derzeit etwas mehr als 5000 Stellplätze – laut ADAC deutlich zu wenig.
Doch Berlin hat sich aus der Förderung verabschiedet, P&R sei zu teuer, zu uneffektiv. Zudem nehmen P&R-Plätze laut Verkehrsverwaltung „hochwertige Flächen in unmittelbarer Nähe an S-Bahnhöfen“ in Anspruch. Sie sollen einer wirtschaftlichen effizienteren Nutzung vorbehalten werden. Berlin wäre es lieber, wenn Pendler ihr Auto schon in Brandenburg abstellen. An dortigen P&R-Projekten beteiligen möchte man sich aber nicht.
Es staut sich immer zu denselben Zeiten
Mehr Initiative zeigt Berlin beim ebenfalls vom ADAC geforderten Ausbau von Bike-and-Ride-Anlagen. Am Bahnhof Pankow gibt es neuerdings 300 neue Abstellplätze für Fahrräder, sie können auf zwei Etagen in sogenannten Doppelstockparkern abgestellt werden. Vier weitere Anlagen sollen in Kooperation mit der S-Bahn an den Bahnhöfen Bellevue, Karlshorst, Kaulsdorf und Mehrower Allee entstehen. Auch Fahrradparkhäuser sind geplant.
Eine andere Möglichkeit zur Vermeidung von Staus sehen Experten in der besseren Planung der täglichen Fahrten. Zu den größten Stoßzeiten kommt es unter der Woche morgens jeweils zwischen 8 und 9 Uhr beziehungsweise nach Feierabend zwischen 16 und 17 Uhr. „Es ist auffällig, dass in Berlin immer zu denselben Zeiten Verkehrsbehinderungen herrschen“, sagt Verkehrsexperte Thomas Hüffer von TomTom.
Je nach Möglichkeit solle versucht werden, zu diesen Zeiten nicht mit dem Auto zu fahren. Auch sei es sinnvoll, sich vorab über Staus zu informieren. In Berlin ist dies etwa auf der Seite der Verkehrsinformationszentrale möglich.
Weiter sollten laut TomTom die „notorischen Staustellen“ gemieden werden. In Berlin gehört dazu der Kreuzungsbereich um Mollstraße, Prenzlauer Allee und Otto-Braun-Straße, die Grunerstraße/Ecke Mühlendamm sowie weite Teile der Stadtautobahn A100. Generell sei es in Berlin dank des großen innerstädtischen Straßennetzes möglich, auf dem Weg zur Arbeit alternative Routen zu finden.