Das Angebot an preiswerten Wohnungen ist im vergangenen Jahr erheblich geschrumpft. Nahezu flächendeckend werden in Berlin bei Neuvermietungen mehr als sieben Euro je Quadratmeter verlangt. Der Mittelwert der im Jahr 2015 angebotenen Mieten in der Hauptstadt betrug 8,80 Euro. Lediglich in den beiden Stadtrandbezirken Marzahn-Hellersdorf und Spandau ist noch ein nennenswertes Angebot an Wohnungen mit Kaltmieten unter sechs Euro zu finden.
Das geht aus dem IBB-Wohnungsmarktbericht hervor, den Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Freitag vorgestellt hat. Neben dem starken Bevölkerungswachstum macht der Senator auch die zunehmende Spekulation mit Immobilien für die erneut stark gestiegenen Mieten verantwortlich.
„Gegen Wohnungsknappheit hilft nur Wohnungsbau – und der wird erschwert, wenn Baulanderwerber nicht bauen, sondern auf höheren Wiederverkaufswert spekulieren“, so Geisel. Als Beispiel führte er ein Grundstück an der Wartenbergstraße in Hohenschönhausen an, das zu DDR-Zeiten mit einem Wohnheim für vietnamesische Gastarbeiter bebaut war. „Seit Mitte der 90er-Jahre steht das Heim leer und gammelt vor sich hin, obwohl es dort ein Baurecht für rund 500 Wohnungen gibt“, so der Senator. Doch das einzige, was sich dort verändere, seien die Besitzverhältnisse. „Und die neuen Eigentümer beschäftigen dann mit immer neuen Plänen die bezirklichen Stadtplanungsämter.“
Ein ähnliches Schicksal teile auch die ehemalige Kinderklinik an der Hansastraße in Weißensee. „Das Areal hat zuletzt ein russischer Investor gekauft, aber nie den gesamten Kaufpreis überwiesen“, berichtete Geisel. Und die Rückabwicklung des gescheiterten Deals nehme enorme Zeit in Anspruch.
Trotz aller Schwierigkeiten sei das Wohnungsbauprogramm der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften inzwischen in Fahrt gekommen. „Wir errichten jedes Jahr 6000 Wohnungen, ein Drittel davon zu Mieten von 6,50 Euro“, sagte der Stadtentwicklungssenator. Allerdings geschehe dies derzeit überwiegend noch auf den landeseigenen Flächen. „Wenn wir in einigen Jahren Grundstücke auf dem freien Markt zukaufen müssen, wird das angesichts der Marktlage schwierig und teuer“, prophezeite Geisel.
Nachbesserungen bei der Mietpreisbremse gefordert
Angesichts der Spekulationswelle fordert der Berliner Mieterverein „drastische Maßnahmen gegen die Spekulation mit Baugenehmigungen und Grundstücken, zum Beispiel mit Hilfe von Baugeboten“, so der Geschäftsführer Reiner Wild.
Vor dem Hintergrund weiter stark gestiegener Mieten fordere der Mieterverein den Senat zudem auf, sich mit einer Bundesratsinitiative für die Nachbesserung des Gesetzes zur Mietpreisbremse einzusetzen. Diese biete Vermietern zu viele Schlupflöcher. Gleichzeitig habe sich auch der Anteil der Mietwohnungen durch Umwandlung in Eigentumswohnung erheblich verringert. Knapp 28.000 Wohnungen wurden von 2012 bis 2014 zu Eigentumswohnungen, von denen die meisten dem Mietwohnungsmarkt nicht mehr zur Verfügung stünden. Der Bericht 2015 habe auch gezeigt, dass inzwischen landesweit mehr Eigentumswohnungen als Mietwohnungen angeboten werden.
Seit März 2015 gebe es für die Bezirke zudem die Möglichkeit, in Milieuschutzgebieten die Umwandlung in Eigentum zu untersagen. „Wir appellieren an die Bezirke, den Wohnungsbestand systematisch auf neue Verdachtsgebiete zu untersuchen und mehr soziale Erhaltungsverordnungen zu erlassen“, so Wild. Viele Menschen lebten inzwischen in prekären Wohnverhältnissen. „Geschiedene können sich räumlich nicht trennen, Kinder nicht ausziehen“, sagte der Mietervertreter.
„Dem Senat gelingt es nicht, die voranschreitende soziale Spaltung der Stadt zu stoppen“, kritisierte auch Katrin Schmidberger, mietenpolitische Sprecherin der Grünen. Die Preisspanne zwischen den Bezirken gehe immer weiter auseinander. Zwar werde in Berlin immer mehr gebaut, der Neubau gehe aber oft am Bedarf vorbei. Gerade im preiswerten Segment gingen immer noch mehr Wohnungen verloren als neue gebaut werden. „Berlin braucht keine hochpreisigen Eigentumswohnungen, sondern bezahlbare Mietwohnungen“, so die Politikerin.
Legende zu den Infografiken
Charlottenburg-Wilmersdorf
Charlottenburg-Wilmersdorf ist seit Jahren ein gefragter Wohnort. Das hat dazu geführt, dass in jüngster Vergangenheit zahlreiche Baulücken, aber auch Kleingärten bebaut und schlichte Nachkriegsbauten durch hochwertige Neubauten ersetzt wurden. Besonders teuer sind die angebotenen Wohnungen mit durchschnittlich elf Euro je Quadratmeter und mehr (nettokalt) in Grunewald-Nähe und in den zentralen City-West-Lagen. Bis auf wenige Ausnahmen liegen die Angebotsmieten im Bezirk laut IBB-Bericht sonst bei neun Euro und darüber. Lediglich in Charlottenburg-Nord gibt es mehrere Quartiere, in denen Mieten unter acht Euro angeboten werden. An der Schlangenbader Straße (Wilmersdorf) finden sich auch noch Mieten unter sieben Euro.
Friedrichshain-Kreuzberg
Die einstigen Arbeiterquartiere aus der Gründerzeit in Friedrichshain-Kreuzberg haben „sich zu attraktiven und urbanen Quartieren für die Mittelschicht entwickelt“, heißt es in dem IBB-Report. An solchen Standorten sei eine erhebliche Veränderung der Einwohnerstrukturen zu verzeichnen. Immer noch allerdings liegen die Haushaltseinkommen mit monatlich durchschnittlich 2122 Euro acht Prozent unter dem Berliner Durchschnitt. Dabei ist der Bezirk im gesamtstädtischen Vergleich mittlerweile ein teurer Mietenmarkt. Beidseitig der Spree werden Wohnungen zu Mieten oberhalb von zehn Euro je Quadratmeter (kalt) angeboten. Vergleichsweise preiswerte Mieten finden sich um den Wassertorplatz (7–8 Euro/m2) und im nördlichen Friedrichshain.
Lichtenberg
Bedingt durch die gute Anbindung vor allem an die Szenekieze von Friedrichshain wird Lichtenberg „zunehmend als Alternative bei der innenstadtnahen Wohnungssuche wahrgenommen“, schreiben die Verfasser des IBB-Wohnungsmarktberichts. Neben den von Plattenbauten geprägten Ortsteilen Friedrichsfelde und Hohenschönhausen gibt es auch große Wohngebiete, die bereits zur Kaiserzeit errichtet wurden, sowie die Neubaugebiete an der Rummelsburger Bucht. Angebotsmieten unter sieben Euro je Quadratmeter (kalt) finden sich aktuell noch in Neu-Hohenschönhausen sowie um die Sewanstraße und Hohenschönhauser Straße. Mit mehr als zehn Euro ist die Rummelsburger Bucht die teuerste Wohnlage im Bezirk.
Marzahn-Hellersdorf
Die Großwohnsiedlungen in Plattenbauweise erstrecken sich über den gesamten Norden des Bezirks. „In den 90er-Jahren verzeichneten diese zunächst massive Einwohnerverluste“, heißt es im IBB-Report. Doch nach umfangreichen Sanierungs-, Umbau- und Abriss-Programmen ist Leerstand mittlerweile kein Problem mehr für die Wohnungsbaugesellschaften. Dennoch ist das Mietniveau im gesamtstädtischen Vergleich noch niedrig. In den Großwohnsiedlungen des Bezirks werden Wohnungen zu Mieten von unter sieben Euro angeboten, in den Bereichen Wuhletal- straße, Marzahner Promenade und Havemannstraße (Marzahn), beziehungsweise um die Adele-Sandrock-Straße und in den Kaulsdorfer Großsiedlungen, für unter sechs Euro.
Mitte
Der Bezirk Mitte verzeichnete in den vergangenen zehn Jahren den stärksten Einwohnerzuwachs aller Berliner Bezirke (plus zwölf Prozent). Geprägt ist der Innenstadtbezirk durch seine sehr verschiedenen Wohngebiete, in denen luxuriöse Neubauten und aufwendig sanierte Altbauten teils unmittelbar an Kieze mit einfacher Wohnstruktur grenzen. Das hat Auswirkungen auf die Mieten, die in den unterschiedlichen Ortsteilen verlangt werden. Höchstwerte von mehr als elf Euro dominieren fast den gesamten Altbezirk Mitte und am Landwehrkanal, während in Wedding nahezu auf der gesamten Fläche Mieten von acht bis neun Euro je Quadratmeter (nettokalt) verlangt werden, in Moabit, vor allem entlang der Spree, zum Teil noch etwas mehr.
Neukölln
Insbesondere der innerhalb des S-Bahnringes gelegene Ortsteil Neukölln, mit seinen gründerzeitlichen Quartieren, hat sich in den vergangenen Jahren zum Trend- und Szenekiez entwickelt. Entsprechend verzeichnet das Gebiet hohe Zuzugszahlen und steigende Mieten. Im Norden Neuköllns werden Wohnungen nahezu flächendeckend für durchschnittlich neun Euro angeboten, in besonders beliebten Lagen „Kreuzköllns“ (Schillerkiez, Donaustraße, Körnerpark) sogar im Durchschnitt über zehn Euro. In Richtung Süden sinken die Durchschnittsmieten, im Gebiet Parchimer Allee und Buschkrugallee liegen sie zwischen acht und neun Euro, in den Siedlungen in Stadtrandnähe, wie Buckow und Gropius-stadt, werden meist weniger als sieben Euro verlangt.
Pankow
Pankow gliedert sich in einen südlichen Teil, der überwiegend durch gründerzeitliche Altbauten im Altbezirk Prenzlauer Berg geprägt ist, und einen nördlichen Siedlungsbereich, in dem nach dem Fall der Mauer zahlreiche Einfamilienhäuser, aber auch in großem Umfang Mietwohnungen (Karow-Nord), entstanden sind. Entsprechend groß ist die Bandbreite der Angebotsmieten: In den zentrumsnahen Gebieten von Prenzlauer Berg werden im Durchschnitt zehn und zum Teil sogar elf Euro und mehr erreicht. In Karow-Nord und an der Greifswalder Straße liegen die Mittelwerte dagegen unter sieben Euro pro Quadratmeter (kalt). In Weißensee und Niederschönhausen dagegen werden überwiegend Mieten zwischen acht und neun Euro verlangt.
Reinickendorf
Die Einwohnerentwicklung in Reinickendorf ist mit 3,6 Prozent seit 2005 zwar positiv, liegt aber weit unter dem Berliner Durchschnitt (6,7 Prozent). Relativ moderat fallen dann auch die Mieten aus, die verlangt werden. Es gibt – „trotz der großen Bandbreite an Bebauungsstrukturen“, wie es im IBB-Wohnungsmarktbericht heißt – nur moderate Unterschiede in den Mietangeboten. Vor allem in einigen Gebieten mit Nachkriegsbauten der 1950er-Jahre und im Märkischen Viertel werden im Durchschnitt weniger als sieben Euro je Quadratmeter verlangt. In den zentralen Lagen dominieren Mieten zwischen sieben und acht Euro. Und selbst in gehobenen Lagen wie Frohnau, Hermsdorf oder Alt-Tegel übersteigen die Mieten meist nicht den Mittelwert von neun Euro.
Spandau
Mit rund 230.000 Einwohnern ist Spandau der kleinste der Berliner Bezirke und hat auch die wenigsten Haushalte. Neben der historischen Altstadt bestimmen vor allem Nachkriegsbauten, Großsiedlungen und Einfamilienhausgebiete den Bezirk. Spandau zeigt bei der Auswertung der Angebotsmieten laut IBB-Wohnungsmarktbericht ein zweigeteiltes Bild. In der nördlichen Hälfte dominieren demnach vergleichsweise günstige Mieten von sieben bis maximal acht Euro je Quadratmeter und Monat nettokalt. In den Großwohnsiedlungen Falkenhagener Feld und an der Heerstraße wird auch noch unter sieben Euro verlangt. In den mittleren bis guten Wohnlagen von Gatow und Kladow liegen die Mieten im Durchschnitt zwischen acht und neun Euro.
Steglitz-Zehlendorf
In Steglitz-Zehlendorf finden sich mit durchschnittlich 85 Quadratmetern stadtweit die größten Wohnungen. In keinem anderen Bezirk stehen rechnerisch pro Kopf mehr Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung (44 Quadratmeter). Nach Angaben des IBB-Wohnungsmarktberichtes verzeichnet Dahlem mit durchschnittlich elf Euro und mehr je Quadratmeter und Monat die höchsten Angebotsmieten. Im Bereich Thielallee und Schweizer Viertel liegen die Preise oberhalb von zehn Euro. In Nikolassee und Wannsee sowie um die Steglitzer Schloßstraße herum werden neun Euro und mehr verlangt. Niedrigere Mieten verzeichnen die östlichen Bezirksteile. In Lankwitz liegen sie meist unter acht Euro, in der Thermometer-Siedlung unter sieben Euro.
Tempelhof-Schöneberg
Tempelhof-Schöneberg hat in den vergangenen zehn Jahren das geringste Einwohnerwachstum aller Berliner Bezirke verzeichnet (+2,4 Prozent). Dennoch finden sich hier Mieten, die zu den teuersten der Stadt zählen. So werden Angebotsmieten von elf Euro je Quadratmeter und Monat (kalt) rund um den Wittenberg- und den Viktoria-Luise-Platz verlangt. Und in den Wohngegenden um den Barbarossa- und Kaiser-Wilhelm-Platz werden mehr als zehn Euro aufgerufen. Nach Angaben des Wohnmarktreports überwiegen insgesamt Mittelwerte von neun Euro und mehr. Tempelhof zeigt mit Preisen mehrheitlich unter neun Euro ein etwas niedrigeres Niveau. In Mariendorf liegen die Mittelwerte meist unter acht Euro, weiter südlich zum Teil noch niedriger.
Treptow-Köpenick
Treptow-Köpenick, flächenmäßig der größte Berliner Bezirk, besteht zu mehr als der Hälfte aus Grün- und Wasserflächen. Aufgrund der zweitniedrigsten Einwohnerzahl ist er auch der am dünnsten besiedelte Bezirk (1481 Personen/km2). Nach Angaben des IBB-Reports sind Mieten oberhalb von neun Euro je Quadratmeter (kalt) selten. Sie finden sich vor allem in direkter Nachbarschaft zu den gefragten Wohngegenden von „Kreuzkölln“ und auch in Grünau. Baumschulenweg, Johannisthal und Plänterwald weisen Mittelwerte zwischen acht und zehn Euro aus. In zentralen Köpenicker Lagen (Altstadt, Köllnische Vorstadt) werden sieben bis acht Euro, entlang der Spree in Oberschöneweide, Spindlersfeld, Allende-Viertel und Hirschgarten unter sieben Euro verlangt.