Es war eine schwere Geburt. Aber schließlich haben die Senatoren von SPD und CDU den Eindruck der Handlungsunfähigkeit vermieden und sich auf zunächst mehr als 60 Standorte für neue Flüchtlingsunterkünfte verständigt. Die Verhandlungen der Koalitionäre liefen bis kurz vor der gemeinsamen Pressekonferenz der Senatoren Matthias Kollatz-Ahnen (SPD, Finanzen) und Mario Czaja (CDU, Soziales). Im Laufe des Tages gingen mehr Rückmeldungen aus den Bezirken ein, sodass am Abend eine Liste mit 69 Standorten verteilt wurde.
Die Senatoren haben sich untereinander und mit den Bezirken auf 26 Grundstücke für neue Containerdörfer geeinigt. Die ersten Unterkünfte könnten nun bis Mai beschafft und bis Juni aufgestellt werden, sagte Kollatz-Ahnen. Er zeigte sich optimistisch, dass auch zur Zielzahl 30 Containerdörfer für zunächst jeweils 500 Menschen schnell Einigkeit zu erzielen sei.
Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) hat bereits die Ausschreibungen auf den Weg gebracht, nachdem sich der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vergangene Woche schon mal auf 17 Standorte verständigt hatte. Nun sollen noch in diesem Jahr 15.000 Flüchtlinge in Container ziehen. Die Hoffnung ist, dass dann auch die derzeit noch mit 10.000 Menschen belegten 47 Sporthallen freigemacht werden können.
Modulare Unterkünfte sollen bis zu 60 Jahre stehen bleiben
Das zweite Konzept für neue Wohnhäuser war zwischen SPD und CDU umstrittener als die flexibel wieder abbaubaren Wohncontainer. Die Modularen Flüchtlingsunterkünfte, kurz MUFs genannt, sollen bis zu 60 Jahre stehen bleiben und nach einem Auszug der Flüchtlinge auch für andere einkommensschwache Bürger oder für Studenten genutzt werden.
Einige in der CDU wollten lieber Container aufstellen als mit den ebenfalls für bis zu 500 Menschen geplanten Modularbauten dauerhaft stadtentwicklungspolitische Weichen zu stellen.
Schließlich setzte sich hier die SPD durch. Der Senat einigte sich auf genau jene Liste mit 26 Standorten, die Finanzsenator Kollatz-Ahnen schon vergangene Woche vorgelegt hatte. Vier weitere Grundstücke meldeten die Bezirke bis zum Abend. Hinzu kommen zwölf weitere Modularbauten, die die städtischen Wohnungsgesellschaften bauen sollen. Bis die MUFs bezogen werden können, wird es nach Schätzungen der Finanzverwaltung 48 Wochen dauern. Insgesamt sollen die bisher festgelegten Modularbauten bis zu 19.000 Menschen aufnehmen.
Bisherige Leistungen bei Unterbringung berücksichtigt
Die CDU kann sich zugutehalten, dass sie Kriterien für eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge auf die Bezirke durchgesetzt hat und außerdem erreichte, dass Sozialsenator Czaja auch offiziell an dem Verfahren beteiligt wurde. Dem Vernehmen nach waren diese Zuständigkeitsfragen die wichtigsten Streitpunkte in der Senatssitzung. Am Morgen hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit Czaja, Innensenator Frank Henkel (CDU) und seinem Senatskanzleichef Björn Böhning auf eine Einigung gedrängt.
Jeder Bezirk soll nun mindestens fünf und höchstens neun der neuen Containerdörfer oder Modularbauten aufnehmen. Einige Bezirke haben die erforderliche Zahl von Grundstücken gemeldet. Voran gehen Pankow und Lichtenberg mit jeweils neun. Noch nicht genügend Standorte angeboten haben bisher die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf (4), Friedrichshain-Kreuzberg (4), Mitte (3), und Tempelhof-Schöneberg (2).
Kollatz-Ahnen und Czaja betonten, bei der Verteilung die bisherigen Leistungen der Bezirke zu berücksichten. Manche von ihnen beherbergen bereits mehr als 5000, andere nur knapp über 1000 Asylsuchende. Es wird nun damit gerechnet, dass neue Unterkünfte zunächst in Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf entstehen, die bisher vergleichsweise wenige Asylbewerber aufgenommen haben.
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