Verkehr

Berlins Wasserautobahn bleibt einspurig

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Helga Labenski

Foto: Christian Hahn

Für den Ausbau von Havel und Spree beginnt ein weiteres Mal das Planfeststellungsverfahren. Das umkämpfte Projekt soll umweltschonender werden

Der Ausbau von Havel und Spree für große Güterschiffe im Zuge des Verkehrsprojekts 17 Deutsche Einheit (VDE17) soll ökologischer geschehen als zuletzt geplant. Nach Angaben des Wasserstraßen-Neubauamtes (WNA) Berlin wurden die ohnehin erheblich reduzierten Ausbaupläne für die sogenannte Nordtrasse zum Westhafen zwischen dem Pichelsdorfer Gmünd und der Schleuse Charlottenburg nochmals nachgebessert.

Noch im Februar soll der Antrag auf Einleitung eines neuen Planfeststellungsverfahrens bei der zuständigen Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn eingereicht werden, kündigte WNA-Chef Rolf Dietrich der Berliner Morgenpost an. Das erste Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der Spree war 2010 nach massiven Protesten von Landespolitikern und Naturschützern gestoppt worden.

Für Fische und Amphibien entstehen neue Flachwasserzonen

Nun werden die Planverfahren für die Spree und den kanalisierten Teil der Unterhavel zusammengefasst. Die Havel zwischen Pichelsdorf und der südlichen Stadtgrenze bleibt unangetastet. Das Flussbett soll auf der Nordtrasse nicht wie ursprünglich gedacht auf vier, sondern auf 3,50 Meter Tiefe ausgebaggert werden.

Auf die ursprünglich geplante Verbreiterung der Wasserstraße auf 55 Meter wird verzichtet. Weil Großmotorschiffe und 185 Meter lange Schubverbände so nicht aneinander vorbeikommen, werden vier Wartestellen eingerichtet, an denen die Güterschiffe den Gegenverkehr passieren lassen können.

Auf Drängen der Naturschutzverbände wird die Wasser- und Schifffahrtsdirektion mehr Uferbereiche der durchweg mit Spundwänden eingeengten Flussabschnitte ökologisch aufwerten. Auf etwa der Hälfte der rund sechs Kilometer, auf denen marode Uferbefestigungen erneuert und Spundwände vertieft werden müssen, soll es Flachwasserzonen für Fische und Amphibien geben. Allein entlang der Spree sollten für den Ausbau nach alter Planung mehr als 1000 Bäume fallen. „Nun werden es nur noch 89 sein“, kündigte Rolf Dietrich an.

Die Landzunge „Spandauer Horn“ muss fast komplett abgetragen werden

Ein massiver Eingriff ist aber weiterhin an der Mündung der Spree in die Havel nahe der Spandauer Altstadt vorgesehen. Größere Frachter können, von Süden kommend, in die Haarnadelkurve nicht einbiegen. Von Norden her müssten selbst kleinere Schiffe nach Passieren der Spandauer Schleuse bis zum Wannsee fahren, um zu wenden. Die Landzunge „Spandauer Horn“ wird deshalb mit 3000 Quadratmetern nahezu komplett abgetragen.

Allerdings verspricht das Wasserstraßen-Neubauamt, dort nun eine Baumreihe stehen zu lassen, die den Blick vom Spandauer Lindenufer auf die gegenüberliegenden Gewerbebauten auch künftig verdecken soll. Naturschutzverbände, die in der Initiative „Stoppt den Havelausbau!“ das Großprojekt jahrelang entschieden bekämpft hatten, sehen in der kleinen Variante ihre Erwartungen als übertroffen an.

Die Umbauarbeiten sind frühestens im Jahr 2021 beendet

Nach derzeitigem Stand soll das Planfeststellungsverfahren für die Berliner Nordtrasse 2018 abgeschlossen sein. Neubauamtschef Dietrich rechnet danach mit einer Bauzeit von „mindestens drei Jahren“. Die Kosten für das Projekt beziffert seine Behörde auf nunmehr 48 Millionen Euro, elf Millionen davon für die Auflockerung der kanalartigen Uferbereiche mit Flachwasserzonen.

Nach den ursprünglichen Planungen sollte der zweispurige Flussausbau auf der Nordroute zum Westhafen mit rund 100 Millionen Euro mehr als das Doppelte kosten. Zuvor waren aber bereits für 120 Millionen Euro der Westhafenkanal ausgebaut und die Charlottenburger Schleuse in der Spree erneuert worden.

Der Ausbau der Wasserstraße soll unter anderem den Westhafen aufwerten

Das Verkehrsprojekt 17 Deutsche Einheit sah ursprünglich vor, die Wasserstraßen zwischen Hannover und Berlin durchgängig für den Begegnungsverkehr großer Güterschiffe auszubauen. Die Planung geht auf das Jahr 1992 zurück. Weil die auf dem Wasser transportierten Gütermengen gerade in Ostdeutschland aber zurückgingen, nahm der Bund 2009 Abstand von vielen Teilprojekten. Landespolitiker und Umweltverbände hatten gegen die auf 2,3 Milliarden Euro veranschlagte „Wasserautobahn“ massiv protestiert.

Das Berliner Abgeordnetenhaus lehnte 2008 per Beschluss den Havelausbau in der ursprünglichen Dimension ab. Einen stadt- und umweltverträglichen Ausbau der Wasserstraßen aber hält der Berliner Senat weiterhin für erforderlich, um den Westhafen wirtschaftlich zu stärken. Er hat deshalb die kleine Variante der Nordtrasse als „notwendige Maßnahme“ bereits beim Bund angemeldet. Die Berliner Südtrasse über den Teltowkanal ist mit der Aufgabe des Osthafens längst zu den Akten gelegt.