Einer der Raser vom Kudamm hatte seinen Führerschein erst seit 2014. Debatte um Blitzer

Einen Tag nach dem illegalen Autorennen mit tödlichem Ausgang auf dem Tauentzien werden Forderungen nach Konsequenzen laut. Während die Polizei weiter die genauen Umstände des Unfalls ermittelt, bei dem ein 69 Jahre alter Unbeteiligter ums Leben kam, wurde am Dienstag heftig darüber diskutiert, wie sich solche Rennen verhindern lassen.

„Illegale Autorennen sind auf dem Tauentzien und dem Kurfürstendamm seit Langem bekannt“, kritisierte Heinrich Strößenreuther von der Initiative Volksentscheid Fahrrad. Strößenreuther rief am Dienstag zu einem Sit-in an der Unfallstelle auf. Ab 18.35 Uhr blockierten rund 30 Radfahrer den Tauentzien, Ecke Nürnberger Straße um für mehr Schutz gegen die Gefahren des Autoverkehrs zu demonstrieren. „Innensenator Frank Henkel, Verkehrssenator Andreas Geisel und Polizeipräsident Klaus Kandt schauen offenbar tatenlos zu“, sagte Strößenreuther. Er forderte Radarkontrollen, denn sie könnten solche Rennen verhindern, weil sie abschreckten und so Täter erfasst werden könnten. Gleichzeitig verlangte er eine konsequente Strafverfolgung, um weitere Opfer zu verhindern. „Das war kein Unfall, das war Totschlag. Es hätte jeden treffen können.“

Den Fahrern droht eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Die beiden Raser im Alter von 26 und 24 Jahren hatten nach dem folgenschweren Unfall in der Nacht zu Montag noch selbst aus ihren Fahrzeugen aussteigen können. Gutachter müssen laut Polizei jetzt klären, wie schnell die beiden mit ihren Fahrzeugen, ein Mercedes AMG und ein Audi A6, wirklich unterwegs waren. Beide Autos waren jeweils auf die Fahrer zugelassen. Zudem befragt die Polizei mehrere Zeugen. „Wir müssen vor allem prüfen, ob ihre Aussagen schlüssig sind“, sagte ein Polizeisprecher. Es würden auch Aussagen von Zeugen geprüft, wonach die beiden Raser sich mit ihren Autos bereits vor dem Unfall an der Tauentzienstraße in anderen Straßenzügen ein Wettrennen geliefert haben sollen. Wo genau und welche Fahrtstrecke sie genommen haben, konnte er am Abend noch nicht definitiv sagen. Den beiden Rasern droht jetzt eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung.

Man müsse über vieles diskutieren, meinte auch Innensenator Frank Henkel (CDU). Etwa über eine Verschärfung des Rechts und einen konsequenteren Entzug des Führerscheins, sagte Henkel am Dienstag. „Einer der Täter hat seinen Führerschein erst seit 2014. Hier muss man sich schon die Frage stellen, ob man mit solch wenigen Erfahrungen so eine obertourige PS-Schleuder überhaupt führen darf.“ Daher sei er „sehr dafür, dass man über PS-Obergrenzen diskutiert“, so Henkel.

Zu Blitzgeräten gegen Raser sagte er, man könne über vieles reden, aber bitte „grundsätzlicher als: bepflastern wir jetzt die ganze Stadt mit Blitzern“. Raser wichen dann einfach auf andere Straßen aus. Die Polizei habe bereits den Druck rund um den Adenauerplatz am Kudamm verstärkt. Den Unfall habe es trotzdem gegeben. „Hier musste ein Mensch sterben, weil ein paar Idioten ihr Testosteron nicht im Griff haben“, so der Innensenator.

Die Grünen im Abgeordnetenhaus zeigen sich verwundert über Henkels Haltung zu stationären Blitzern. „Wir wollen Rotlicht- und Geschwindigkeitsblitzer dort aufstellen, wo es zu schweren oder sehr vielen Unfällen durch Autoraser gekommen ist“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Harald Moritz der Berliner Morgenpost.

SPD und CDU sähen allerdings keinen Handlungsbedarf. „Im Juni hat Rot-Schwarz im Innenausschuss gegen unseren entsprechenden Antrag gestimmt“, sagte Moritz. Kostengründe könnten nicht gegen zusätzliche Blitzer sprechen, da die Anschaffungskosten sich schon nach kurzer Zeit amortisierten. Die Unterhaltungskosten für die 14 stationären Blitzer belaufen sich jährlich auf rund 136.940 Euro. Dem gegenüber standen 2014 Einnahmen von 4,7 Millionen Euro.

Im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf ist das Problem mit den Rasern auf dem Kudamm seit Langem bekannt. Wer in der Innenstadt wohne und dort als Fußgänger unterwegs sei, kenne das Problem der aufheulenden Motoren, sagte Marc Schulte (SPD), Stadtrat für Stadtentwicklung. Solche Rennen gebe es nicht ständig, aber immer wieder. „Da helfen nur rigide Geschwindigkeitskontrollen mit drakonischen Strafen“, so Schulte. Der Bezirk werde sich bei der Polizei für stationäre und auch mehr mobile Blitzer einsetzen. „Diese Kontrollen sind Aufgabe der Polizei. Wir fordern, diesem Treiben durch mehr und regelmäßige Kontrollen Einhalt zu gebieten, gerade auch im kommenden Frühjahr und Sommer.“

Auch für Daniel Tolksdorf, Sprecher des ADAC Berlin-Brandenburg, ist klar: „Solche Rennen gehören nicht in den Straßenverkehr.“ Diese Wettfahrten, bei denen es wie in Köln und Berlin immer wieder Unschuldige treffe, seien keine Einzelfälle. „Es ist ein Phänomen vor allem in den Städten und am Kudamm besonders augenscheinlich.“ Tolksdorf sieht es als zwingend notwendig an, die Kontrolldichte zu erhöhen und auch mehr Zivilstreifen einzusetzen. Den Aufbau von mehr stationären Blitzern sieht er skeptisch. Raser würden sich dann Ausweichstrecken suchen, so Tolksdorf. Neben dem Einsatz von Blitzern aus Funkwagen heraus sei Präventionsarbeit wichtig. „Man muss solchen Fahrern die Risiken klar machen.“ Und bei Verstößen Strafen konsequent durchsetzen.

Bei der Strafe setzt auch CDU-Innenpolitiker Peter Trapp an: „Hier von einer fahrlässigen Tötung auszugehen, ist doch mehr als merkwürdig“, sagte er der Berliner Morgenpost. Die beiden Männer seien doch mit Vorsatz um die Wette gerast und hätten durch ihr Verhalten billigend in Kauf genommen, dass es Opfer geben könne.