Barbara Jaeschke hat gerade das “Hotel Oderberger“ eröffnet. Ab Herbst soll im ehemaligen Stadtbad wieder geschwommen werden.
Jahrelang hatte sie den Bau im Blick. „Von meinem Arbeitszimmer aus sah ich jeden Tag das alte Stadtbad“, sagt Barbara Jaeschke, studierte Anglistik- und Slawistik-Lehrerin und „gelernte“ Unternehmerin. Jaeschke ist Inhaberin und Direktorin des privaten GLS Sprachen Zentrums Berlin, das seit 2005 die an das alte Stadtbad angrenzenden fünf Gebäude der ehemaligen Gustave-Eiffel-Oberschule als Campus mit Seminarräumen, Restaurant und dem Hotel „Alte Schule“ an der Kastanienallee betreibt.
Jetzt steht Barbara Jaeschke in dem 4,20 Meter hohen und 60 Quadratmeter großen Kaminzimmer neben der stilvollen Bar des neuen „Hotels Oderberger“, das seit wenigen Tagen im sogenannten Soft-Opening-Stadium ist. Das heißt: in einigen der insgesamt 70 neuen Zimmer und zwei Appartements mit Vier-Sterne-Plus-Niveau nächtigen bereits die ersten Gäste. Zur Zeit noch zum Einführungspreis von 98 Euro pro Zimmer, ab April soll es dann teurer werden. 130 bis 180 Euro werden je nach Zimmertyp verlangt. Als Gäste haben Barbara und Hans-Dieter Jaeschke, die seit 2011 Eigentümer des einstigen Stadtbades sind, zu je einem Drittel Kunden der Sprachschule, Geschäftsleute und Touristen im Sinn.
Schwimmbad Oderberger Straße
Aus Kammern mit Badewannen wurden Hotelzimmer
Die neuen Zimmer in den Seitenflügeln des ehemaligen Männer- und Frauentraktes waren nach der Eröffnung der von Ludwig Hoffmann 1899 bis 1902 errichteten Volksbadeanstalt einst ein begehrter Ort der Körperhygiene. Die Anwohner des um die Jahrhundertwende expandierenden Kiezes in Prenzlauer Berg kamen damals vor allem zum Wannenbaden an die Oderberger Straße 57. „Das war hier nie ein großes Schwimmbad, der Kern war vielmehr die Badewannen-Abteilung mit etwa 200 Badewannen in jeweils kleinen Kammern“, sagt Barbara Jaeschke.
Die neuen Zimmer des denkmalgeschützten Neorenaissance-Baus sind unterdessen 22 bis 38 Quadratmeter groß und wurden wie der ganze Bau unter der Ägide des Architekturbüros cpm Architekten mit tatkräftiger Beteiligung von Barbara Jaeschkes Tochter Verena in den vergangenen vier Jahren behutsam saniert.
Spürbare Liebe zum historischen Detail
Die Wiederbelebung der historischen Immobilie ist ein aufwendiges Projekt, das die Bauherren mit einem Investitionsvolumen von 18 Millionen Euro mit spürbarer Liebe zum historischen Detail und Sinn für passende Erneuerungen in Angriff genommen haben.

So finden sich fast überall Relikte des einstigen Stadtbades, in dem vor 30 Jahren die letzten Schwimmer ihre Runden zogen, bevor es Ende 1986 geschlossen wurde. Das alte Kassenhäuschen ist Vorzimmer der neuen Bibliothek. Den neuen Tresen der Hotel-Rezeption kleiden alte gerettete weiße Kacheln. Ehemalige türkis- und grünfarbene Holztüren der Badekammern dienen in Glas gefasst jetzt als originelle Badezimmertüren der neuen Gästezimmer.
Auch für die Kofferablagen in den Zimmern wurden alte Hölzer aus dem Stadtbad genutzt. Der ursprüngliche Terrazzoboden wurde, wo nötig, erneuert, zudem auch hochwertiges neues Eichenparkett verlegt. „Jedes Zimmer ist individuell “, sagt Barbara Jaeschke mit spürbarem Stolz in der Stimme. Doch die originell mit originalen Elementen des alten Volksbades gestalteten Räume sind nicht die einzige Besonderheit des sanierten Denkmals.
Das Herausragende des neuen „Hotels Oderberger“ ist das Stadtbad selbst, das drei Jahrzehnte nach der Trockenlegung zum Jahresende 1986 ab 15. Oktober in diesem Jahr wieder fünf Tage pro Woche in seiner ursprünglichen Funktion als Schwimmbad geöffnet wird. Orientiert an den Preisen der Berliner Bäderbetriebe, soll der reguläre Eintritt des privat betriebenen Stadtbades bei 6 Euro liegen. Auch Zehnerkarten wird es geben. „Wir sind sehr an einem Stammpublikum interessiert“, so Barbára Jaeschke.
An Tagen ohne Badebetrieb sowie an den schwimmfreien Abenden, und das ist der eigentliche Clou, soll die Schwimmhalle auch weiter als spektakuläre Eventlocation dienen. So, wie es auch bereits in den Jahren vor der Sanierung der Fall war. Für diesen Mix aus Bade- und Eventbetrieb wurde eigens eine spezielle Hydraulik unter dem Beckenboden eingebaut.
Beckenboden wird für Events hochgefahren
„Wasser verbrennt Geld“, sagt Barbara Jaeschke. Es wäre zu teuer, für jede Veranstaltung in der wunderschön sanierten Schwimmhalle das Wasser abzulassen und das Becken danach wieder fluten zu müssen. Deshalb wurden in den Boden des Schwimmbeckens, das wie eine bewegliche Wanne im Boden liegt, fünf Klapp-Luken integriert. Sie lassen sich bei Bedarf öffnen. Das Wasser kann durch die Luken in das Becken unter dem Boden fließen, während der von einer Tiefe von 1,45 Meter auf die Ebene des umgebenen Fußbodens hochgefahren wird. Zur Zeit werden noch die letzten Kanten der neu gefliesten blau-grünen Kacheln, deren Farbgebung den Kacheln zur Zeit der 30er-Jahre nachempfunden ist, verfugt. Welche Farbe die Kacheln zur Zeit der Eröffnung hatten, sei nicht überliefert heißt es.
Die Schwimmhalle diente bereits vor der vierjährigen Sanierung zuletzt als Veranstaltungsort. Die vorangegangenen Versuche, das Stadtbad Oderberger Straße wieder betriebsfähig zu machen, waren missglückt. Der Liegenschaftsfonds hatte die Immobilie bereits 2001 an eine Genossenschaft verkauft, die sie wiederum an die Stiftung Denkmalschutz veräußerte. Die Bedingung des Liegenschaftsfonds, das Bad innerhalb von fünf Jahren zu sanieren, konnten weder die Genossenschaft noch die Stiftung erfüllen. Bis Barbara und Hans-Dieter Jaeschke ihr Konzept präsentierten und den Zuschlag für den Kauf des Denkmals bekamen unter der Auflage, dort auch wieder einen öffentlichen Badebetrieb zu ermöglichen.
Kostenlose Führung durch das Stadtbad
Führung: Bauherr Hans-Dieter Jaeschke bietet für Interessierte jeden Dienstag ab 17 Uhr eine kostenlose Führung durch das Stadtbad Oderberger Straße.