Pater Peter R. galt als Haupttäter im Missbrauchsskandal am Canisius-Kolleg in Tiergarten, über den die Berliner Morgenpost 2010 als erstes Medium berichtete. Als Leiter der außerschulischen Jugendarbeit hatte sich R. in den 70er- und 80er Jahren an Dutzenden Schülern vergangen. Doch diese Taten galten laut Staatsanwaltschaft als verjährt.
Nun besteht aber die Möglichkeit, den in Berlin im Ruhestand lebenden katholischen Priester eventuell doch noch juristisch zu belangen. Denn Peter R. soll auch sehr viel später noch im Bistum Hildesheim mindestens ein Kind missbraucht haben.
Man wolle nach den neuen Vorwürfen einen unabhängigen Gutachter bestellen. Dieser solle auch mögliche weitere Fälle sexuellen Missbrauchs durch den Geistlichen in der Diözese klären, teilte das Bistum am Donnerstag mit. Nach Recherchen des WDR hat sich ein weiteres mutmaßliches Opfer des früheren Pfarrers gemeldet. Dabei handele es sich um die Mutter der jungen Frau, die als Elfjährige von dem Geistlichen bedrängt worden sein soll.
Vom Pfarrer sexuell bedrängt
Der Gutachter soll nach Bistumsangaben eng mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Wer mit der Aufarbeitung beauftragt werde, solle in Kürze bekanntgegeben werden.
Der Betroffenenrat beim unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs kritisierte zuvor, dass es keine Ermittlungen gegen den Pfarrer oder auch gegen Verantwortliche im Bistum gibt. „Es ist uns unverständlich, dass gegen einen Mann, dem Kindesmissbrauch in dreistelliger Zahl vorgeworfen wird, nicht einmal ermittelt wird, obwohl es Hinweise auf weitere Taten gibt“, heißt es in einer Mitteilung. Der unabhängige Beauftragte ist organisatorisch beim Bundesfamilienministerium angesiedelt.
Bei den neuen Vorwürfen schilderte die heute 39 Jahre alte Mutter in einer Fernseh-Dokumentation, dass sie ebenfalls ab 1993 von dem Pfarrer sexuell bedrängt worden sei. Das Bistum Hildesheim sei seit vergangenem September auch über ihren Fall informiert gewesen, sagt die Mutter in der Dokumentation. Ein Bistumssprecher hatte mitgeteilt, es bestehe bis zum heutigen Tag kein Kontakt zwischen dem Bistum Hildesheim und der Mutter des jungen Mädchens. Die von ihr gegen Peter R. erhobenen Vorwürfe seien dem Bistum bisher so konkret nicht bekanntgewesen.
Die Tochter hatte sich 2010 gemeinsam mit einer Lehrerin an das Bistum gewandt und berichtet, der Pfarrer habe sie bei einem Besuch in Berlin sexuell bedrängt. Sorgeberechtigt waren damals die Großeltern, die aber nicht sofort informiert wurden.
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