Geburtskliniken

In Berlin sind auch die Plätze im Kreißsaal knapp

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Anette Nayhauß
Gesa Tschacher und Stefan Zimnicki meldeten sich schon in der 12. Schwangerschaftswoche in den DRK-Kliniken Westend mit Chefarzt Wolfgang Hartmann (l.) an.

Gesa Tschacher und Stefan Zimnicki meldeten sich schon in der 12. Schwangerschaftswoche in den DRK-Kliniken Westend mit Chefarzt Wolfgang Hartmann (l.) an.

Foto: Sergej Glanze / Glanze

Wer die Wahl unter allen Berliner Geburtskliniken haben will, muss sich früh entscheiden – bevor die Schwangerschaft sichtbar ist.

Schwangere in Berlin müssen sich früh entscheiden, in welchem Krankenhaus sie entbinden wollen. Wer ohne Anmeldung in die Klinik kommt, läuft in einigen Krankenhäusern der Hauptstadt Gefahr, wieder weggeschickt zu werden.

Empfohlen wird, sich bereits sechs Monate vor dem errechneten Geburtstermin anzumelden. Teilweise müssen sich die Frauen allerdings auch schon dann eine Geburtsstation aussuchen, wenn von der Schwangerschaft noch gar nichts zu sehen ist.

In den 19 Klinikeinrichtungen der Stadt kamen im vergangenen Jahr insgesamt 39.783 Mädchen und Jungen zur Welt. Das waren 834 mehr als 2014 und rund 10.000 mehr als im Jahr 2000. Diese steigenden Geburtenzahlen sorgen jedoch an einzelnen Tagen immer wieder dafür, dass Kreißsäle geschlossen werden müssen, weil besonders viele Kinder ans Licht der Welt drängen. Rettungswagen sollen diese Einrichtungen dann nicht mehr anfahren. Frauen, bei denen die Geburt noch nicht unmittelbar bevorsteht, werden gebeten, andere Krankenhäuser aufzusuchen.

Lange Wartezeiten in Westend

In den DRK-Kliniken Berlin-Westend können sich werdende Mütter bereits in der zwölften Schwangerschaftswoche zur Geburt anmelden – und sollten dann auch nicht lange warten, rät Chefarzt Wolfgang Hartmann: „Wer garantiert bei uns entbinden will, sollte tatsächlich möglichst früh anrufen.“

Auch das Krankenhaus Waldfriede in Zehlendorf und das Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Kladow empfehlen, sich sechs Monate vor dem errechneten Geburtstermin auf die Liste setzen zu lassen. Sie können dort entbinden, auch wenn das Baby ein paar Tage vor oder nach dem Termin zur Welt kommt.

Gleich in der zwölften Woche hat auch Gesa Tschacher in den DRK-Kliniken angerufen, um sich zur Geburt anzumelden. „Ich wusste von einer Freundin, dass man nicht lange warten darf“, sagt die 34-Jährige. Das erste Kind hatte sie in einem anderen Krankenhaus bekommen, „das, in dem ich selbst geboren wurde“, aber beim zweiten wollte sie unbedingt ins Westend. „Eben weil man sich anmelden muss, finden hier nie so viele Geburten gleichzeitig statt. Die Ärzte und Hebammen haben deshalb genug Zeit. Das hat mir gefallen“, sagt sie.

Wer sich sechs Monate vor der Geburt noch keine Gedanken darüber machen will, wo das Kind zur Welt kommen soll, hat wenig Chancen, im Westend einen Platz zu bekommen: „Wir haben deutlich mehr Anfragen als Plätze. Sehr vielen Anruferinnen müssen wir sagen: In dem Monat sind wir leider schon voll“, sagt Chefarzt Wolfgang Hartmann.

Frühgeborenenstation ist Entscheidungskriterium

Das Krankenhaus zieht mit seinem Konzept Schwangere auch aus weiter entfernt liegenden Bezirken an: So lange wie möglich blieben die werdenden Eltern in einem Vorwehenzimmer, erläutert Wolfgang Hartmann. Dort hätten sie weitgehend ihre Ruhe, während eine Hebamme die werdende Mutter betreue.

Im Kreißsaal hielten sich die Ärzte möglichst im Hintergrund, im Mittelpunkt stehe die Bindung zwischen Mutter und Kind. Gleichzeitig aber biete das Krankenhaus beispielsweise die Frühgeborenenstation der Kinderklinik mit ihren medizinischen Möglichkeiten. Gesa Tschachers Sohn kam vier Wochen zu früh zur Welt, benötigte Bestrahlungen. Seine Eltern waren erleichtert, dass sie gemeinsam im Krankenhaus bleiben konnten.

Weil die Zahl der Anmeldungen pro Monat im Westend-Klinikum begrenzt ist, blieb die Geburtenzahl dort 2015 konstant: 2577 Kinder wurden hier geboren, 22 weniger als im Jahr zuvor. Darunter waren dann doch einige wenige Frauen ohne Anmeldung. „Es kommt immer wieder vor, dass andere Kliniken bei uns anrufen, ob wir jemanden aufnehmen können“, sagt Wolfgang Hartmann. Wenn es Kapazitäten gebe, helfe die Klinik aus. Notfälle würden ohnehin nicht abgewiesen.

Der größte Kreißsaal in Deutschland

Auch im St. Joseph Krankenhaus in Tempelhof bitten andere Geburtskliniken immer wieder um Hilfe. Aber obwohl der Kreißsaal einer der größten in Deutschland ist, können Frauen ohne Anmeldung nicht immer aufgenommen werden. „Dabei geht es weniger um den Platz“, sagt Chefarzt Michael Abou-Dakn, „der begrenzende Faktor ist die Zahl der Hebammen und Ärzte.“

Die Feuerwehr werde bei voller Belegung gebeten, die Geburtsklinik nicht mehr anzufahren. Notfälle aber werden auch dann nicht abgelehnt: „Eine Frau, die pressend vor der Tür steht, wird selbstverständlich aufgenommen.“

3975 Babys hat das Team um Michael Abou-Dakn 2015 auf die Welt geholt. Damit liegt das St. Joseph Krankenhaus nicht nur in Berlin vorn, es ist damit nach eigenen Angaben auch zum vierten Mal in Folge bundesweiter Spitzenreiter. Das liege vor allem an der Kombination aus einer Geburtsbetreuung, „die die Frau in ihrer Autonomie stärkt“ und der Sicherheit des medizinischen Apparats im Hintergrund, ist der Chefarzt überzeugt. Zwischen der 22. und 30. Schwangerschaftswoche können Frauen sich hier anmelden.

Spätestens vier Monate vor dem Termin sollten sich Frauen beispielsweise im Waldkrankenhaus Spandau angemeldet haben. Im Martin-Luther-Krankenhaus in Wilmersdorf wird ein Anruf drei Monate vor dem Termin empfohlen.

Bei einigen Kliniken können sich Eltern Zeit lassen

Aber es gibt auch Kliniken, in denen Schwangere sich mehr Zeit lassen können: Acht Wochen vor dem Geburtstermin soll die Anmeldung im Sana Klinikum Lichtenberg vorliegen. Das Sankt Gertrauden-Krankenhaus in Wilmersdorf, in dem vor allem Frauen aus Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf entbinden, bittet um eine Anmeldung ab der 30. Schwangerschaftswoche bis kurz vor der Geburt.

Im Helios Klinikum Buch müssen werdende Eltern sich nicht vorher anmelden, möglich ist es aber ab der 30. Schwangerschaftswoche. Die Vivantes-Kliniken empfehlen, sich ab der 28. Schwangerschaftswoche anzumelden. In der Charité ist eine Anmeldung „wünschenswert, aber kein Muss“ – die Geburtsplanung werde dann bei der Aufnahme nachgeholt, teilte eine Sprecherin mit. In der Regel werden nach ihren Angaben keine Schwangeren aus der Charité an andere Krankenhäuser weitergeleitet, „Ausnahmesituationen ergeben sich äußerst selten“.

Wenn Geburtskliniken der Rettungsleitstelle melden, dass sie voll ausgelastet sind, fahren die Rettungswagen den Kreißsaal nicht mehr an. So kann es sogar passieren, dass eine Schwangere trotz Anmeldung nicht in ihrer Wunschklinik landet – wenn sie mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht wird.