Verfassungsschutz

Rechtsextreme planen im März Großdemo in Berlin

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Andreas Abel und Matthias Steube
Innensenator Frank Henkel (CDU, r.) und der Präsident des Verfassungsschutzes Berlin, Bernd Palenda

Innensenator Frank Henkel (CDU, r.) und der Präsident des Verfassungsschutzes Berlin, Bernd Palenda

Foto: imago stock&people / imago/Markus Heine

Der Verfassungsschutz beobachtet verstärkte Aktivitäten von Neonazis und Rechtspopulisten. Sie konzentrieren sich auf die Flüchtlingsdiskussion..

Berlin droht eine fremdenfeindliche Groß-Demonstration. Sie ist für den 12. März geplant. Auf mehreren Internetseiten wird von rechtspopulistischen Organisationen bundesweit dazu aufgerufen. Das Motto lautet: „Merkel muss weg – wir schaffen das.“ Die Sicherheitsbehörden beobachten deutlich verstärkte Aktivitäten von Neonazis und Rechtspopulisten in Berlin. Deren Grundlage ist das kontrovers diskutierte Thema der Flüchtlingszuwanderung. Die rechtsextreme Szene konzentriere sich bewusst auf die Asylsuchenden, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) am Mittwoch im Parlamentsausschuss für Verfassungsschutz.

Auch vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Paris und der Übergriffe in der Silvesternacht in Köln würden sich die seit Jahren aktiven und bekannten Neonazis und die neueren rechtspopulistischen sogenannten Bürgerbewegungen zusehends zu Aktionen zusammentun, so Henkel. Diese zielten insbesondere auf die Landtagswahlen im März und im September, wenn auch in Berlin abgestimmt wird.

Henkel sagte: „Es gibt eine deutliche Annäherung und Vernetzung zwischen den verschiedenen Ausprägungen der rechten Szene.“ Die Flüchtlinge seien das verbindende Element der Lager, Gruppierungen und Parteien. „In der Folge ist mit einem weiteren Erstarken der Rechtsextremen in Berlin und im Bund zu rechnen.“ Dabei sei zu befürchten, dass sich mehr Menschen radikalisierten, Zuwanderer und Flüchtlingsunterkünfte angriffen.

Die meisten Straftaten in Marzahn-Hellersdorf

Dass Rechtsextremisten in Berlin immer offener und aggressiver gegen Flüchtlinge auftreten, hatte bereits eine Analyse des Verfassungsschutzes aus dem vergangenen Dezember ergeben. Von Januar 2014 bis Oktober 2015 wurden 79 Straftaten gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte registriert. Dabei wurden 64 Taten politisch als rechtsextremistisch eingestuft, in 15 Fällen war dieser Hintergrund laut Bericht nicht eindeutig. Am häufigsten wurden Heime in östlichen Stadtbezirken attackiert – dort wurden 64 Taten gezählt. Zu den mit Abstand meisten Straftaten kam es in Marzahn-Hellersdorf. Während 2014 insgesamt 39 Straftaten erfasst wurden, waren es in den ersten zehn Monaten 2015 schon 40.

Unter den Straftaten sind auch vier Fälle von schwerer und besonders schwerer Brandstiftung. Betroffen waren die Flüchtlingsunterkünfte an der Salvador-Allende-Straße in Köpenick im April 2014, das Flüchtlingsheim an der Soorstraße in Charlottenburg im Juni 2015, das Containerdorf am Blumberger Damm in Marzahn im August 2015 und die Unterkunft am Glambecker Ring in Marzahn im September 2015. Die Zahlen für das gesamte vergangene Jahr liegen noch nicht vor.

Abgeordnete fordern Strategie gegen Rechts

Benedikt Lux (Grüne), Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungsschutz, hat die Sorge, dass im anstehenden Wahlkampf die Aktivitäten der NPD und der rechten Szene zunehmen werden. „Allerdings ist nicht zu sehen, dass Polizei und Verfassungsschutz mit konkreten Maßnahmen gegen die Entwicklung vorgehen“, so Lux.

Auch der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber fordert eine Strategie gegen Rechts. „Und wir benötigen eine Sonderkommission bei der Polizei, denn die Beamten auf den Polizei-Abschnitten können diese Arbeit nicht leisten.“ Der Fall der angeblichen Entführung und Vergewaltigung einer 13-Jährigen aus Marzahn, zeige, dass die Rechte ihn dazu missbrauche, um die Stimmung gegen Flüchtlinge rund um die Asylbewerberunterkünfte anzuheizen. „Die Rechte hat jetzt Oberwasser und dagegen muss die Zivilgesellschaft aufstehen und Gesicht zeigen“, so Schreiber.

Dagegen erklärte Cornelia Seibeld (CDU), Verfassungsschutz, Polizei und Innenverwaltung hätten die Lage im Griff. Überblick, Einschätzungen und Gegenmaßnahmen seien angemessen. Es sei natürlich ein Problem, dass die Flüchtlingspolitik den rechtsextremen Parteien und Gruppen Zulauf beschere. Hinzu komme eine Neiddebatte. So hätten manche Menschen den Eindruck, dass etwa für Schulsanierungen jahrelang kein Geld da sei, andererseits der Umbau von Gebäuden zu Flüchtlingsheimen sofort finanziert werde. Bei der Ursachenbekämpfung sei die Politik insgesamt gefordert. Notwendig seien Transparenz und eindeutige Informationen. Bislang aber äußerten sich die Verantwortlichen häufig widersprüchlich und produzierten damit Missverständnisse.

Das ebenfalls für die Sitzung vorgesehene Thema Linksextremisten und Durchsuchungen der Polizei in der Rigaer Straße in Friedrichshain wurde wegen Zeitmangels nicht besprochen, soll aber am Montag im Innenausschuss ausführlich behandelt werden.