Berliner des Jahres

"Er hat von Anfang an die Ärmel hochgekrempelt"

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Andreas Abel; Rita Schulze
Philipp Bertram vor der Flüchtlingsunterkunft im Rathaus Wilmersdorf

Philipp Bertram vor der Flüchtlingsunterkunft im Rathaus Wilmersdorf

Foto: Reto Klar

Philipp Bertram ist stellvertretend für alle Flüchtlingshelfer zum „Berliner des Jahres“ gekürt worden. Für die Wahl gibt es viel Lob.

Philipp Bertram hat als Ehrenamtlicher die Flüchtlingsunterkunft im Rathaus Wilmersdorf mit aufgebaut. Der 24-Jährige koordinierte wesentlich den Einsatz der Freiwilligen, kümmerte sich um die Bewohner des Hauses. Inzwischen ist er stellvertretender Heimleiter – und Berliner des Jahres, gewählt von der Jury von Berliner Morgenpost und 104.6 RTL.

Für die Wahl bedankt sich Philipp Bertram herzlich. Zudem möchte er sich „auch stellvertretend für alle Helfer und Helferinnen, die in unserer Notunterkunft und an anderen Stellen unermüdlich tätig sind, bedanken“. Er sagt: „Ich glaube, es wäre sinnvoll, die mit der Auswahl verbundene Spende auf mehrere Initiativen und die Stadtmission aufzuteilen. Finanzielle Hilfen werden überall dringend gebraucht.“

Für das neue Jahr wünscht er sich „für uns alle“, dass die positive Energie der Willkommenskultur aufrecht erhalten werde und die Menschen damit die Aufgaben der Integration angehen. „Wenn wir die Energie der Bedenkenträger und all derer, die über den besten Weg diskutieren, von der Gedankenwelt in die praktische Arbeit stecken und anpacken, so wie die Helfer, dann schaffen wir das“, ist er überzeugt.

Plätze für Flüchtlinge werden dringend benötigt

Für die Unterkunft am Fehrbelliner Platz wünscht er sich, dass sie bestehen bleibt und nicht, wie ursprünglich geplant, im Frühjahr geschlossen wird. Damit ist aber auch nicht zu rechnen, zu dringend werden in Berlin Plätze für Flüchtlinge benötigt. Schließlich hat er auch noch einen persönlichen Wunsch: mehr Zeit für die Familie. Er hat das Bedürfnis, immerzu vor Ort zu sein, „weil man die vielen Probleme sieht“.

Er hat aber auch gelernt. Man muss loslassen können, sonst braucht man sich zu sehr auf. Das hat er vor Weihnachten den Freiwilligen immer wieder gesagt. „Nehmt Euch Zeit, schaltet ab, verbringt mal wieder Zeit mit Eurer Familie.“ Für Ersatz war gesorgt. Die jüdische Gemeinde vom Fraenkelufer in Kreuzberg sprang ein. Unterstützt wurde sie von vielen Bewohnern, die den Neuan­kömmlingen die Unterkunft zeigten, mit ihnen Formulare ausfüllten. „Das war schön zu sehen“, sagt Philipp Bertram. Er war Weihnachten auch in der Unterkunft – natürlich.

Von Anfang an die Ärmel hochgekrempelt

Reinhard Naumann (SPD), Bezirksbürgermeister von Charlottenburg-Wilmersdorf, kennt Philipp Bertram von Beginn an und freut sich nach eigenen Worten riesig: „Eine tolle Entscheidung. Er hat von Anfang an die Ärmel hochgekrempelt, um den Standort aufzubauen, der eine gute Adresse für Schutzsuchende geworden ist.“

Er lobt seine Empathiefähigkeit, seine Sensibilität und „den für sein Alter erstaunlich guten Überblick“. Für 2016 wünscht sich Naumann, dass für die notwendige Integration mit guten Angeboten zügig Tritt gefasst wird und im Hinblick auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mehr passiert. Auch wünscht er sich, dass auf Bundesebene endlich ein Zuwanderungsgesetz verabschiedet wird.

Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagt: „Ich freue mich, dass ein Flüchtlingshelfer, der aus der ehrenamtlichen Arbeit kommt, Berliner des Jahres geworden ist. Dies unterstreicht, wie wichtig und anerkannt diese Arbeit für unsere Stadt ist. Mit Philipp Bertram hat sich die Jury für einen jungen Mann entschieden, der der zupackenden und konstruktiven Hilfe der vielen Berlinerinnen und Berliner für die Flüchtlinge ein Gesicht gibt.“

Via Twitter kommentiert wurde die Entscheidung von der Grünen-Abgeordneten Canan Bayram mit „Gute Wahl – guter Mann“ und von Martin Delius, Vorsitzender der Piratenfraktion, mit „Neben anderen tollen Vorschlägen sicher die richtige Wahl“