Steuersünder

Berliner Finanzsenator will Steuer-CDs ankaufen

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Jens Anker
Matthias Kollatz-Ahnen

Matthias Kollatz-Ahnen

Foto: Reto Klar

Der Senat gibt seine Zurückhaltung beim Ankauf von Steuer-CDs auf. Die Zahl der Selbstanzeigen ist 2015 in Berlin deutlich gesunken.

erlin.  Berlin will künftig Steuer-CDs kaufen, wenn sie den Finanzbehörden angeboten werden. Das kündigte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen an. „Wenn jemand auf die Idee käme, uns eine anzubieten, würden wir das schon machen“, sagte der SPD-Politiker. „Wir beteiligen uns an der Finanzierung von Steuer-CDs von anderen“, so der Finanzsenator weiter. „Wenn wir welche angeboten bekämen, legt das nahe, dass wir sie kaufen würden.“ Bislang hatte Berlin den Kauf von Steuer-CDs, die die Namen von deutschen Steuersündern im Ausland enthalten, abgelehnt. Auch andere Bundesländer lehnen einen solchen Ankauf ab.

In den vergangenen Jahren hatten sich viele Berliner Steuerpflichtige bei den Finanzämtern selbst angezeigt, um so einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Fachleute sehen darin einen wesentlichen Effekt der Steuersünder-CDs. Diese hätten die Gefahr, enttarnt zu werden, deutlich erhöht. Seit 2010 hat Berlin durch Selbstanzeigen 196 Millionen Euro Steuern eingenommen, die zunächst am Fiskus vorbei manövriert worden waren. In den vergangenen fünf Jahren haben insgesamt 3577 Berliner eine Selbstanzeige erstattet.

2015 waren es allerdings deutlich weniger als in den Vorjahren. 494 Berliner meldeten sich nach Angaben der Finanzverwaltung bis zum 23. Dezember bei den Behörden, um Steuern nachzuzahlen. Im Jahr 2014 waren es mit 1272 mehr als doppelt so viele. Allerdings stieg die Summe der nachgezahlten Steuern deutlich. Während sich die Finanzämter im vergangenen Jahr über mindestens 91 Millionen Euro zusätzlich freuten, waren es 2014 lediglich 60 Millionen Euro.

Selbstanzeigen gehen zurück

Der Rückgang der Selbstanzeigen dürfte mit einer Strafverschärfung zu tun haben. Seit dem 1. Januar 2015 müssen höhere Strafzuschläge gezahlt werden, um mit einer Selbstanzeige straffrei davonzukommen. Bei einem Betrag von 25.000 bis 100.000 Euro hinterzogener Steuern muss ein Strafzuschlag von zehn Prozent gezahlt werden. Ab 100.000 Euro sind 15 Prozent und ab einer Million Euro 20 Prozent fällig. Zudem verjähren die Taten künftig erst nach zehn Jahren. Bislang waren es fünf Jahre. Eine straffreie Selbstanzeige ist möglich, wenn die vorgelegten Angaben vollständig sind und die Behörden noch keine Hinweise auf ein Steuervergehen haben.

Finanzsenator Kollatz-Ahnen hält die neuen Regelungen für ausgewogen. „Grundsätzlich bleibt Steuersündern der Weg für eine Rückkehr in die Legalität offen, aber vor allem in schweren Fällen kommen sie nicht mehr so einfach und billig davon wie früher“, sagte der Senator. „Der deutliche Rückgang bei der Zahl der Selbstanzeigen gegenüber dem Vorjahr deutet darauf hin, dass viele Steuersünder noch vor dem Inkrafttreten der neuen Regeln reinen Tisch machen wollten.“

Nach mehreren spektakulären Fällen von Steuerhinterziehung – wie beim Ex-Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, und dem ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel – war die Zahl der Selbstanzeigen stark gestiegen. Zudem lockerte die Schweiz das Bankgeheimnis und forderte ausländische Bankkunden auf, ihre Steuerangelegenheiten in ihren Heimatländern in Ordnung zu bringen.

André Schmitz über Steuervergehen gestolpert

In Berlin war im Februar 2014 der damalige Kulturstaatssekretär André Schmitz über ein Steuervergehen gestolpert und aus dem Amt geschieden. Schmitz hatte steuerpflichtige Einnahmen aus einem Schweizer Konto nicht gemeldet und versteuert. Der Staatssekretär hatte sich zwar dem damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gegenüber offenbart, der beließ ihn dennoch im Amt. Als der Fall jedoch öffentlich wurde, trat Schmitz zurück.

Der Ankauf von Steuersünder-CDs ist unter den Bundesländern wegen des Datendiebstahls umstritten. Nordrhein-Westfalen hat bereits zehn CDs angekauft, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz jeweils mindestens eine. Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein hingegen lehnten 2010 angebotene CDs ab. Allerdings stellte das Bundesverfassungsgericht bereits 2010 fest, dass der deutsche Staat angekaufte Daten über Steuersünder nutzen darf, auch wenn diese Informationen von den Anbietern der CDs rechtswidrig erlangt wurden. Seite 12