In Kaulsdorf wurde die 18-jährige Hanna K. in der Nähe ihres Elternhaus ermordet. Jetzt wurde der Täter zu lebenslanger Haft verurteilt

„David G. hat den schlimmsten Alptraum Wirklichkeit werden lassen, den Eltern erleben können“. Das sagte Oberstaatsanwalt Rainer Albers am Montag im Prozess um den Mord an der Schülerin Hanna K. aus Kaulsdorf über den Angeklagten. Vier Tage später haben die Richter einer Schwurgerichtskammer am Landgericht Moabit dieser Einschätzung in vollem Umfang zugestimmt. Am Donnerstag verurteilten sie den 31-jährigen Lichtenberger wegen Mordes und versuchter Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Sie entsprachen damit den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Die gleichfalls beantragte Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die eine vorzeitige Begnadigung ausschließt, blieb dem Verurteilten allerdings erspart.

Das Gericht hege nicht den geringsten Zweifel an der Schuld von David G., sagte der Vorsitzende Ralph Ehestädt in seiner Urteilsbegründung. Für die Kammer gilt als erwiesen, dass der 31-Jährige die Schülerin in den frühen Morgenstunden des 16. Mai auf dem Weg vom U-Bahnhof Wuhletal nach Hause nur 200 Meter von ihrem Elternhaus entfernt tötete, nachdem er zuvor vergeblich versucht hatte, sie zu vergewaltigen. Entdeckt und danach verfolgt hatte G. die 18-Jährige zuvor im U-Bahnhof Frankfurter Allee, von wo Hanna K. nach einer Party den Heimweg angetreten hatte.

Richter nennt die Unfall-Version von David G. völligen Unsinn

G. selbst hatte sich bei seinen Vernehmungen durch Beamte der Mordkommission weitgehend geständig gezeigt, frühere Aussagen dann aber in der Hauptverhandlung teilweise relativiert. Die Tötung räumte er ein, bezeichnete sie aber als Unfall. Er habe Hanna K. umarmen wollen, dabei seien beide gestolpert, er habe plötzlich auf der Schülerin gelegen und sich bei dem Versuch, sich aufzurichten, wohl versehentlich auf ihrem Hals abgestützt und sie so erwürgt, so G.´ Version der Tat. Diese Darstellung bezeichnete Ehestädgt in seiner Urteilsbegründung am Donnerstag kurz und schlicht als völligen Unsinn. „Das glaubt Ihnen in diesem Saal kein Mensch“, wandte sich der Vorsitzende direkt an David G.

Die knapp 40-minütige Urteilsbegründung befasste sich unter anderem auch mit der langen Zeitspange, die zwischen dem Entschluss von David G., sein Opfer zu vergewaltigen und der Begehung des Mordes am Ende der Ereigniskette lag. Es war eine erschütternde Analyse, zeigte sie doch, dass es Zeit und Möglichkeiten gab, dass Schlimmste zu verhindern.

Bei der Sichtung der zahlreichen Porno-Dateien auf dem Computer von David G. war den Ermittlern der Mordkommission ein scheinbar unbedeutendes Foto aufgefallen. Es zeigte eine mit einem Minirock und einer Netzstrumpfhose bekleidete junge Frau. Strumpfhosen, dass wussten die Beamten, spielten in den sexuellen Fantasien von G. eine wichtige Rolle und die Frau auf dem Foto hatte verblüffende Ähnlichkeit mit Hanna K., die in dieser nacht ebenfalls eine Netzstrumpfhose trug.

Richter, Staatsanwalt und Gutachter gehen davon aus, dass G. in der 18-Jährigen das ideale Opfer sah, als er sie im U-Bahnhof entdeckte. Es ist allerdings müßig, zu fragen, ob die Schülerin ihrem späteren Mörder gar nicht aufgefallen wäre, wenn sie kein Netzstrumpfhose getragen hätte, es macht das Geschehene nicht ungeschehen.

Nach der Begegnung im U-Bahnhof folgte G. der 18-Jährigen zunächst über sieben U-Bahnstationen und schließlich vom Bahnhof Wuhletal auf dem Rest ihres Heimwegs. Da wäre genug Zeit gewesen, das Vorhaben, die 18-Jährige zu vergewaltigen, aufzugeben, befand die Staatsanwaltschaft im Prozess. Doch G. war dazu wohl nicht mehr bereit, v. „Du willst sie unbedingt haben, habe ich mir immer wieder gesagt“, zitierte der Vorsitzende am Donnerstag eine Äußerung von G. in seinen Vernehmungen bei der Mordkommission.

Verteidiger will verminderte Schuldfähigkeit prüfen lassen

Auch der eigentliche Mord dauerte lange, zwischen fünf und acht Minuten brauchte G. laut rechtsmedizinischem Gutachten, um die junge Frau zu erwürgen, ebenfalls genug Zeit um von der Schülerein abzulassen. Und schließlich hätte das grausame Geschehen auch eine andere Wendung nehmen können, wenn ein Zeuge nicht einem verständlichem aber fatalen Irrtum erlegen wäre. Der Mann, der zur Tatzeit nahe de Tatort ebenfalls auf dem Heimweg war, sprach in der Verhandlung von schwachen Geräuschen, die er aus der Ferne vernommen habe. Das Gericht ist ebenso wie die Staatsanwaltschaft überzeugt, dass das was der Zeuge hörte, vom Todeskampf des Opfers stammte, der Mann selbst vermutete hinter den Geräuschen Wildschweine.

Staatsanwalt Rainer Albers und Nebenklagevertreter Roland Jahn begrüßten nach der Verhandlung das Urteil. Verteidiger Eckart Fleischman hingegen kündigte gegenüber Journalisten Revision an. Er schließt nach wie vor nicht aus, dass sein Mandant aufgrund seiner „geringen Intelligenz“ vermindert schuldfähig ist und will das vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen. Ein Gutachter hatte David G. im Prozess als voll schuldfähig bezeichnet, dem schloss sich auch das Gericht an. „Bei ihnen liegt zwar eine leichte Intelligenzminderung vor, auf der anderen Seite verfügen sie allerdings über beachtliche Fähigkeiten im technischen Bereich“, sagte der Vorsitzende an die Adresse von David G. Der nahm das Urteil so teilnahmslos auf, wie er auch die gesamte Verhandlung verfolgt hatte.