Berlin. 21 Berlinerinnen und Berliner waren im Jahr 2015 zur richtigen Zeit am richtigen Ort und haben das Richtige getan, sagte der Landesbranddirektor der Berliner Feuerwehr, Wilfried Gräfling. „Für Menschen in Not sind sie wohl tatsächlich so etwas wie Engel.“ Gemeinsam mit Staatssekretär Bernd Krömer von der Senatsverwaltung für Sport und Inneres ernannte er am Montagabend 21 Personen für ihren Mut und ihre Zivilcourage zu „Engeln der Großstadt“. Dieser Ehrentitel wird Menschen verliehen, die andere selbstlos aus einer Todesgefahr gerettet haben.
Zwei Frauen und ein Polizeibeamter reanimierten eine bewusstlose Frau, ein Mann sprang in das Gleisbett der S-Bahn und rettete einem anderen Mann das Leben. Ein anderer Mann sprang in die Spree und rettete ein Kind. Das sind nur drei Beispiele, bei denen Menschen durch beherzte Wiederbelebungsmaßnahmen andere zurück ins Leben geholt haben oder durch mutige Einsätze Menschen gerettet haben.
Der Landesbranddirektor ermutigte die Berliner, es den „Engeln der Großstadt“ gleich zu tun. „Bei Notfällen können Laien immer etwas tun. Viel falsch machen kann man dabei meist nicht“, sagte er. „Wegzuschauen und nichts zu tun, das ist in jedem Fall verkehrt.“
Krampfanfall – Mann stoppt bewusstlosen Fahrer
Deniz Aydogdu war im Februar mit seinem Smart auf dem Weg zur Arbeit. An einer Kreuzung an der Elsenstraße in Treptow mussten mehrere Fahrzeuge plötzlich eine Vollbremsung machen, da ein roter Citroën trotz grüner Ampel stark abbremste. „Als die Ampel rot war, gab der Fahrer im Citroën wieder Gas und fuhr los“, sagt Aydogdu. Er war nicht der einzige, dem das merkwürdig vorkam. „Einige Fußgänger sind noch hinter dem Auto hergerannt.“
Der 32-Jährige scherte mit seinem Kleinwagen aus und überholte den roten Kombi. „Ich bin dann mit meinem Smart direkt vor den Wagen gefahren und habe ihn auf meinen Wagen auffahren lassen.“ Es stellte sich heraus, dass der Fahrer bewusstlos war. Aydogdu schlug die Seitenscheibe und die Beifahrerscheibe ein, entriegelte die Kindersicherung und öffnete die Türen. Passanten halfen ihm, den Fahrer aus dem Auto zu ziehen.
Später kam heraus, dass der 45-Jährige einen Krampfanfall erlitten hatte. Bei einem Abendessen mit seinem Retter erzählte er, dass er erst im Krankenhaus wieder zu Bewusstsein gekommen sei.
Epilepsie – Enkel helfen ihrem Großvater
Zwei Jungen ist es am 13. Mai in Pankow gelungen, ihren Opa aus einer akuten medizinischen Notlage zu retten. Vor den Augen des neun Jahre alten Dorian brach sein Großvater plötzlich im Schlafzimmer zusammen. Mit seinem damals siebenjährigen Bruder Gabriel versuchte er, dem Mann wieder auf die Beine zu helfen – jedoch ohne Erfolg.
Zum Glück hatte Dorian kurz zuvor einen Ersthelfer-Lehrgang in der Schule besucht. Er brachte den Großvater in die stabile Seitenlage, „damit er seine Zunge nicht verschluckt“. Dann kontrollierte er die Atmung und rief die Feuerwehr. Weil der Junge aber in der Aufregung nicht die vollständige Adresse genannt hatte, lief Dorian rasch zur Haustür hinunter, um die eintreffenden Retter an den richtigen Ort zu leiten. In der Zwischenzeit hielt der jüngere Bruder im Schlafzimmer „Wache“ bei seinem zusammengebrochenen Großvater.
Als der Notarzt eintraf, gaben die Jungen ihm einen wichtigen Hinweis: Ihr Großvater leide immer wieder mal unter epileptischen Anfällen, etwa „ein- bis zweimal im Jahr fällt er dann plötzlich um“.
Sturz auf Gleise – Mann rettet Verletzten vor S-Bahn
Eine dramatische Rettung ist Matthias Goedeking im S-Bahnhof Frankfurter Allee gelungen. Am 20. Juli konnte der 23-Jährige durch einen waghalsigen Einsatz einem jungen Mann das Leben retten, der plötzlich von Krämpfen geschüttelt auf die Bahngleise gestürzt war und sich dann nicht mehr rührte. Im nächsten Moment fuhr ein Zug in den Lichtenberger Bahnhof ein.
Der Student aus Friedrichshain überlegte nicht lange, sondern sprang zu dem Verletzten ins Gleisbett. Dort konnte der 23-Jährige den hilflosen Mann mit seiner Körperkraft gegen die Wand neben dem Gleisbett drücken. Die schmale Lücke unterhalb des Bahnsteigs war gerade groß genug, dass beide Männer von dem einfahrenden S-Bahnzug nicht berührt wurden.
Während Matthias Goedeking unversehrt selbst auf den Bahnsteig zurückklettern konnte, wurde der Patient von Rettungskräften der Feuerwehr aus dem Gleisbereich geborgen. Ohne den selbstlosen und beherzten Einsatz von Matthias Goedeking wäre der gestürzte Mann unweigerlich von der S-Bahn überrollt worden.