Prozesse

Mord an Hanna K.: "Der Todeskampf dauerte acht Minuten"

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Hans H. Nibbrig

Ein 31-Jähriger soll Hanna K. ermordet haben. Am Dienstag wurden vor Gericht die Plädoyers gehalten. Der Staatsanwalt fordert lebenslang.

Im Prozess um den Mord an der 18-jährigen Schülerin Hanna K. aus Kaulsdorf hat die Staatsanwaltschaft am Montag eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten David G. gefordert. Anklagevertreter Reinhard Albers beantragte zusätzlich die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die eine vorzeitige Entlassung ausschließt. Der 31-jährige G. hatte in dem seit dem 12. November laufenden Prozess vor dem Landgericht Moabit eingeräumt, die 18-Jährige am frühen Morgen des 16. Mai dieses Jahres nahe dem S-Bahnhof Wuhletal getötet zu haben, dabei jedoch von einem Unfall gesprochen.

Die an fünf Verhandlungstagen gesammelten Erkenntnisse über Tat und Täter fasste Albers in seinem Schlussplädoyer in knapp 90 Minuten zusammen und machte nochmals die Grausamkeit des entsetzlichen Geschehens deutlich. Der Todeskampf des Opfers habe bis zu acht Minuten gedauert, beschrieb Albers das qualvolle Sterben von Hanna K. Detailliert schilderte der Oberstaatsanwalt, wie G. nach Überzeugung der Ermittler sein von einer Party kommendes späteres Opfer auf dem Weg vom Bahnhof Wuhletal nach Hause von hinten angriff, vergeblich versuchte, die 18-Jährige zu vergewaltigen und dann schließlich erwürgte. Den Ermittlungen zufolge hatte G. die junge Frau bereits im U-Bahnhof Frankfurter Allee bemerkt und von da an verfolgt.

Der Angeklagte habe aus sexuellen Motiven gehandelt und sein sich heftig wehrendes Opfer schließlich erwürgt, sagte Albers und bezeichnete die Aussagen des Angeklagten im Prozess als vollkommen unglaubwürdig. David G. hatte angegeben, er habe sein Opfer umarmen wollen, beide seien gestolpert und so habe er plötzlich auf der jungen Frau gelegen. Beim Versuch, sich aufzurichten, habe er sich abgestützt und dabei versehentlich auf den Hals der 18-Jährigen gedrückt. Dieser Version des Angeklagten hatten in dem Prozess bereits mehrere Gutachter entschieden widersprochen.

„ G. entstammt einem Milieu der moralischen Verelendung“

Ausführlich widmete sich Albers in seinem Plädoyer auch der Person des Angeklagten. David G. beschrieb der Anklagevertreter als einen Mann, der noch bei seinen Eltern lebte und an dem jeder Versuch des Arbeitsamtes, ihm eine Job zu vermitteln, kläglich gescheitert war. Wer Hartz IV bezieht und sich heftig gegen jede Art von Arbeit sträubt, wird deshalb keinesfalls gleich kriminell oder gar zum Mörder, jede gegenteilige Behauptung wäre absurd. Aber bei David G. hat das jahrelange antriebslose Leben in den Tag hinein womöglich die Basis für eine Entwicklung geschaffen, die in dem Mord an Hanna K. ihren grausamen Höhepunkt fand.

Vom späten Nachmittag die ganze Nachgt bis zum frühen Morgen am Computer sitzen, anschließend bis mittags schlafen, so beschrieb Albers den Tagesablauf von G. Und am Computer beschäftigte sich der Angeklagte offenbar vor allem mit Pornofilmen. Ermittler des Landeskriminalamtes entdeckten zahllose Dateien auf seinem Rechner. Darunter befanden sich vor allem gewaltverherrlichende Filme, unter anderem solche, die die Vergewaltigung von Opfern in öffentlichen Verkehrsmitteln zeigen. Solche Filme könnten die sexuellen Fantasien und Vorlieben des Angeklagten geprägt und gefestigt haben, attestierte ein Gutachter.

Auch das familiäre Umfeld des Angeklagten spielte im Prozess ein Rolle, ebenso wie im Schlussplädoyer der Staatsanwaltschaft. Albers sprach von einem Milieu der „moralischen Verelendung“ in der Familie, ganz besonders im Umgang mit Sexualität. Gleich mehrere Zeugen aus dem Umfeld der Familie G. berichteten, der Angeklagte habe ein sexuelles Verhältnis zu seiner Schwester unterhalten, ohne das sich irgendjemand in der Familie dafür interessiert habe.

Ebenso wie die Staatsanwaltschaft forderte auch Rechtsanwalt Roland Weber als Nebenklagevertreter der Familie von Hanna K. eine lebenslange Freiheitsstrafe mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Er betonte in seinem Schlussvortrag ausführlich, welches Leid der grausame Mord an der 18-Jährigen über die Eltern und die Schwester der jungen Frau gebracht habe. David G.´s Verteidiger lehnte eine lebenslange Freiheitsstrafe unter Hinweis auf die verminderte Intelligenz des Angeklagten ab. Das Urteil wird am Donnerstag verkündet.