Der Senat muss die Machbarkeit von zwei Radschnellwegen prüfen – und kündigt eine Maßnahme an, die einen davon nahezu unmöglich macht.

Kaum umzusetzen, zu teuer: Die Pläne für einen Radweg unter der Trasse der Berliner Hochbahn stießen beim Senat zuletzt noch auf wenig Begeisterung. Trotzdem muss die Verkehrsverwaltung nun eine Machbarkeitsstudie zu dem Projekt in Auftrag geben. Das beschloss der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses.

Für die kommenden beiden Jahre stehen für die Prüfung insgesamt 400.000 Euro zur Verfügung. Neben der sogenannten Radbahn Berlin soll damit auch die Machbarkeit einer weiteren Idee geprüft werden, die zuletzt für großes Interesse sorgte: ein Fahrrad-Highway zwischen Zehlendorf und Potsdamer Platz. Auch andere mögliche Radschnellwege sollen von dem Geld geprüft werden.

Bei den Entwicklern der Radbahn, deren Strecke von Bahnhof Zoo bis Warschauer Straße den Platz unter dem Hochbahn-Viadukt der U-Bahn nutzen will, ist die Freude groß. „Wir waren natürlich sehr überrascht“, sagt Sprecher Simon Wöhr. Das Team hatte seine Idee bei den Fraktionen des Abgeordnetenhauses eingereicht. Man hoffe nun auf eine „fruchtbare Zusammenarbeit mit der Verkehrsverwaltung“.

Parkplätze blockieren die Radbahn

Während die Idee vom überdachten Radeln von vielen Seiten gelobt wurde, hatte die Verkehrsverwaltung auf Morgenpost-Anfrage mit großer Skepsis reagiert. Und setzt nun erst mal auf Altbewährtes: Wie eine Sprecherin am Donnerstag mitteilte, sollen ab Sommer 2016 entlang der Hochbahn der U1, auf der Gitschiner Straße, Radverkehrsstreifen am Straßenrand entstehen.

Die dadurch wegfallenden Parkplätze wandern auf den Mittelstreifen unter die U-Bahn-Trasse. „Es ist gut, dass das gemacht wird, wir wollten auch Anstöße dieser Art geben“, sagt Simon Wöhr vom Radbahn-Team. „Doch wenn dort Autos parken, kann es natürlich keine Radbahn geben.“

Die Flächen unter dem Viadukt sind laut Senat nur unter hohen Kosten nutzbar. Radschnellwege würden sich besser abseits von Hauptverkehrsstraßen, etwa entlang von Bahngleisen, realisieren lassen. Die andere nun zu prüfende Idee, der Fahrrad-Highway, würde zumindest letzteres Kriterium erfüllen. Die knapp neun Kilometer lange Strecke soll auf der Trasse der ehemaligen Stammbahn verlaufen, die bis 1945 Potsdam mit Berlin verband. Seit die Idee im Raum steht, streiten die Unterstützer von Zug und Fahrrad.

Dass der Highway nun geprüft wird, dürfte die Diskussion weiter anfeuern. Denn eine Reaktivierung der Stammbahn war und ist ein Dauerthema. Die Deutsche Bahn und die Fahrgastverbände fürchten, dass eine Fahrrad-Schnellbahn, auch wenn sie nur vorübergehend angelegt wird, den Weg für die Stammbahn in alle Ewigkeit versperrt. Sie halten die Reaktivierung der Trasse im Zuge der wachsende Stadt für die bessere Option.

Gemeinsame Nutzung der Trasse vorstellbar

Offenbar motivieren die neuen Fahrradpläne auch die Verkehrsverwaltung zu einem Bekenntnis. Zuletzt wurde angekündigt, dass die Wirtschaftlichkeit der Zugstrecke erneut geprüft werden soll. Wenn sich bei der nächsten Bevölkerungsprognose herausstellt, dass Berlin und Potsdam auch in Zukunft wachsende Städte sind – wovon wohl ausgegangen werden kann. Sogar der Bau eines Fuß- und Radwegs in Schöneberg wurde gestoppt, um die Reaktivierung der Stammbahntrasse dort nicht jetzt schon unmöglich zu machen.

„Womöglich ergibt die Machbarkeitsstudie des Radwegs aber auch, dass beides, Fahrrad und Zug, parallel möglich ist“, sagt der Abgeordnete Christian Goiny (CDU). Auf Initiative der CDU wurde das Geld für die Prüfung beschlossen. Laut Highway-Architekt Tim Lehmann ist die Doppelnutzung theoretisch möglich. „Die Trasse ist dafür in weiten Teilen breit genug.“ An den schmalen Stellen könne der Radweg erhöht gebaut werden – dies wäre allerdings teuer.

Lehmann hält es für besser, die Stammbahntrasse für den Radweg zu opfern. Denn es verlaufe mit der S-Bahnlinie 1 dort parallel bereits Zugverkehr. Die Infrastruktur lasse es auch zu, dass dort mehr Züge fahren. Doch an Zügen mangelt es der S-Bahn zurzeit.