Berlin. Berlin wird das Haushaltsjahr 2015 mit einem deutlichen Überschuss abschließen. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) rechnet mit einem Plus von 485 Millionen Euro. Weil sein Vorgänger Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) finanztechnisch einige Reserven gebildet hat, kann die Koalition noch erheblich mehr Schulden tilgen. Kollatz-Ahnen möchte 944 Millionen Euro zurückzahlen und damit den Schuldenberg unter 60 Milliarden Euro drücken. Dieses Ziel hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) für den Einstieg ins Wahljahr 2016 ausgegeben.
Mit dem erwarteten Plus 2015 wird es der Koalition möglich sein, ihr Sondervermögen Infrastruktur wachsende Stadt (Siwa) auch im kommenden Jahr wieder zu füllen. Die Hälfte des Überschusses fließt in Investitionen, der Rest in die Schuldentilgung.
Senat gibt dieses Jahr erstmals mehr als 25 Milliarden Euro aus
Die sprudelnden Einnahmen überdecken die Schwierigkeiten der rot-schwarzen Koalition, die Ausgaben im Rahmen zu halten. Das macht der Statusbericht zum Haushaltsjahr 2015 deutlich, über den der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am Mittwoch beriet. So gibt Berlin zum ersten Mal in diesem Jahr mehr als 25 Milliarden Euro aus – 880 Millionen oder vier Prozent mehr, als bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2014/15 erwartet worden war. Und das, obwohl die Zinslasten nicht im Entferntesten den alten Erwartungen entsprechen, sondern fast eine halbe Milliarde Euro niedriger liegen als veranschlagt.
Besonders die Sozialausgaben der Bezirke wachsen stetig. Für Kindertagesstätten, Erziehungshilfen und sonstige Transfers gibt Berlin 312 Millionen Euro mehr aus, als im Haushaltsgesetz steht. Anders als geplant gelingt es den Behörden nicht, diese Kosten zu senken. Das Landespersonal lässt sich die Stadt 140 Millionen Euro mehr kosten, als die Politiker bei ihrer Zustimmung zum Doppelhaushalt 2014/15 Ende 2013 vorgesehen hatten.
Bezirke schöpfen ihre Budgets für Bauvorhaben nicht aus
Der Bericht des Finanzsenators zeigt aber auch, wo aktuell noch gespart wird und wo nicht. Während die Personalkosten der Senatsressorts wachsen, sparen die Bezirke real 20 Millionen Euro oder 2,1 Prozent ein. Dazu passt, dass die Bezirke es nicht schaffen, ihre Budgets für Bauvorhaben auch nur ansatzweise auszuschöpfen. 30 Prozent der Mittel bleiben liegen, während die Senatsverwaltungen ihre Quoten insgesamt erfüllen können. Auch für den Bau des Flughafens BER ist noch Geld da. Laut Kollatz-Ahnen werden in der Rücklage des Senats für den Flughafen am Ende des Jahres noch 100 Millionen Euro auf eine Verwendung auf der Baustelle warten.
Die zusätzlichen Ausgaben kann sich die Stadt leisten, weil die eigenen Steuereinnahmen um 700 Millionen Euro deutlich höher liegen als erwartet. Dem gegenüber stehen sinkende Zuschüsse aus dem Länderfinanzausgleich. Die anderen Länder überweisen 112 Millionen Euro weniger als geplant, weil sich die relative Wirtschaftskraft der Stadt im Vergleich zum Rest des Bundesgebiets verbessert hat. Die Einnahmebasis Berlins wird zudem erheblich besser durch die zusätzlichen Hilfen des Bundes – etwa für die Finanzierung der Flüchtlingskrise.
Opposition moniert, die Reserven seien „angeknabbert“
Der Opposition ist die Ausgabenpolitik der SPD/CDU-Koalition nicht geheuer. Der Senator habe die Reserven, die es im Haushalt gab, gehörig „angeknabbert“, sagte der Finanzexperte der Grünen, Jochen Esser. Als ein Beispiel nennen die Grünen die Abschaffung der Gebühren für Kinderkrippen, die 80 Millionen Euro pro Jahr koste. Der Finanzsenator korrigiert den Eindruck, Berlin habe derzeit viel Geld: „Man schwimmt nicht im Geld, wenn man genug hat, um einen kleinen Teil der Schulden zu tilgen“, sagte Kollatz-Ahnen der Berliner Morgenpost. Dass am Donnerstag einige Ministerpräsidenten beim Gespräch mit der Bundeskanzlerin über den Länderfinanzausgleich ab 2019 die Berliner Überschüsse heranziehen könnten, sieht der Senator gelassen: „Wenn Berlin keine Altschuldenhilfe bekommt, muss man uns so ausstatten, dass wir wenigstens ein bisschen von diesen Schulden herunterkommen können.“