Bei der von Chefredakteur Carsten Erdmann moderierten Kinderpressekonferenz der Berliner Morgenpost zeigte sich, dass sich Kinder über Terror, Bürgerkriege imd weltweite Flüchtlingsströme viele Gedanken machen. Und über die Zukunft Berlins.
Emilia (9), Wilmersdorf: Wann wird der neue Flughafen in Schönefeld fertig?
Michael Müller: Die Bauarbeiten am neuen Teil des Flughafens werden ziemlich genau in einem Jahr abgeschlossen sein. So sieht die Planung aus. Dann muss aber noch geprüft werden, ob alles den vorgeschriebenen Standards entspricht, und das dauert noch einmal ein ganzes Jahr. Im Jahr 2017 soll der Flughafen so weit sein, dass man dort auch tatsächlich fliegen kann.
Simon (10), Charlottenburg: Wird der Flughafen Tegel geschlossen, wenn der neue Flughafen in Schönefeld fertig ist?
Ja, allerdings mit Zeitverzögerung. Die Schließung von Tegel war die Voraussetzung, um überhaupt die Genehmigung für den Bau des neuen Flughafens zu bekommen. Denn viele Menschen leiden unter Fluglärm durch den Flughafen Tegel mitten in der Stadt. Nach der Eröffnung des neuen Flughafens in Schönefeld wird Tegel noch für eine Übergangszeit benötigt und dann geschlossen.
Paul, 12, Biesdorf: Wohin fliegen Sie beruflich, und wohin fliegen Sie gern privat?
Ich war beruflich schon zwei Mal in China, erst vor kurzem war ich in Argentinien und dann war ich natürlich auch in den Berliner Partnerstädten Prag, Paris oder Wien. Privat war ich zuletzt mit meinen inzwischen schon großen Kindern in Amerika. In New York war ich schon häufiger, wir gehen aber auch gern in Österreich wandern.
TERRORGEFAHR IN BERLIN
Würden Sie in der aktuellen Situation nach den Anschlägen in Paris lieber auf das Fliegen verzichten?
Nein. Es gibt ja immer Länder, wo man sich vorher genau überlegen muss, ob es sinnvoll ist, dorthin zu reisen. Auf der Internetseite des Außenministeriums kann man sich erkundigen, für welche Länder es Reisewarnungen gibt. Durch Paris gibt es da aber keine andere Situation.
Nathalie , 12, Köpenick: Wie reagiert Berlin auf die Anschläge in Paris?
Viele Menschen sind spontan zur französischen Botschaft gegangen, haben dort Blumen nieder gelegt, Kerzen angezündet und getrauert. Es ist schön, so viel Anteilnahme zu sehen. Viele Berliner haben private Kontakte in Frankreich und Paris ist auch eine der Partnerstädte von Berlin. Hier vor Ort werden seit den Anschlägen bestimmte Einrichtungen besser geschützt. Wir wollen unser freies Leben so weiterführen wie vorher, auch mit Musikveranstaltungen oder Fußballspielen.
Manuel, 11, Wilmersdorf: Was tun Sie für die Sicherheit in der Stadt?
Für die Sicherheit sind alle gemeinsam verantwortlich. Es gibt einen zuständigen Innensenator, es gibt die Polizei, die Feuerwehr, den Verfassungsschutz. Für mehr Sicherheit wurden zum Beispiel Kameras auf Plätzen installiert, wo viele Diebstähle vorkommen. Und in den kommenden zwei Jahren sollen 400 zusätzliche Polizisten eingestellt werden. Nach den Anschlägen in Paris werden bestimmte Gebäude und Bereiche in der Stadt extra bewacht.
Oskar, 11, Dahlem: Halten Sie so einen Anschlag wie in Paris auch in Berlin für möglich?
Man kann natürlich in keiner großen Metropole einen Terroranschlag völlig ausschließen. Aber in Berlin gibt es keinen konkreten Anlass, das zu befürchten. Also nein.
Naima, 12, Mitte: Was wollen Sie tun, wenn durch die Anschläge in Paris in Berlin die Vorurteile gegenüber Muslimen wachsen?
Dagegen müssen wir alle gemeinsam etwas tun. Wir sind eine Gemeinschaft, und wir lassen nicht zu, dass uns Verbrecher auseinander dividieren. Die Verbrecher in Paris sind Kriminelle und Mörder, das hat nichts zu tun mit dem Islam.
FLÜCHTLINGE IN BERLIN
Anamaria, 11, Wilmersdorf: Unterstützen Sie die Aussage von Kanzlerin Angela Merkel, dass alle Flüchtlinge zu uns kommen können?
Ganz so hat das die Kanzlerin nicht gesagt. Sie hat vielmehr gesagt man könne den vielen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind, nicht die Hilfe verweigern. Das heißt nicht, dass alle nach Deutschland kommen können. Andere Länder nehmen auch Flüchtlinge auf. Und den Menschen, die nicht verfolgt werden oder aus Kriegsgebieten kommen, müssen wir sagen, dass wir ihnen nicht dauerhaft helfen können.
Antonia, 10, Lichtenberg: Wie viele Flüchtlinge kann Berlin aufnehmen?
Eine genaue Zahl kann ich da nicht nennen. Berlin hat bis jetzt 60.000 Flüchtlinge aufgenommen. Einige davon sind aber inzwischen auch wieder weg, weil sie in andere Städte weiter gereist sind oder weil sie schon wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Wichtig ist, wie wir künftig unser Zusammenleben organisieren. Flüchtlinge, die länger bleiben, müssen Wohnungen und Arbeit finden, damit sie integriert werden können. In manchen Bereichn, an den Schulen oder bei Wohnungen, wird man wahrscheinlich irgendwann an Grenzen kommen. Aber erst einmal kann Berlin noch Flüchtlinge aufnehmen.
Josephine, 13, Lankwitz: Gibt es in Berlin noch Platz für Flüchtlinge?
Wir haben noch Platz. Es gibt auch noch leere Flächen und Gebäude, doch nicht alle sind in einem Zustand, dass man dort sofort Flüchtlinge unterbringen kann.
Sophia, 11, Lichtenberg: Wie viele Flüchtlingsheime werden noch gebaut?
Im Moment gibt es 90 Standorte, hinzu kommen einige Turnhallen, die als Notunterkünfte genutzt werden. Wie viele es werden, kann ich nicht sagen, denn das kommt ja auch auf die Größe an.
Justin, 13, Steglitz: Warum werden die alten Häuser nicht renoviert, damit dort die Flüchtlinge einziehen können?
Das tun wir ja. Es wird sehr viel renoviert, doch im Moment kommen so viele Flüchtlinge, dass die leeren Häuser nicht ausreichen. Außerdem benötigt man ja auch Zeit, um Häuser zu renovieren. Deshalb müssen wir im Moment auch Lagerhallen oder Messehallen nutzen. Auf dem Messegelände zum Beispiel sind im Moment in einer Halle zirka 1000 Menschen untergebracht, weil wir für sie so schnell keine andere Unterkunft organisieren können.
Lisa, 10, Charlottenburg: Woher kommen die Container, die jetzt für Flüchtlinge aufgestellt werden und wie lange sollen die Menschen dort leben?
Das ist tatsächlich ein Problem, denn es gibt diese Container kaum noch. Sie werden ja im Moment nicht nur in Berlin gebraucht. Dort, wo wir Container aufgestellt haben, kann es auch sein, dass die Menschen viele Monate darin leben müssen. Denn genügend Wohnungen haben wir noch nicht.
Charlotte, 9, Charlottenburg: Wie organisieren Sie, dass alle Flüchtlinge gut Deutsch lernen?
Das ist eine sehr aktuelle und wichtige Frage. In der Politik diskutieren wir sehr viel, wie die Menschen, die zu uns kommen, die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Besonders wichtig ist dabei die Sprache, damit wir uns gut miteinander verständigen können. Kinder und Jugendliche lernen in der Schule in speziellen Willkommensklassen Deutsch. Derzeit gibt es für 6000 Kinder 600 solcher Klassen. Die Erwachsenen erhalten Sprachkurse in den Volkshochschulen.
Cane, 11, Neukölln: Sind schon alle Flüchtlingskinder in Berlin an einer Schule?
Möglicherweise bekommen einige Kinder erst einmal Übergangsangebote in den Erstunterkünften. Aber fast alle sind in den ganz normalen Schulen.
Melissa, 13, Lankwitz: Halten Sie es für möglich, dass es in Deutschland zu einem Bürgerkrieg kommen kann, wie zum Beispiel in Syrien?
Nein, das halte ich nicht für möglich. Zum Bürgerkrieg kann es dort kommen, wo Bevölkerungsgruppen über einen sehr langen Zeitraum zerstritten sind, zum Beispiel aus religiösen oder wirtschaftlichen Gründen. Das gibt es in Deutschland nicht. Hier gibt es zwar auch Unterschiede zwischen Arm und Reich, aber alle können ganz gut leben. Auch zwischen den Religionen gibt es keine großen Auseinandersetzungen.
Gabriel, 11, Schöneberg: Wie bekommt man eigentlich Asyl?
Um Asyl zu erhalten, muss man einen Antrag stellen und den auch begründen. Das heißt, man muss erklären, warum man in seinem Heimatland verfolgt wird oder, dass man aus einem Kriegsgebiet kommt. Die Behörde überprüft die Angaben und fällt dann eine Entscheidung über den Antrag. Bei einer Ablehnung hat man die Möglichkeit, die Entscheidung noch einmal durch ein Gericht überprüfen zu lassen. Das kann insgesamt ein langwieriges Verfahren sein.
Paulina, 11, Zehlendorf: Meine Familie hat die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen, dafür müssen wir die russische Staatsbürgerschaft ablegen. Warum können wir nicht beide Staatsbürgerschaften haben?
Bei bestimmten Ländern ist das möglich, aber das ist eher die Ausnahme. Mit der Staatsbürgerschaft bekennt man sich zum Grundgesetz eines Staates und damit zu den Werten des Landes. In einem anderen Land können diese Werte ganz anders aussehen.
Die Zukunft der Stadt
Lucie, 13, Tiergarten: Wird Berlin eine grüne Stadt mit vielen Bäumen bleiben?
Berlin ist eine der grünsten Metropolen Europas. Es gibt hier allein 450.000 Straßenbäume. Wir müssen zwar Kitas, Schulen und Wohnungen bauen, aber wir achten darauf, dass trotzdem viele Grünflächen erhalten bleiben. Es entstehen auch neue Parks, zum Beispiel der Park am Gleisdreieck oder das Tempelhofer Feld.
Mate, 10, Charlottenburg: Warum gibt es in Berlin nicht genügend Skateboard-Plätze?
Das kann ich leider nicht spontan beantworten. Ich weiß nicht, wie viele solcher Plätze es in Berlin gibt. Aber da werde ich gerne noch einmal nachhaken.
Sebastian, 11, Kaulsdorf: Werden in Berlin den kommenden Jahren mehr Elektro-Autos herumfahren?
Ja, denn die Elektro-Mobilität wird ja finanziell vom Staat unterstützt. Und auch die Autoindustrie arbeitet daran, immer bessere Akkus für Elektro-Autos herzustellen. Aber die Zahl der Elektro-Autos wird wohl langsamer steigen, als man es sich erhofft hatte. Es wird wahrscheinlich noch länger als fünf Jahre dauern, bis wir die Zielmarke von einer Million Elektro-Autos auf den Straßen, die einmal von der Politik gesteckt wurde, erreichen. Aber es geht voran. In Berlin gibt es nicht nur Elektro-Autos und Mopeds, sondern auch schon Elektro-Busse.
Sarah, 12, Wilmersdorf: Wie setzen Sie sich für Kinder und ihre Rechte ein?
In Berlin gibt es zum Beispiel ein Kinder- und Jugendparlament, wo die Kinder ihre Meinung zur aktuellen Politik äußern können. Wir nehmen das sehr ernst, auch wenn nicht alle Anregungen gleich umgesetzt werden können. Mitbestimmen können die Kinder auch in den Schülervertretungen an den Schulen. Bei den Wahlen in den Bezirken können schon 16-Jährige mit abstimmen.
Neta, 9, Grunewald: Wie schätzen Sie die Qualität der Berliner Schulen ein?
Berlin hat 800 Schulen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und unterschiedlichen Ausstattungen. Es gibt viele tolle Schulen, aber ich weiß auch, dass vor allem bei der Sanierung zum Beispiel von Toiletten und Turnhallen noch viel zu tun ist. Dafür muss noch viel mehr Geld als jetzt schon ausgegeben werden. Gleichzeitig müssen neue Schulen gebaut werden, denn es kommen immer mehr Kinder nach Berlin, auch unabhängig von den Flüchtlingen.
Persönliches
Tommy, 12, Kaulsdorf: Was war Ihr Lieblingsfach in der Schule?
Das wechselte. In der Grundschule war ich ein sehr guter Schüler, aber ab der achten Klasse im Gymnasium hat mir die Schule keinen Spaß mehr gemacht. Ich habe dann nach der zehnten Klasse aufgehört und eine Ausbildung begonnen, auch weil ich lieber arbeiten wollte. Meine Lieblingsfächer waren Deutsch, Geschichte, Biologie und Physik. Furchtbar fand ich damals Mathe und Fremdsprachen.
Theresa, 10, Grunewald: Was war Ihr Traumjob als Kind?
Mich hat alles fasziniert, was mit dem Weltall zu tun hat. Im Alter von ungefähr zehn Jahren wäre ich gern Astronaut geworden. Noch heute gehe ich gern ins Planetarium, ich interessiere mich für die Weltraumforschung und sehe auch gern Science-Fiction-Filme. Aber mit diesem Traumberuf wird es wohl nichts mehr werden.
Zoe, 10, Wilmersdorf: Wie sind sie darauf gekommen, Bürgermeister zu werden?
Das habe ich mir nicht vorgenommen. In meiner Familie wurde aber immer schon viel Wert auf Politik gelegt. Meine Eltern und meine Großeltern waren in einer Partei und auf Familienfeiern wurde immer viel diskutiert. Mit ein paar Freunden zusammen bin ich dann in die SPD eingetreten und daraus ist dann später mehr geworden.
Benjamin, 11, Köpenick: Aber wie wird man dann Bürgermeister?
Das kann man nicht so eindeutig beantworten. Es gibt keinen Plan, den man abhakt, um Bürgermeister zu werden. In der Regel ist das ein langer Weg. Ich bin mit 17 in die SPD eingetreten. Wenn man dann sehr aktiv ist, weil Politik Spaß macht, bekommt man auch immer mehr Aufgaben. Und wenn man dann noch von den Wählern unterstützt wird, hat man auch die Chance Bürgermeister zu werden.
Luiz, 12, Mitte: Was ist das Schönste an Ihren Aufgaben?
Das Schönste ist, dass ich so viele interessante Menschen kennenlernen kann. Schauspieler, Staatspräsidenten oder berühmte Wissenschaftler – das sind alles Menschen, die ich in meinem ursprünglichen Beruf als Drucker wahrscheinlich nicht getroffen hätte.
Nina, 12, Mitte: Ist es auch manchmal anstrengend, Bürgermeister zu sein?
Manchmal schon, aber nicht jeden Tag. Ich schlafe in der Regel fünf Stunden, und häufig arbeite ich auch an den Wochenenden. Es gibt schwierige Themen, in die ich mich einarbeiten muss, um mir eine Meinung zu bilden. Es gibt anstrengende und entspannte Tage, wie in jedem anderen Beruf auch.
Der größte Wunsch?
Sarah, 9, Lichtenberg: Fahren Sie mit dem Fahrrad oder mit dem Auto zur Arbeit?
Genau genommen, fahre ich sogar mit zwei Autos. Ein Dienstwagen holt mich von zu Hause ab, und da ich immer auch von einigen Herren begleitet werde, die für meine Sicherheit sorgen, kommt noch ein zweites Auto. Das erleichtert den Arbeitsalltag. In meiner Freizeit fahre ich sehr gerne mit dem Fahrrad, allein oder mit meiner Familie. Allerdings komme ich dazu nur noch selten.
Hoang, 11, Kaulsdorf: Wie viele Pressekonferenzen haben Sie am Tag?
Es gibt Tage mit ein oder zwei Pressekonferenzen und dann wieder eine Woche ganz ohne Pressekonferenz. Allerdings gebe ich jeden Tag oft mehrmals Interviews oder Statements ab, wenn Journalisten anrufen, oder habe andere öffentliche Auttritte.
Miro, 10, Wilmersdorf: Was machen Sie gern in Ihrer Freizeit?
Ich fahre in den Urlaub, ich lese gern skandinavische Krimis, ich gehe gern ins Fitness-Studio oder spiele mit Freunden Tennis. Ich finde es aber auch schön, einfach mal nichts zu tun und bis tief in die Nacht Fernsehen zu gucken. Keine Politik, sondern Fußball oder Krimis.
Malina, 12, Mitte: Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie einfach mit den Fingern schnipsen könnten und einen Wunsch frei hätten?
Spontan würde ich mir wünschen, dass alle Menschen Arbeit haben. In Neukölln zum Beispiel sind 20 Prozent der jungen Menschen arbeitslos. Wenn ich einfach mit dem Finger schnipsen könnte, würde ich dafür sorgen, dass diese Jugendlichen sofort einen Job bekommen. Denn es ist für jeden wichtig, nicht nur um Geld zu verdienen, sondern auch gebraucht zu werden.