Ein neuer Radweg soll unter der Trasse der U1 verlaufen. Während viele die Idee feiern, hat der Berliner Senat so seine Bedenken.
Die Pläne für einen Radweg unter der Hochbahn der U1 stoßen in Berlin auf ein geteiltes Echo. In den sozialen Medien wird die Idee gefeiert: „charmant“, „cool“, „großartig“. Ebenso in der Opposition des Abgeordnetenhauses. „Das ist ein innovatives, spannendes Projekt“, sagt Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar von den Grünen. Bei der baulichen Realisierung und der Finanzierung stünde die „Radbahn Berlin“ sicher noch auf dem Prüfstand. „Doch ich bin sicher, dass man durch die Radbahn mit dem Fahrrad schneller unterwegs wäre als mit der U-Bahn“, so Gelbhaar.
Doch die Verkehrsverwaltung des Senats hat so ihre Bedenken. Es handele sich bei den Flächen unter der Hochbahn um sehr sensible Bereiche, die nur eingeschränkt und unter hohen Kosten nutzbar seien, so ein Sprecher. Radwege auf dem Mittelstreifen von Hauptverkehrsstraßen ließen sich nur schwer an das umgebende Radverkehrsnetz anbinden. Geeigneter seien Radschnellwege abseits von Straßen, zum Beispiel durch Grünanlagen, über Gewerbe- oder Brachflächen oder – so wie von der CDU zwischen Zehlendorf und Potsdam vorgeschlagen – entlang von Bahnanlagen.
Gelbhaar will das nicht gelten lassen. „In Barcelona gibt es auch Radwege auf dem Mittelstreifen der Fahrbahn, ohne Probleme.“ Die Erwartungen bei manchem Radbahn-Fan sind trotzdem nicht allzu groß. „Was für eine großartige Idee“, schreibt einer bei Twitter. „Ich weine jetzt ein bisschen, weil der Berliner Senat dafür aber leider zu doof ist.“
Vom Bahnhof Zoo bis zur Oberbaumbrücke
Das Konzept zur „Radbahn Berlin“ wurde von einem achtköpfigen Team aus Berlin entwickelt. Es würde den Radverkehr in Berlin revolutionieren: Die Strecke soll vom Bahnhof Zoo bis zur Oberbaumbrücke – und damit auch unter dem Hochbahn-Viadukt der U-Bahnlinie 1 verlaufen. Trocken, sicher, stressfrei.
„Einer aus unserem Team wohnt direkt neben der U1 und hat sich gefragt, warum das Potenzial dieser Strecke nicht viel besser genutzt wird“, erklärt Team-Mitglied Perttu Ratilainen. Was auf den ersten Blick futuristisch anmutet, ist laut den Machern leicht umzusetzen. Auf einem Großteil der neun Kilometer langen Strecke verläuft bereits ein ungenutzter Weg. An anderen Stellen müssten lediglich die Parkplätze entfernt werden. Wo Treppen verlaufen, könnten Rampen gebaut werden. Im Prinzip sei die Strecke schon zu 80 Prozent fertig.
Größere Baumaßnahmen wären etwa vor dem Bahnhof Möckernbrücke nötig. Zur Überquerung des Landwehrkanals müsste die Radbahn dort als hängende Fahrbahn unter der Brücke verlaufen. An Kreuzungen könnte sie seitlich an das Viadukt angehängt werden und so über die Straße führen. „Die Radbahn ist leicht genug und ein Ingenieur hat ermittelt, dass das Viadukt das Gewicht auch halten kann“, sagt Ratilainen.
Druckempfindliche Bodenbeläge, die Bewegung in Strom umwandeln
Die Radbahn soll mehr sein als nur ein Radweg. Entlang der Strecke wollen die Entwickler Zonen zum Entspannen oder für einen Zwischenstopp einrichten, etwa einen Ruhesteg am Kanal oder Kaffee zum Mitnehmen am Gleisdreieck. Es soll Werkstätten geben, an denen kostenlos gepumpt, geflickt und geschraubt werden kann. Dazu viele Pflanzen, etwa einen „grünen Vorhang“ als akustischen Filter und für frische Luft.
Die Energie für Anlagen und Beleuchtung sollen druckempfindliche Bodenbeläge liefern, die Bewegung in Strom umwandeln. Und die Ampelschaltung würde sich natürlich nach dem Tempo der Radfahrer richten – auf eine solche Grüne Welle warten Berlins Radler auf der Straße seit jeher vergeblich.
Was der Bau kosten würde, weiß man noch nicht
Von einem „der Zukunft zugewandten Wahrzeichen“ sprechen sie beim Radbahn-Team und vergleichen ihre Idee mit der High Line in New York – eine stillgelegte Güterzugtrasse, die in eine Parkanlage mit Fußgängerzone umgewandelt wurde. Ihre Radbahn sehen sie auch als „Labor der Fahrradstadt“.
Denn dem Team ist natürlich nicht entgangen, dass Berlin mit seiner ebenen Fläche enorm viel Potenzial hat, dass die Zahl der Fahrradfahrer stetig steigt. Dass Berlin in Städtevergleichen zum Fahrradverkehr aber auch regelmäßig auf den hinteren Plätzen landet.
Wie viel der Bau kosten würde, kann das Team, das sich aus fünf Nationen zusammensetzt, nicht sagen, die Konzeption ist noch nicht abgeschlossen. „Wir sind alle berufstätig und machen das komplett in unserer Freizeit“, sagt Ratilainen. Man sei deshalb auf der Suche nach Sponsoren.