Der Platz unter dem Hochbahn-Viadukt der U1 ist ungenutzt, birgt aber großes Potenzial. Ein Team aus Visionären hat eine Idee, wofür.
Der November ist kein schöner Monat für Fahrradfahrer, ständig regnet es, und wenn es ganz schlecht läuft, liegt man wegen des nassen Laubs auf der Nase. Berlin ist obendrein kein schöner Ort zum Radeln, der Zustand der Radwege ein Ärgernis, die Infrastruktur mehr als ausbaufähig. „Ehrlich gesagt ist Fahrradfahren in Berlin ganz schön beängstigend“, sagt Perttu Ratilainen.
Der 38-jährige Finne und sieben Gleichgesinnte wollen sich das nicht länger antun. Ihre Idee würde den Fahrradverkehr in Berlin revolutionieren: Eine „Radbahn Berlin“, die unter dem Hochbahn-Viadukt der U-Bahnlinie 1 verläuft. „Einer aus unserem Team wohnt direkt neben der U1 und hat sich gefragt, warum das Potenzial dieser Strecke nicht viel besser genutzt wird“, sagt Ratilainen.
Was auf den ersten Blick futuristisch anmutet, ist laut den Machern leicht umzusetzen. Auf einem Großteil der neun Kilometer langen Strecke verläuft bereits ein ungenutzter Weg. An anderen Stellen müssten lediglich die Parkplätze entfernt werden. Dort, wo Treppen verlaufen, könnte Rampen gebaut werden. Im Prinzip sei die Strecke schon zu 80 Prozent fertig, heißt es in einer Broschüre zum Projekt.

Größere Baumaßnahmen wären etwa vor dem Bahnhof Möckernbrücke nötig. Zur Überquerung des Landwehrkanals müsste die Radbahn dort als hängende Fahrbahn unter der Brücke verlaufen. An Kreuzungen könnte sie seitlich an das Viadukt angehängt werden und so über die Straße führen. „Die Radbahn ist leicht genug und unsere Ingenieure haben ermittelt, dass das Viadukt das Gewicht auch halten kann“, sagt Ratilainen.
Die Radbahn soll mehr sein als nur ein Radweg. Entlang der Strecke wollen die Entwickler Zonen zum Entspannen oder für einen Zwischenstopp einrichten, etwa eine Ruhesteg am Kanal oder Kaffee zum Mitnehmen am Gleisdreieck. Es soll Werkstätten geben, an denen kostenlos gepumpt, geflickt und geschraubt werden kann. Dazu viele Pflanzen, etwa einen „grünen Vorhang“ als akustischen Filter und für frische Luft.
Die Energie für Anlagen und Beleuchtung sollen druckempfindliche Bodenbeläge liefern, die Bewegung in Strom umwandeln. Und die Ampelschaltung würde sich natürlich nach dem Tempo der Radfahrer richten – auf eine solche Grüne Welle warten Berlins Radler auf der Straße seit jeher vergeblich.

Die Vorteile ihrer Idee liegen für die Radbahner auf der Hand: Mit seinen breiten Straßenanlagen und der ebenen Fläche bietet Berlin ideale Voraussetzungen für den Radverkehr. Und die Zahl der Fahrradfahrer steigt stetig.
Wie viel sie genau kosten würde, hat das Team, das sich aus fünf Nationen zusammensetzt, noch nicht ermittelt, die Konzeption ist noch nicht abgeschlossen. „Wir sind alle berufstätig und machen das bisher komplett in unserer Freizeit“, sagt Ratilainen. Man sei deshalb auf der Suche nach Sponsoren.