Berliner Geheimnisse

Der verschwundene Luisenstädtische Kanal

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Eva-Maria Bast

Die Morgenpost-Serie „Berliner Geheimnisse“ stellt Stadtdetails vor. Heute: Eine kuriose Ausbuchtung

Es ist, als würde das Wasser an dieser Stelle mehr Platz benötigen: Der Landwehrkanal hat hier eine kleine, runde Ausbuchtung. Man kann wunderbar auf der Mauer sitzen und über das Wasser blicken. Doch diese Ausbuchtung ist nicht einfach zur Zierde da, sondern erinnert daran, dass es Zeiten gab, in denen Kreuzberg ganz anders aussah als heute: „Das ist der frühere Urbanhafen, hier zweigte einst der Luisenstädtische Kanal ab“, erzählt Stadtführerin Hilke Gerdes. „Das war ein Verbindungskanal zwischen der Spree und dem Landwehrkanal.“

Schon im Jahr 1825 hatte es Planungen gegeben, einen Nord-Süd-Kanal durch die Luisenstadt anzulegen. Realisiert wurden diese Pläne jedoch zunächst nicht. Nachdem aber Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) den Thron bestiegen hatte, beauftragte er den Gartenkünstler und Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné (1789–1866) mit der Stadtplanung. Der legte die ursprünglichen Pläne zugrunde, die darauf abzielten, einen Verbindungskanal zwischen Landwehrkanal und Spree zu schaffen, außerdem wollte er den Landwehrkanal schiffbar machen.

Denn der Verkehr auf der Spree hatte immer mehr zugenommen und der Landwehrkanal, auf dem ab 1705 Holz zum Königlichen Holzplatz am Halleschen Tor transportiert wurde, eignete sich gut als Entlastungskanal. „Auch konnten über den Kanal die Baugrundstücke sowohl entwässert als auch mit Baumaterial beliefert werden“, sagt Gerdes. Über 2,3 Kilometer erstreckte sich der Luisenstädtische Kanal. „Es war für Lenné auch wichtig, Orte für die Naherholung zu schaffen“, betont Hilke Gerdes, „Plätze, an denen man sich gerne aufhält und an denen man sich entspannen kann.“ Den Erholungswert von Wasser erkannte man damals schon, jedenfalls sollte ein schöner Kanal Mittelpunkt des Stadtviertels werden.

Doch so schön die Pläne für die idyllische Naherholung waren: So richtig wurde es damit nichts. Allzu oft wurde der Luisenstädtische Kanal nicht befahren, und das Wasser fing an zu stinken, zumal Berlin auch nicht kanalisiert war und das Abwasser direkt im Kanal landete – in dem man sich ungeachtet dessen auch wusch und badete. Also wurde der Kanal 1926 wieder zugeschüttet.

Aber auch jetzt wurde der Wunsch nach einem Naherholungsgebiet nicht fallengelassen: Wo einst Wasser floss, legte man nun eine Grünfläche an. Und auf der kann man sich bekanntlich ebenso gut entspannen. Außerdem: Teilweise gibt es auch hier noch Wasser. Den Indischen Brunnen in der Nähe des nach der Maueröffnung wieder gefluteten Engelbeckens etwa, an dem zahllose Berliner Tag für Tag Erholung finden.

So gehts zur Ausbuchtung: Der Weg am Landwehrkanal in der Nähe von Fraenkelufer/Erkelenzdamm führt zu der Ausbuchtung am Ufer. Geheimnisse im Netz: www.morgenpost.de/berliner-geheimnisse