Erstmals verweigert eine Zeugin die Aussage vor dem BER-Untersuchungsausschus. Ihr drohen nun 10.000 Euro Ordnungsgeld.
Eklat im BER-Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus: Erstmals hat eine Zeugin die Aussage verweigert. Selbst im vertraulichen Teil der Sitzung am Freitag wollte eine für die Wirtschaftsberatungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (pwc) tätige Prüferin den Abgeordneten nicht Rede und Antwort stehen.
Erstmals in seiner mehr als dreijährigen Arbeit beschloss der Ausschuss unter Vorsitz von Martin Delius (Piraten) daraufhin, ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro gegen die Zeugin zu beantragen. Das Landgericht muss die Entscheidung aber noch bestätigten.
„Das ist mein dritter Untersuchungsausschuss, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte Andreas Otto (Grüne). „Für mich stellt sich da die Frage, was hat pwc zu verbergen?“ Möglicherweise wüssten die Wirtschaftsprüfer mehr über das Scheitern des BER im Jahr 2012, als bisher bekannt sei. Die Missachtung des Parlaments verwundere insbesondere deshalb, weil es am BER ausschließlich um öffentliche Aufträge gehe.
Wirtschaftsprüfer haben eine Schlüsselposition
Die Wirtschaftsprüfer von pwc haben beim Milliarden-Projekt BER eine Schlüsselfunktion inne, sind sie doch im Auftrag des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg für das sogenannte Bürgen-Controlling zuständig. Pwc hatte außerdem jahrelang die Geschäftsberichte der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) geprüft.
Um den Flughafen-Neubau in Schönefeld zu finanzieren, hat die FBB bei Banken Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen. Abgesichert sind diese mit Bürgschaften des Bundes und der an der FBB beteiligten Länder Berlin und Brandenburg. Das heißt, die öffentliche Hand verbürgt sich dafür, dass die Flughafengesellschaft jederzeit die Zins- und Tilgungsraten an die Banken zahlt. Kann sie das nicht mehr, springen der Bund und die Länder ein.
Die pwc-Prüferin sollte zu Problemen der Finanzierung des BER-Projekts befragt werden, so Jutta Matuschek von der Linken. Dazu hatte die Zeugin die Aussagegenehmigung sowohl der Flughafengesellschaft, als auch der drei Auftraggeber gehabt. Pwc habe jedoch schon vorab angekündigt, dass seine Mitarbeiterin keine Aussage machen werde. „Es ist sehr bedenklich, wenn sich ein privates Unternehmen über die Rechte des Parlaments stellen will“, sagte Matuschek.
„Missachtung des Parlaments nicht hinnehmbar“
„Wir sind der Zeugin schon entgegengekommen und haben die Befragung in den vertraulichen Teil gelegt“, sagte der CDU-Abgeordnete Stefan Evers. Doch auch dort sei die Zeugin zu keiner Aussage bereit gewesen. „Eine solche Missachtung des Parlaments ist nicht hinnehmbar“, so Evers. Der Ausschuss werde sich weitere Maßnahmen vorbehalten, wenn es bei der Verweigerungshaltung bleibe.
Der BER-Ausschuss untersucht seit mehr als drei Jahren die geplatzte Eröffnung des Flughafens im Juni 2012 und das Krisenmanagement danach. Rund 50 Zeugen haben die Abgeordneten bisher angehört – darunter den einstigen Flughafenchef Rainer Schwarz, Berlins früheren Regierenden Bürgermeister und Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Klaus Wowereit (SPD), oder auch den früheren Planer Alfredo di Mauro, der sich am Flughafen zeitweise als Ingenieur ausgab.
Zweiter Zeuge des Tages war Helmuth Markov (Linke), der als früherer brandenburgischer Finanzminister auch Mitglied im Flughafen-Aufsichtsrat war. Nach Angaben des Grünen-Abgeordneten Otto habe Markov zugegeben, dass der Kündigung des Generalplaners pg bbi im Sommer 2012 lediglich eine interne Diskussion im Aufsichtsrat voran gegangen sei.
Kosten steigen auf 5,4 Milliarden Euro
Es sei vorher weder externer Rat eingeholt, noch eine Folgenabschätzung erstellt worden. Die überstürzte und fristlose Entlassung des Generalplaners gilt inzwischen als eine Hauptgrund für monatelangen Stillstand und Chaos auf der Flughafen-Baustelle. Seit Baubeginn im Jahr 2006 haben sich die Kosten für den neuen Hauptstadtflughafen von knapp zwei Milliarden Euro auf inzwischen 5,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.