In Berlin wohnen nur 15 Prozent der Einwohner in den eigenen vier Wänden. Für 25 Prozent der Berliner Mieter würde es sich allerdings finanziell lohnen, wenn sie als Selbstnutzer in eine Eigentumswohnung umziehen würden. Das geht aus dem Wohneigentumsreport Berlin 2015/2016 hervor, den das Immobilienunternehmen Ziegert am Mittwoch veröffentlicht hat. Allerdings betreffen mehr als 90 Prozent der Anfragen von kaufwilligen Berlinern Eigentumswohnungen im Segment unterhalb von 3000 Euro je Quadratmeter, heißt es weiter in der Studie. Gute Chancen, noch preiswertes Eigentum zu finden, sieht die Studie vor allem in Neukölln, Tempelhof, in Charlottenburg nördlich der Bismarckstraße sowie in Pankow und Köpenick.
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„Ausländische Investoren müssen sich beim Blick auf Berlin wie im Schlaraffenland fühlen“, schreibt Michael Voigtländer, Professor am Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Geleitwort der Studie. Trotz merklicher Steigerungen liegen die Kaufpreise für Wohneigentum immer noch deutlich unter denen in London, Mailand oder Paris. Zudem sind die Kredite günstig wie nie.
Schlaraffenland für ausländische Investoren
Ein Schlaraffenland ist der Berliner Wohnungsmarkt für ausländische Investoren jedoch auch deshalb, weil sie in der Lage sind, deutlich höhere Preise zu zahlen als die Berliner. Nur etwa 50 Prozent der Käufer von Eigentumswohnungen wohnen auch in der Hauptstadt. Der Anteil ausländischer Käufer liegt mittlerweile bei 17 Prozent, der Rest entfällt auf das übrige Bundesgebiet. Grund für die relative Kaufzurückhaltung der Berliner ist vor allem das niedrige Gehaltsniveau. 2014 hatte der durchschnittliche Berliner Haushalt ein Nettoeinkommen von 1675 Euro pro Monat. Allerdings wächst auch die Gruppe der Besserverdiener in Berlin. So ist der Anteil der Haushalte, die monatlich mehr als 3200 Euro netto zur Verfügung haben, von elf Prozent im Jahr 2005 auf 16 Prozent im Jahr 2014 gestiegen.
Das spiegelt sich vor allem in den Anfragen wider, die über das Internetportal Immobilienscout24 eine Eigentumswohnung suchen. 90 Prozent aller Interessenten waren auf der Suche nach einer Wohnung für unter 3000 Euro je Quadratmeter. Diese sogenannten erschwinglichen Wohnungen sind allerdings in den gefragten Innenstadtbereichen nur schwer zu finden. In Mitte beispielsweise lagen 65 Prozent aller Kaufangebote oberhalb von 3500 Euro.
Ausländische Käufer zahlen höhere Preise
Die Zahl der Transaktionen von Wohnungen mit einem Kaufpreis von mehr als 5000 Euro pro Quadratmeter ist im vergangenen Jahr um 46,5 Prozent gewachsen. „Ein Teil der Effekte geht auf die steigenden Neubauverkäufe zurück“, sagt Nikolaus Ziegert, Chef des gleichnamigen Immobilienunternehmens. Speziell um die 5000-Euro-Marke gebe es inzwischen eine ganze Reihe von Angeboten, die sich längst nicht mehr als „Luxus definieren“. Der Luxusbereich, so Ziegert weiter, beginne heute erst ab einer Marke von 7500 Euro je Quadratmeter.
Bei solchen Preisen für eine gut sanierte oder neue Wohnung in den zentralen Berliner Lagen sowie in den traditionell gefragten Lagen von Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Schöneberg, Zehlendorf, Charlottenburg und Wilmersdorf sind es dann auch verstärkt ausländische Interessenten, die bereit sind, solche Summen zu zahlen. 600 Meter vom Brandenburger Tor entfernt habe man beispielsweise 40 Prozent der 64 Wohnungen an Käufer aus der Schweiz, Australien, China, Russland, Italien, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Luxemburg und Amerika verkauft, berichtet Ziegert.
Außerhalb dieser stark nachgefragten Stadtgebiete verzeichnet die Studie allerdings einen deutlichen Angebotsüberhang bei Wohnungen, die für mehr als 4500 Euro je Quadratmeter angeboten werden. Dass nur so wenige Berliner Eigentümer werden, ist angesichts der steigenden Wohnungsnachfrage, die nach Schätzung des IW Köln bis 2030 um 15 Prozent zunehmen wird, aus Sicht des Immobilienökonomen bedauerlich. Denn die sogenannten Selbstnutzerkosten (Finanzierungskosten, Abnutzung, Instandhaltung, Wertzuwachs und Grundsteuer) seien in Berlin weit unter den Kosten einer vergleichbaren Mietwohnung, so Voigtländer. Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung müssten aktuell 4000 Euro im Jahr an Selbstnutzerkosten gezahlt werden, während eine vergleichbare Mietwohnung mit einer Jahresnettokaltmiete von rund 8000 Euro zu Buche schlagen würde.
Berliner Mieterverein
Geht es nach Ziegert, sollte die Politik deshalb ihre Förderung überdenken. „Die Priorität liegt nach wie vor auf dem Mietwohnungsbau, obwohl Miete in einer wachsenden Stadt nicht nachhaltig ist“, so der Immobilienmakler, der deshalb dafür plädiert, dass Haushalte mit mittlerem Einkommen Förderung vom Staat erhalten, damit sie in die Lage versetzt werden, Eigentum zu erwerben.
Der Chef des Berliner Mietervereins (BMV) sieht dies jedoch eher skeptisch. „Die Studie zeigt ja, dass erschwingliche Wohnungen knapp sind“, sagt Reiner Wild. Zudem seien die preiswerten Wohnungen hauptsächlich in schlechteren Lagen anzutreffen. Deren Veräußerung sei später oft nicht problemlos möglich. „In den guten Lagen sind die 3000 Euro dagegen sicher gut angelegt, aber Wohnungen auch schwer zu finden“, sagt Wild. Zudem würden viele Berliner nur über wenig Eigenkapital verfügen. Und niemand könne garantieren, dass das Zinsniveau nach Ablauf der meist zehnjährigen Zinsbindungsfrist nicht wieder steigt. Deshalb „wird Berlin auch auf lange Sicht eine Mieterstadt bleiben“, ist sich der Mietervereins-Chef sicher.