Die Berliner trotzen der prekären Sicherheitslage. Ungeachtet der Gewalt, die sich wieder einmal zwischen Israelis und Palästinenser hochschaukelt, reist am Sonnabend eine Delegation aus der deutschen Hauptstadt nach Israel. An der Spitze stehen der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer Eric Schweitzer. Müller wird nach bisherigem Stand am Dienstag auch die Palästinensergebiete besuchen und mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas politische Gespräche führen. Am Sonntag trifft der Regierende Bürgermeister den israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin.
Besonders der Ausflug nach Ramallah im Westjordanland gilt wegen der neu aufgeflammten Gewalt im Land als ungewiss. Derzeit habe die deutsche Botschaft jedoch signalisiert, dass es beim Programm keine Abstriche geben müsse, sagte der Protokollchef des Landes Berlin Volker Pellet am Freitag. Müller nannte in einer Pressemitteilung das Hauptanliegen seiner Reise: Es gehe darum, die guten Beziehungen zwischen Berlin und Israel zu pflegen und zu vertiefen.
Neben der Kultur, die mit zwei Ausstellungen des Bauhaus-Archivs in Tel Aviv und der Neuen Nationalgalerie in Jerusalem präsent ist, soll das vor allem über Wirtschaft und Wissenschaft geschehen. Die Präsidenten von Technischer und Freier Universität, Christian Thomsen und Peter-André Alt, werden mit der Universität von Tel Aviv über Kooperationen beraten. Die Wirtschaftsdelegation umfasst 28 Teilnehmer. Mehrere Kooperationsvereinbarungen sollen unterzeichnet werden.
Dabei sind neben der Berliner Energieagentur, der Gasag und dem Herzschrittmacher-Spezialisten Biotronik, dem Onlinehändler Zalando auch Zellforscher der Charité, die Netzwerk-Experten vom Fraunhofer Fokus Institut sowie Architekten, Planer, Technologie-Firmen und Start-ups.
Für den Chef der IVU-Traffic Technologies, Martin Müller-Elschner, bietet die Reise einige Chancen. Die IVU, die Software für Verkehrsunternehmen herstellt, ist seit fünf Jahren in Israel aktiv, seit Neuestem mit eigener Niederlassung. Unter anderem haben die Berliner die Informationsapp für Jerusalems Nahverkehr programmiert. „Wir hoffen, dass in Israel noch viel mehr geht“, sagte der Manager. Es sei wertvoll, politische Begleitung zu haben.
Auch der Jungunternehmerin Sonja Jost öffnet die Delegation wichtige Türen. Ihre Firma Dexlechem entwickelt Verfahren, um die Produktion von Medikamenten effizienter und ökologischer zu machen. Jetzt bekam das Start-up zwei Stunden beim Entwicklungschef von Teva, einem der weltgrößten Hersteller von Generika. „Für uns ist das eine große Chance“, sagte Jost.
IHK-Geschäftsführerin Melanie Bähr hofft auf Kooperationen von Start-ups. Eine israelische Firma wird ausgesucht, die als erste einen gesponsorten Aufenthalt in Berlin erhält, um von hier aus den europäischen Markt anzugehen.