Berlin. Noch stehen auf dem Vorplatz Bagger, durch die Mittagssonne fliegt der Staub von Bauschutt. Die Zimmer drinnen aber sind schon blank geputzt. Über den Waschbecken stehen Shampoo und Zahnbürsten bereit. An der Wand im Bad hängen Waschlappen. Das Kinderbett unter dem Küchenfenster ist mit frischen Laken überzogen. Eine geblümte Decke liegt darauf. Und im Gemeinschaftsraum hat jemand Spielzeug verstreut. Bald werden Kinder unter den Decken schlafen, Eltern an den Elektroherden der Pantry-Küchen ihr Abendessen kochen.
An diesem Montag ziehen die ersten Flüchtlinge ins Containerdorf von Steglitz-Zehlendorf ein. 300 Menschen werden am Ostpreußendamm mit der Nummer 108 Platz finden. Wie viele andere kommen sie aus Krisenregionen. Und doch tragen die Bewohner besonders schwer. Mit dem Heim will der Berliner Senat schutzbedürftigen Flüchtlingen eine Unterkunft geben: stark Traumatisierten beispielsweise, hochschwangeren Frauen, Müttern mit Kindern oder homosexuellen Paaren. „Hier ist ein Haus mit Seele entstanden“, sagte Gisela Netzeband, Geschäftsführerin des Diakonie-Tochtervereins „Miteinander leben aber anders“ (MILaa), der das Gemeinschaftsheim in Zehlendorf betreibt. „Hier können sich die Bewohner geschützt und wohlfühlen.“
Mehr Privatsphäre für die Bewohner
Für das Containerdorf haben sich die Bauherren darum eine besondere Bauweise überlegt, die mehr Privatsphäre für die Asylbewerber zulässt. So erhalten Frauen bei Bedarf ihre Zimmer in einem anderen Schlafbereich als Männer. Jedes Familienzimmer hat einen Herd und ein Waschbecken. In einem der beiden Häuser befinden sich behindertengerechte Wohneinheiten, mit direktem Zugang zu einer Toilette. Auch haben die Neubauten im Vergleich zu anderen Containerdörfern eine komfortablere Ausstattung. „Die Container sind mit drei Metern um einen halben Meter breiter als sonst üblich“, sagte Detlef Cwojdzinski, Leiter der Task Force des Lageso. „Bei Familien mit zwei Kindern braucht es einfach mehr Platz.“
Die Gemeinschaftsküchen sind 30 Quadratmeter groß und bieten mit sechs Spülen ausreichend Raum für gemeinsames Kochen und Essen. Die Duschbereiche wurden mit Umkleidekabinen ausgestattet. Erstmals ist auch je Einheit eine Hocktoilette eingebaut. „Viele Flüchtlinge sind damit aufgewachsen“, sagte der künftige Einrichtungsleiter Wolfgang Keller. „Der Körper lässt sich dann nur schwer an Sitztoiletten gewöhnen. Einige kletterten in der Vergangenheit dann sogar drauf.“ Selbst die grellen Neonlampen und Röhren an den Decken sind verschwunden. Weiß tapezierte Wände ziehen sich durch das Gebäude, von den Decken strömt warmes Licht.
Viele freiwillige Helfer
Zwei Sozialarbeiter und zwei Sozialbetreuer werden dem Einrichtungsleiter Wolfgang Keller zur Seite stehen. Außerdem einige freiwillige Helfer. „Wir können uns vor E-Mails kaum retten“, sagte Veronika Mampel, Koordinatorin für Flüchtlingsarbeit im Stadtteilzentrum Steglitz. „Wir werden die Flüchtlinge mit Jugend- und Nachbarschaftshilfe gut integrieren können.“ Ein erstes Treffen der Helfer sei für den 11. September im Nachbarschaftszentrum geplant. Im Oktober würden die Flüchtlinge dann mit einem großen Willkommensfest begrüßt. Das Flüchtlingsheim in Steglitz-Zehlendorf ist das letzte von insgesamt sechs Wohncontainerdörfern, die der Berliner Senat innerhalb eines Jahres fertigstellen ließ.
Zwei Monate Bauarbeiten
Die Bauarbeiten für die Unterkunft am Ostpreußendamm dauerten etwa zwei Monate an. Die Kosten der Anlage belaufen sich voraussichtlich auf rund 6,5 Millionen Euro, so Cwojdzinski. „Genaueres müssen die Schlussabrechnungen ergeben.“ Damit bliebe die Anlage sowohl zeitlich als auch finanziell im geplanten Rahmen.
Am Montag sollen die ersten 96 Flüchtlinge auf das Gelände am Ostpreußendamm einziehen. Eines der zwei Häuser ist fertiggestellt. Ein zweites mit behindertengerechten Sanitäranlagen soll voraussichtlich in zwei Wochen bezugsfertig sein. Auf dem Vorplatz soll außerdem ein Kinderspielplatz entstehen. In dem Heim werden Asylbewerber der Phase zwei untergebracht. Gemeint sind damit solche Asylbewerber, die bereits die Übergangsfrist der ersten drei Monate durchlaufen haben und sich frei im Bundesgebiet bewegen dürfen.