Urlaubszeit

Berliner Haustiere zwischen Wellnessferien und Pappkarton

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Isabel Metzger

Viele Berliner müssen Hund und Katze im Urlaub außer Haus unterbringen. Das Tierheim ist schon übervoll – hochwertige Pensionen auch.

Kenni ist auf Zwischenstopp. Zusammen mit zwei anderen Katzen teilt sie sich Käfig Nummer 13 C im „Garfield“-Haus des Berliner Tierheims. Die Hauskatze liegt zwischen flauschigen Decken, einem Pappteller mit Trockenfutter, einem Wassernapf. Zutraulich sei sie, verrät das Papierschild an der Glasscheibe. Aber noch nicht streichelbar.

Am 3. August griff sie jemand auf, weil sie allein über die Berliner Straßen streunte. Danach bekam sie erst einmal die Grundversorgung, Futter und Wasser, einen Gesundheitscheck auf dem Arzttisch. Seitdem ist sie noch etwas schreckhaft. Kenni wartet auf einen neuen Besitzer. So wie viele andere Katzen, die in der Urlaubszeit hier ihr ein Zuhause finden. Rund 70.000 Tiere landen laut Deutschem Tierschutzbund in der Sommersaison in den 500 registrierten Tierheimen.

Auch Affen werden abgegeben

Viele Halter wissen in der Urlaubszeit nicht wohin mit ihren Tieren. Und setzen sie dann kurzerhand vor die Tür. Wenn sie Glück haben, kommt ein Passant vorbei und nimmt sie auf – oder bringt sie nach Falkenberg zum Berliner Tierheim. „Jedes Jahr im Sommer sind wir pickepackevoll“, sagt Sprecherin Beate Kaminski. 1600 Tiere wohnen momentan in den Gehegen am Hausvaterweg. Davon sind im Sommer allein 650 Katzen, 300 Hunde und einige Vögel, Meerschweinchen, Chinchillas, Hausratten. Auch Reptilien, Affen und Schweine werden abgegeben.

Kapazitäten gibt es kaum noch. Für die Standardfälle, bei denen Besitzer ihren Hund wegen einer Allergie oder aus beruflichen Gründen abgeben möchten, wird es im Sommer deshalb oft eng. „Tiere in Not werden wir nie abweisen“, so Kaminski. „Aber in solchen Fällen versuchen wir, gemeinsam erst noch andere Möglichkeiten zu finden.“ Im August landen im Tierheim vor allem Katzen. Nicht nur wegen der Urlaubszeit. „Im Frühling paaren sich Hauskatzen oft mit den freilebenden“, sagt Kaminski. „Wenige Wochen später werfen sie. Und bis zum Sommer kommen viele Junge zu uns.“ In Berlin gebe es keine Kastrationspflicht. „Die Situation bei den Katzen ist sehr schwierig.“

An Einfallsreichtum mangle es den Besitzern nicht, wenn es darum geht, die einstigen Lieblinge schnell und unauffällig zu entsorgen. Manche binden ihre Hund an einen Baum, manche stellen eine Katzenbox vor das Seniorenwohnheim. „Wir hatten sogar schon einen Fall mit Minischweinen an der Raststätte“, sagt Kaminski. Auch zugeklebte Kartons in Mülltonnen mit Meerschweinchen oder Mäusen kämen vor. „Wenn die nicht schreien, dann bekommt das niemand mit.“ Im Tiergarten tauchten hin und wieder Schildkröten auf. Vermutlich wegen der vielen Teiche, so Kaminski. Ein Besitzer wollte sein Kaninchen im Tierheim abgeben. Als er hörte, dass er Abgabegebühren zahlen müsste, verschwand. „Zwei Stunden später hoppelte das Kaninchen draußen auf dem Parkplatz.“

Auch bei privaten Tierpensionen sind im Sommer oft alle Plätze belegt. Pension Kuschel in Reinickendorf war bereits Mitte Juni praktisch ausgebucht. „Wir sind fast bis zum Ende der Ferien voll“, sagt Richard Mauer, der sich in der Pension mit seiner Frau um Katzen und Kleintiere kümmert. 25 Katzen leben derzeit auf dem Gelände. Außerdem mehr als 20 Meerschweinchen und Kaninchen. „Optimale Auslastung also.“

Die Zimmerzahl in den Tierpensionen wird knapper. 2013 schloss bereits das Hundehotel an der Leibnizstraße in Charlottenburg. Und Ende letzten Jahres zog sich auch das Pfötchenhotel aus Beelitz zurück. Als Ersatz fährt nun ein Shuttle ab Tiergarten zum Pfötchenhotel in Jade an der Nordsee. „Die Urlaubszeit bekommen wir hier deutlich zu spüren“, sagt Maike Schnell, die an der Hotel-Rezeption in Alt-Moabit arbeitet, von wo die Tiere abgeholt werden. Kurzfristige Buchungen seien schwierig. „Aber einfach vorbeikommen und abliefern geht sowieso nicht“, sagt Schnell. Erst müssten die Buchungsdaten abgesprochen werden – und die besonderen Bedürfnisse der Tiere. „Die Hunde kriegen bei uns Einzelbetreuung“. Will heißen: Physiotherapie, Haarkuren im Hundesalon, Agility Training. Zweimal die Woche fährt der klimatisierte Transporter vor und soll Hunde, Katzen, Kaninchen und Frettchen zum Wellnessurlaub am Meer bringen.

Stammklientel in Steglitz

Das Ferienheim „Hund und Katze“ in Steglitz bedient vor allem Stammklientel. Dierk Gerriets führt den Familienbetrieb in zweiter Generation. Der August ist bei ihm der vollste Monat, mit etwa 20 Tieren: Katzen, Wellensittiche, Kaninchen sind bei ihm zur Zeit untergebracht. „Im Oktober liegen wir noch bei einem Drittel oder Viertel der Belegung“, sagt er. „Da ist es bei uns nicht anders als in der Hotellerie für Menschen.“ Der Berliner nimmt inzwischen allerdings Veränderungen war. „Wir leben viel von Reha- und Kurmaßnahmen“, sagt er. „Von Einzelhaushalten, in denen keine Angehörigen helfen können, wenn die Katze allein zu Hause bleiben muss.“ Die kämen das ganze Jahr über. „Die typische Familie mit Kindern, die in den Urlaub fährt und ihre Tiere zu uns bringt, das war einmal“, sagt Gerriets.

Laura Heppe, Geschäftsführerin des Hundehotels „Four Dogs“ in Köpenick empfiehlt, möglichst zwei Monate vor dem Urlaub schon zu buchen. „Das ist wie beim Kindergarten: Wir machen mit den Hunden erst noch eine Eingewöhnung“, sagt sie. Und das brauche Vorlaufzeit. Momentan sei das Hotel „gut besucht“, mit 20 Tieren. „Aber das variiert nach Größe und Rasse.“ Zusammen mit ihrem Mann und einer Kollegin versorgt sie die Hunde. Inzwischen gingen die Anfragen für September los. „Dann haben wir wieder mehr Luft“, sagt sie.