Verkehr in Berlin

So gefährlich ist das Parken auf dem Fahrradweg

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Andreas Gandzior
Prenzlauer Berg: Mitarbeiter des Ordnungsamtes kontrollieren ein Auto, das mitten auf einem Fahrradweg steh

Prenzlauer Berg: Mitarbeiter des Ordnungsamtes kontrollieren ein Auto, das mitten auf einem Fahrradweg steh

Foto: Buddy Bartelsen

Von Fahrzeugen blockierte Radstreifen sind ein Dauerthema bei Auto- und Radfahrern. Dabei gibt es klare Regeln für die Nutzung.

Für Fahrradfahrer kann die Fahrt auf einem Radfahrstreifen oder Schutzstreifen lebensgefährlich sein. Grund sind Autofahrer und Lieferanten, die die eigens für den Radverkehr eingerichteten und auf den Fahrbahnen markierten Spuren ignorieren und zuparken. Die Folge: Radfahrer müssen in einem solchen Fall in den fließenden Verkehr ausweichen und sich zwischen den fahrenden Autos einfädeln.

Laut Unfallstatistik ist im vergangenen Jahr auf Berlins Straßen alle zwei Stunden ein Radfahrer verunglückt. Dabei kamen zehn Radfahrer ums Leben, 598 wurden schwer verletzt, 4761 kamen mit leichten Verletzungen davon. Eine der häufigsten Unfallursachen waren demnach Fehler der Radfahrer beim Einfädeln in den fließenden Verkehr. Insgesamt 618 Schadensfälle weist die Statistik aus. Wie hoch der Anteil derjenigen ist, die durch Falschparker gezwungen waren, den vermeintlich sicheren Radstreifen zu verlassen, ist nicht erfasst.

Nach Angaben des Verkehrsexperten der Berliner Polizei, Stefan Drescher, wurden im Vorjahr von der Polizei und den Ordnungsämtern die Nummern von 12.780 Fahrzeugen aufgeschrieben, die auf den Radstreifen geparkt hatten. In 144 Fällen wurde ein Abschleppwagen gerufen, um das Auto umzusetzen. Die Dunkelziffer dürfte bei dem Vergehen um ein Vielfaches höher sein.

„Ich war doch nur eine Minute im Geschäft da drüben; ich musste nur eine Getränkekiste in den Kofferraum stellen; ich habe nur meine kranke Mutter in ihre Wohnung begleitet“ – das sind, so ein Mitarbeiter des Pankower Ordnungsamtes, nur einige Ausreden, die sie von Autofahrern zu hören bekommen. Irgendeinen Grund für das Parken auf den Radstreifen würden Autofahrer immer finden. Egal, ob Privatfahrer, Handwerker, Lieferant, Paketzusteller oder Taxifahrer – quer durch alle Autofahrerschichten werden die markierten Wege für die Radfahrer ignoriert.

Be- und Entladen verboten

„Das Parken auf den Schutzstreifen ist verboten“, sagt Drescher. „Auch wenn es nicht extra ausgeschildert ist, gilt dort ein Parkverbot.“ Die Fahrradstreifen dürften nur bei Bedarf, beispielsweise zum Einparken und Abbiegen, überfahren werden. „Autofahrer dürfen auch für das Be- und Entladen nicht auf dem Radstreifen parken.“ Das gelte auch für den gewerblichen Lieferverkehr. Nur in Ausnahmefällen werde das geduldet.

Wird aber beobachtet, dass der Lieferwagen länger als unbedingt nötig den Radstreifen blockiert, werden auch in diesem Fall Knöllchen geschrieben. Geahndet wird das ordnungswidrige Halten auf dem Streifen mit 20 Euro, behindert das Auto einen Radfahrer, kostet das 30 Euro. Wer mehr als drei Stunden auf einem Radstreifen parkt wird mit 35 Euro zur Kasse gebeten. Richtig teuer wird es, wenn die Ordnungshüter den Abschleppwagen rufen.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hat eine Statistik erstellt, in welchen Bezirken und auf welchen Straße die Radstreifen am häufigsten blockiert werden. Spitzenreiter ist demnach der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf (40 Prozent aller gezählten Blockaden), gefolgt von Friedrichshain-Kreuzberg (31 Prozent). Auf Rang drei der Negativ-Liste liegt Mitte (16 Prozent). Im einstelligen Prozentbereich folgen Pankow, Lichtenberg, Tempelhof-Schöneberg, Steglitz-Zehlendorf, Treptow-Köpenick und Spandau.

Gezählt wurden im Vorjahr in der Zeit vom 24. März bis 31. Juli insgesamt 5964 Blockaden auf 138 der 259 gelisteten Straßen mit Radstreifen. Die Schlesische Straße in Kreuzberg führt dabei die Liste an, gefolgt von den folgenden fünf Straßen in Charlottenburg und in Wilmersdorf: Franklinstraße, Joachim-Friedrich-Straße, Westfälische Straße, Uhland- und Schlüterstraße. Zu 71 Prozent waren es private Pkw, die die Radfahrer zum Ausweichen zwangen. 16 Prozent der Blockaden gingen von gewerblichen Fahrzeugen aus, vier Prozent von Autos der Postzusteller. Das Fehlverhalten von Lkw-, Taxi- und Busfahrern wird in der ADFC-Statistik mit einstelligen Prozentzahlen gelistet.

Der Interessenverband der Fahrradfahrer empfiehlt zur Verbesserung der Situation zum einen mehr Kontrollen durch Polizei und Ordnungsämter sowie die Ausweitung des Einsatzes der Fahrradstaffel der Polizei auf die westliche Innenstadt. Empfohlen werden auch Lieferzonen, die mit Piktogrammen deutlich gekennzeichnet werden.

Mehr Kurzzeitparkplätze

„Wir plädieren auch für mehr Kurzzeitparkplätze mit Parkscheiben außerhalb der Parkraumbewirtschaftung“, sagt der Verkehrssicherheitsexperte des ADFC, Bernd Zanke. „Außerdem empfehlen wir, dass das Kurzparken in der parkraumbewirtschafteten Zone Vorrang gegenüber dem Mischparken haben sollte.“

Die Grünen im Bundestag haben unterdessen eine deutliche Erhöhung der Bußgelder für Falschparker vorgeschlagen. Sie fordern eine Erhöhung auf das europäische Durchschnittsniveau. Bei den meisten Delikten würde sich das Bußgeld dann verdoppeln.