Berliner Flüchtlingsheime

Czaja vor dem Sozialausschusse – Die SPD hält still

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Andreas Abel
Berlins ozialsenator Mario Czaja (CDU) will die Unterbringung von Flüchtlingen neu organisieren

Berlins ozialsenator Mario Czaja (CDU) will die Unterbringung von Flüchtlingen neu organisieren

Foto: dpa Picture-Alliance / Britta Pedersen / picture alliance / ZB

Wegen der Vergabe von Flüchtlingsheimen musste sich der Sozialsenator Fragen der Abgeordneten stellen. Er will nun alles neu organisieren.

Die Auswahl und Vergabe von Flüchtlingsunterkünften soll im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) neu organisiert werden. Gleichzeitig sollen die Fehler, die dabei in den vergangenen Jahren in der Behörde gemacht wurden, aufgearbeitet werden. Dazu kündigte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Montag im Landesparlament Ergebnisse noch in diesem Jahr an. Czaja musste sich in einer Sondersitzung des Sozialausschusses den Fragen der Abgeordneten stellen. Thema der Sitzung war der Abschlussbericht der externen Wirtschaftsprüfer zur Vergabepraxis im Landesamt. Wie berichtet, hatten die Prüfer schwere Missstände und diverse Rechtsverstöße dokumentiert, insbesondere eine lückenhafte und in- transparente Aktenführung moniert. Der Senator selbst sprach in diesem Zusammenhang von „unhaltbaren Zuständen“.

Die Wirtschaftsprüfer hatten insgesamt 22 Vergabeverfahren durchleuchtet. 16 betrafen die privaten Heimbetreiber Pewobe und Gierso, sechs weitere andere Betreiber, darunter auch gemeinnützige. Dabei äußerten sie sich auch zu finanziellen Schäden, die dem Land Berlin entstanden sind. Diese seien dann zu beziffern, wenn Rückforderungs- oder Minderungsansprüche nicht verfolgt, Überzahlungen oder Doppelzahlungen nicht zurückgefordert und überteuerte Bauleistungen vergütet wurden, heißt es im Bericht. Czaja betonte, diese Summen geltend zu machen, sei eine Aufgabe des neuen Flüchtlingsmanagements, die hohe Priorität habe. Dabei sollen große Summen zuerst zurückgefordert werden, insbesondere bei Objekten mit sehr hohen Herrichtungskosten. Auch die Verjährung von Schadenersatzansprüchen sei zu beachten. In diesem Zusammenhang wurden zwei Objekte der Pewobe an der Haarlemer Straße in Neukölln und am Rohrdamm in Spandau genannt. Bei der Neuköllner Unterkunft kommen die Baukosten von 8,4 Millionen Euro auf den Prüfstand, bei der Spandauer der stark gestiegene Kaufpreis nach einem Eigentümerwechsel.

Zinslose Darlehen gewährt

Besonders fragwürdig erschienen den Wirtschaftsprüfern die sogenannten „Liquiditätshilfen“, die an Heimbetreiber ausgereicht wurden. Diese finanzierten damit vor allem Sanierung, Bau oder Umbau von Unterkünften. De facto handelt es sich dabei um Darlehen, für die allerdings weder Konditionen noch Laufzeit vereinbart wurden, weder Zinsen gefordert noch Sicherheiten eingeholt wurden. Bei den überprüften Verträgen mit Pewobe und Gierso wurden diese Hilfen elfmal gezahlt, bei den anderen sechs einmal. Die Abgeordneten der Opposition sahen dies als Beleg, dass die beiden umstrittenen privaten Betreiber von Flüchtlingsunterkünften doch gegenüber anderen bevorzugt wurden. Die Wirtschaftsprüfer hatten keine Bevorteilung gesehen.

Insgesamt zeigten sich die Vertreter von Linken, Grünen und Piraten erwartungsgemäß unzufrieden mit den Ausführungen des Senators. Sie warfen ihm vor allem vor, zu spät auf Hinweise reagiert zu haben, dass es bei der Vergabe von Flüchtlingsunterkünften zahlreiche gravierende Mängel gebe. Sein Konzept, die Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) grundlegend zu reformieren und die Unterbringung von Asylbewerbern künftig nach rechtskonformen und wirtschaftlichen Grundsätzen transparent zu organisieren, überzeugte die Oppositionsabgeordneten nicht. „Senator Czaja hat es auch heute wieder versäumt, die politische Verantwortung für die skandalösen Zustände im Lageso zu übernehmen. Er blieb insbesondere auf die Frage, warum er erst jetzt aktiv wurde, eine Erklärung schuldig“, kritisierte etwa Fabio Reinhardt von der Piratenpartei. Das Konzept zur Neuorganisation der Flüchtlingsunterbringung in Berlin sei ein „Ablenkungsmanöver“.

Betonung von Sachfragen

Unverständlich sei, so Reinhardt, warum die Unterbringungsleitstelle ausgelagert und Lageso-Präsident Franz Allert entzogen wird, während die Abteilung, die für die materiellen Leistungen an die Asylbewerber zuständig ist, in dessen Verantwortungsbereich bleibt. Linke und Piraten wollen das Thema Flüchtlingsunterbringung am Donnerstag in der Abgeordnetenhaussitzung erneut diskutieren.

Letztlich fiel die Kritik an Czaja aber glimpflicher aus, als von Koalitionskreisen vor der Sondersitzung befürchtet worden war. Insbesondere die SPD ging den Sozialsenator nicht an, sondern beschränkte sich auf Sachfragen. Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, lobte sogar Franz Allert ausdrücklich für dessen „Gesamtarbeit“ im Lageso. Joachim Krüger (CDU) betonte, die Wirtschaftsprüfer hätten keine Anzeichen für Vetternwirtschaft oder Korruption im Lageso gefunden. So machte Mario Czaja am Ende der Sitzung einen gelösten Eindruck.