Im April 2013 ließ sich der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zu einer Zusage hinreißen und untermauerte diese auch noch mit einer konkreten Zahl. 5000 zusätzliche Studenten-Wohnungen wollte der Senat „in den nächsten Jahren“ schaffen, vereinbarte Wowereit seinerzeit mit der Chefin des Studentenwerkes Petra Mai-Hartung.
Mehr als zwei Jahre später ist klar: Das Versprechen seines Vorgängers können Michael Müller (SPD) und seine Senatoren wenn überhaupt nur dann einhalten, wenn sie den Zeitraum für die Umsetzung deutlich weiter fassen als beabsichtigt und auch eine Realisierung nach 2020 akzeptiert wird. Es gestaltet sich erheblich schwieriger und langatmiger als erwartet, den Bau neuer Wohnheime für Berlins Studierende auf den Weg zu bringen. So lange müssen sich die Studenten auf einen der bestehenden 9500 Wohnheimplätze bewerben oder sich auf dem engen Wohnungsmarkt anderswo eine Bleibe suchen.
Vorlage abgeschmettert
Zur jüngsten Sitzung des Senats hatten die Ressorts Wissenschaft, Stadtentwicklung und Finanzen einen Zwischenbericht vorbereitet, der auch ans Abgeordnetenhaus hätte gehen sollen. Kurz vor der Sitzung wurde die Vorlage der drei SPD-Senatoren Sandra Scheeres, Andreas Geisel und Matthias Kollatz-Ahnen auf Druck des Regierenden von der Tagesordnung genommen.
Müller wollte noch nicht einmal darüber diskutieren, was die SPD-Senatoren ihm als „erfolgte Planungen“ für den „Einstieg in den Bau“ von 5000 Plätzen vorlegten: „Das kann man so nicht machen“, habe er gesagt. „Bis zur Neuanmeldung“ wurde das Thema zurückgestellt. Diese Formulierung bedeutet für Senatoren die Höchststrafe, denn normalerweise werden noch nicht beschlussreife Vorschläge um eine Woche oder zwei Wochen vertagt.
Aber die Resultate der Bemühungen, nach Jahren des Nichtstuns den Wohnungsbau auch für Studierende wieder in Gang zu setzen, klingen in Müllers Ohren wohl nicht wie ein politisches Gewinnerthema. Für die Zielzahl 5000 liegen nicht einmal vage Pläne vor, wie aus der der Berliner Morgenpost vorliegenden Unterlage hervorgeht. Die ersten neuen Plätze wird es wohl frühestens in zweieinhalb Jahren geben.
Das liegt vor allem daran, dass das von Müllers Vorgänger Wowereit als Partner ins Auge gefasste Studentenwerk als Akteur im Neubau weitgehend ausfällt. Der Senat und die Koalition wollten nämlich der Anstalt öffentlichen Rechts nicht die Möglichkeit einräumen, selbst Kredite für Bauprojekte aufzunehmen.
So sind denn 58 Wohnplätze in einem neuen Gebäude eines bestehenden Heims an der Charlottenburger Mollwitzstraße der einzige Beitrag, den die für die Belange der Studierenden zuständige Institution beisteuern kann. Die dafür nötigen 3,5 Millionen Euro hat das Studentenwerk gerade noch aus einem Sonderposten übrig. Danach ist Schluss.
Die großen Zahlen sollen deswegen nach der zurückgezogenen Senatsplanung, die der Morgenpost vorliegt, mit jeweils 2500 Plätzen die Wohnungsbaugesellschaften und die ebenfalls landeseigene Immobiliengesellschaft Berlinovo erbringen. Dabei wurde immer wieder verworfen und neu geplant. Jetzt ist von Muster-Baukörpern die Rede, Fünf- bis Sechsgeschosser mit rechteckigem Grundriss und offenem Innenhof, die je nach Ausführung je 112 bis 178 Wohnplätze bieten. Die Mieten sollten für 25 Quadratmeter im Einzel-Apartment bei 353 Euro bruttowarm im Monat liegen. In einer Vier-Personen-Wohngemeinschaft kostet das 22,5-Quadratmeter-Zimmer 280 und in der Dreier-WG mit 20 Quadratmeter-Zimmer 253 Euro.
Die Wohnungsbaugesellschaften bereiten derzeit den Bau von 1536 Wohnplätzen in acht Projekten vor, heißt es in der Senatsvorlage. Vor Ende 2016 soll aber nirgendwo mit dem Bau begonnen werden. Die ersten Studierenden könnten frühestens 2018 oder 2019 einziehen. Die Berlinovo hat drei Vorhaben mit zusammen 855 Plätzen in der Planung, von denen die ersten 2017 eröffnet werden könnten. Eines davon liegt an der Prenzlauer Promenade.
Bei Grundstücken hakt es
Als Hindernis erweist sich wie schon beim Sozialwohnungsbau die Übertragung von landeseigenen Immobilien an die Wohnungsbaugesellschaften. „Bei den Grundstücken hakt es“, heißt es aus der Koalition. Schon vor anderthalb Jahren waren Areale als geeignet identifiziert worden. Einige sind aber inzwischen nicht mehr auf der Liste.
Auch für Projekte wie an der Buschallee in Pankow, wo die Howoge ab 2017/2018 200 Plätze schaffen möchte, ist das Grundstück noch nicht übergegangen. „Unverzüglich“ müsse das für dieses und die anderen Areale unter Beteiligung des Abgeordnetenhauses erfolgen, heißt es in der Vorlage.
Die Wohnungsbaugesellschaften seien auch nicht alle mit großem Eifer bei der Sache, heißt es aus einem der beteiligten Senatsressorts. Das könne auch daran liegen, dass bei dem politisch gewünschten niedrigen Mietniveau und den vergleichsweise hohen Kosten für den Unterhalt von Studentenwohnheimen die Margen sehr gering ausfallen. Außerdem seien die landeseigenen Konzerne mit den politisch ebenso dringend gewünschten Planungen für preisgünstigen Wohnraum ausgelastet.